◘10◙

1.5K 243 22
                                    

Jungkook Pov

Es ist nur ein kurzer Augenblick, in dem ich Unsicherheit verspüre. Es kommt nicht selten vor, das ich mich fehl am Platz fühle und meine Kanzlei vermisse, in die ich mich zum Schutz vor anderen verkrieche. Genau so ein Gefühl bekomme ich wieder im ersten Moment, in dem ich die Bar betrete, die mir nach einer Woche der Abwesenheit plötzlich so Fremd vor kommt. 

All die Menschen, die einen anstarren und von oben bis unten mustern, all die Eindrücke, die man nach all der Zeit fast schon vergessen hat. Es fühlt sich beklemmend an, noch viel mehr als es bei meinem ersten Besuch hier der Fall war und der Gedanke, einfach wieder umzudrehen und zu gehen, ist mehr als nur verlockend, aber gerade als ich mich tatsächlich zum gehen umdrehen will, taucht Taehyung plötzlich auf.

In seiner Hand hat er eine neue Packung Cocktail-Schirme, wahrscheinlich weil die eigentliche gerade leer geworden ist und als er mich erblickt, so vollkommen auffällig und in sich zurückgezogen, breitet sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. Er wirkt tatsächlich glücklich mich zu sehen, hebt sogar die Hand und winkt mir zur Begrüßung überschwänglich zu. 

Ich merke gar nicht, wie ich selber den Arm hebe und ihm ebenfalls zu winke, es passiert beinahe automatisch, genau sowie meine Beine, die nicht auf meinen Verstand hören, weil er nichts lieber möchte als umzukehren damit ich mich in meine Kanzlei verkriechen kann, sondern stattdessen auf einen der Barhocker zu gehen. 

Es fühlt sich an, als würden mich die Leute um uns herum beobachten, noch viel mehr als vorher und das nur, weil Taehyung mir so viel Aufmerksamkeit schenkt. Er legt die Verpackung mit den Schirmen auf die Arbeitsplatte und ignoriert die Hand des Mädchens, das ihm gerade ihre Nummer entgegen streckt.

Ich muss schon zugeben, dass es mich ziemlich viel Mühe kostet nicht darüber zu lachen und der beleidigte Ausdruck in ihrem Gesicht danach ist auch Gold wert, aber meine ganze Aufmerksamkeit gilt Taehyung, mit dem nach wie vor breiten Grinsen, das mit jeder Minute heller zu strahlen scheint. 

"Du wirkst glücklich", sage ich und nehme den Cocktail dankend entgegen, den er mir rüber schiebt. "Hast du etwas eine potenzielle Freundin gefunden?" Ich lächle ihn vielsagend an und runzle neugierig die Stirn, aber das kleine stechen in der Brust, dass sich alleine bei der Vorstellung die Antwort könnte positiv sein, ausbreitet, lässt sich nicht ignorieren. Woher es kommt und warum es überhaupt da ist, weiß ich nicht. Alles was ich weiß ist, dass ich hoffe die Antwort lautet Nein. 

Tatsächlich schüttelt er schockiert über die Frage den Kopf und sieht mich sogar leicht angewidert an. "Frauen, das fehlt mir gerade noch." 

Dieses mal kann ich es nicht zurück halten, vor allem nicht als ich mich ein wenig zur Seite drehe und den beleidigten Blick von der Frau sehe, die ihm eben noch ihre Nummer zustecken wollte. Ich denke, dass selbst ein Typ wie Taehyung sich nicht mehr aus einer Situation wie dieser retten kann, aber ich bezweifle auch, dass er das wollen würde. 

Amüsiert über den Verlauf der Dinge nehme ich den Strohhalm in den Mund und fangen an meinen Cocktail zu trinken. 

"Hör mal", sagt er und beugt sich ein bisschen vor, damit nicht die ganze Kundschaft unserem Gespräch lauscht. "Ich hoffe du nimmst es mir nicht übel, aber ich habe da etwas getan, wofür deine Erlaubnis eigentlich angemessen gewesen wäre. Ich weiß, dass es dir unangenehm ist darüber zu reden, aber ich habe darüber nachgedacht wie wir deine Situation verbessern und das Geschäft ankurbeln können und hatte dabei eine wahnsinnige Idee."

Er kramt sein Handy aus der Hosentasche und öffnet im Internet eine Seite, bei der ich genauer lesen muss um zu erkennen worum es sich handelt. Natürlich bin ich etwas perplex und das ganze ist mir wirklich etwas peinlich, aber ich versuche es mir nicht anmerken zu lassen während ich mir die Seite genauer ansehe. 

Zuerst fällt mir nichts besonderes daran auf, es ist eine Internetseite wie jede andere, aber als ich die Adresse, die Nummer und den Namen des Kontaktes sehe, die dort angezeigt werden, springe ich beinahe aus dem Barhocker auf. Das ist eine Internetseite, die eröffnet wurde unter meinem Namen. Eine Internetseite speziell für meine Kanzlei, damit potentielle Klienten sich nun auch Online melden können. 

"Ich konnte es nicht fassen, dass jemand der im 21. Jahrhundert lebt, noch nicht versucht hat über das Internet an seine Kundschaft zu kommen, also habe ich das für dich erledigt. Verlieren kannst du doch sowieso nichts, oder?"

Damit lag ich mit meiner Vermutung nicht nur daneben, sondern sogar vollkommen daneben. Der Grund für seine Freude ist nicht irgendetwas gutes, das ihm zugestoßen ist, sondern seine Freude mir helfen zu können, mit den Problemen, mit denen ich so sehr zu kämpfen habe. Selbst Jin, mein eigener Bruder, von dem ich weiß wie sehr er mich liebt, ist niemals so weit für mich gegangen. 

"Das ist verrückt", murmle ich und umklammere das kalte Glas mit dem Cocktail in meiner Hand noch fester. "Ich weiß nicht was ich sagen soll." 

"Du brauchst auch gar nichts zu sagen." Er schenkt mir noch einmal eines von seinen breitesten Lächeln und verzaubert damit nicht nur mich, sondern auch den Rest der Anwesenden in der Bar. "Ich habe das gerne gemacht, damit du weißt, dass du nicht alleine bist, Jungkook."

Afterlife |Vkook|Where stories live. Discover now