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Jungkook Pov

Mein Herz schlägt schneller als es jemals der Fall war. Im Normalfall hört man das eigene Herz nur schwer schlagen, man muss sich schon unglaublich darauf konzentrieren um überhaupt etwas zu hören und ich kann mich nicht an einen einzigen Moment in meinem Leben erinnern, an dem das jemals vorgekommen ist, zumindest nicht so stark das ich es bemerke. Und das tue ich gerade. Es ist das erste mal, das ich seine so deutliche Unruhe spüre, die Schwere in der Leichtigkeit und das kribbeln, das sich nicht nur in meinem Bauch gebildet hat, sondern auch in meiner gesamten Brust. Es ist unglaublich, so intensiv, dass es mich Nervös macht, ja beinahe eine Art der Hilflosigkeit bei mir auslöst.

Es fühlt sich an, als würde man fliegen, als hätte man alles überwunden und es endlich geschafft wie ein Vogel hoch am Himmel eine Art der Freiheit zu verspüren. Aber hoch am Himmel zu sein bedeutet auch fallen zu können, Freiheit bedeutet Risiken und Risiken können einen alles kosten. Es ist ein unglaublich schönes Gefühl und zur gleichen Zeit erschreckend, beklemmend aber Frei, Bedingungslos. So viele Gefühle, die sich vielleicht nach dem ersten Gedanken gegenseitig ausschließen, aber das tun sie nicht. Es sind so viele Empfindungen, so viel Intesität mit diesen vollkommen neuen Gefühl verbunden, das man lächeln und Gleichzeitig weinen könnte.

Aber hier steht er vor mir und sieht mich an als wäre ich der einzige für ihn auf der ganzen Welt, aber niemals alleine, weil ich ihn habe. Wenn ich falle, fängt er mich auf und hilft mir wieder zu fliegen. In diesem Moment empfinde ich keine Furcht und keine Beklemmung, ich spüre nur die Wärme und das Verlangen in diesen Augen ertrinken zu können. So viele Jahre, so viel Erfahrung, aber nichts hätte mich auf diesen Moment vorbereiten können, nichts auf diese Flut von Empfindungen.

"Du hast recht", sagt er und schüttelt trotzdem den Kopf. "Aber nicht für dich, nicht wenn ich da bin. Deine Zukunft wird hoffnungsvoll sein, aber sie ist trotzdem ein Versprechen, eines von mir für dich. Ich verspreche es dir, ich verspreche dir, dass du ein langes Leben haben wirst, du wirst als alter, faltiger Mann sterben, der den Menschen von den guten Alten Zeit erzählt und damit angibt wie gut er aussah und wie vielen Menschen er mit diesem göttlichen Aussehen das Herz gebrochen hat. Du wirst so Alt, dass du die Götter für die dutzenden Operationen an deiner Hüfte verfluchen und ihnen für jedes noch so kleine Haar auf dem Kopf danken wirst. Du wirst an einem Herzversagen aufgrund deines hohen Alter sterben, du wirst Frei sein und lieben und du wirst so glücklich sterben wie du gelebt hast. Das ist mein Versprechen an dich."

Für einen Moment stehe ich einfach nur da und sehe ihn vollkommen überwältigt an. Niemals hätte ich Taehyung für einen Menschen von großen Worten gehalten, niemals hätte ich gedacht bei ihm jemals so eine Verzweiflung, vielleicht sogar eine Hingabe sehen zu dürfen, aber es ist tatsächlich so. Er sorgt sich um mich, vielleicht sogar noch mehr als es sonst jemals ein Mensch getan hat und obwohl diese Sorge ihn so offensichtlich Verzweifeln lässt, man es mich egoistischerweise so glücklich, dass ich nicht anders kann als zu lächeln wie ein Idiot.

Ich hebe langsam seine Hand nach oben an meine Wange und lege sie rauf. Das er blutet und das dieses Blut sich jetzt auf meinem Gesicht befindet ist mir egal. "Es gab eine Zeit, wo ich an einem Tiefpunkt war. Es war die Zeit kurz vor dem Abschluss meines Studiums, in der ich dachte, dass das Leben nichts weiter ist als Mist. Es wird einem einfach hin geschoben, wir werden nicht einmal gefragt ob wir es wollen und uns bleibt letztendlich nichts anderes übrig als es hinzunehmen oder daran zu zerbrechen."

Ich senke kurz den Blick als ich mich an diese Zeit erinnere. Alkohol und andere Drogen waren an der Tagesordnung, ich konnte nicht mehr ohne. Wenn ich nicht trank, wurde ich verrückt von all den Bedenken und all den Sorgen, die mit dem Leben an sich verbunden sind und wenn ich kein Gras rauchte, konnte ich nicht schlafen. Es war ein Leben, das keiner führen möchte, ein Leben das nicht lebenswert genannt werden konnte, aber es blieb nicht bei diesen schlechten Momenten. Zeiten ändern sich und mit den Zeiten ändern auch wird uns. Ich habe es geschafft meine Ängste hinter mir zu lassen, auch wenn die Sorgen blieben, aber jetzt fühle ich mich erst richtig Befreit von den Ketten der Vergangenheit. Jetzt wo ich Taehyung kenne.

Langsam hebe ich wieder den Blick und sehe ihm direkt in die Augen. "Ich fürchte mich nicht vor dem Tod, er ist nichts weiter als ein Name für den Moment, in dem man sich von dieser Welt verabschiedet. Der wahre Tod ist der, nie gelebt zu haben", sage ich und lasse seine Hand tiefer sinken, bis sie auf dem Punkt meiner Brust liegt, wo mein Herz am deutlichsten zu spüren ist. "Aber ich war noch nie so lebendig, Taehyung."

Afterlife |Vkook|Where stories live. Discover now