Teil 9

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William

"Jetzt noch eins mit Ihnen!", riefen drei Mädchen synchron, als ich mindestens zehn Fotos geschossen hatte. Ich hatte ja keine Ahnung wie wählerisch Mädchen sein konnten, wenn es um das perfekte Foto ging.

Vor mir standen zehn Mädchen und bettelten, dass ich mich wenigstens für ein einziges Foto zu ihnen gesellen sollte. Ich hasste Fotos, und was ich noch viel mehr hasste war, dass ich mich tatsächlich überreden ließ.

"Mary!", schrie Joana, die natürlich zu der Mädchengruppe gehörte, inmitten der ich jetzt hilflos stand und ungeduldig wartete, bis sie jemanden gefunden hatte, der ein schnelles Foto von uns schoss. Wieso hatte ich mich überhaupt auf so einen Schwachsinn eingelassen.

Zwei Mädchen reagierten auf Joana's Schrei. Eine von ihnen musste also wohl Mary sein. Zögernd kam eine von den Beiden auf uns zu.

"Sei so lieb und mach doch bitte ein Foto von uns.", bat Joana die , die Mary sein musste. Mary schien sich mit der Situation genauso unwohl wie ich zu fühlen, immerhin nahm sie nur ungern das Handy in die Hand, was ihr sofort hingehalten wurde.

Die Mädchen um mich herum stellten sich sofort auf, sodass ich in der Mitte von ihnen stand. Ich musste wie ein Vollidiot aussehen. "Mach ein paar mehr!", rief Joana. Bitte nicht. Ich zwang mir ein breites Grinsen ins Gesicht.

Ich wollte schnellstmöglich von hier verschwinden, vor allem weil Joana sich viel zu eng an mich gedrückt hatte und scheinbar kurz davor war, ihren Arm um meine Hüfte zu legen. Höher würde sie jedenfalls nicht kommen, dafür war sie zu klein.

Mary bemühte sich den Anweisungen zu folgen, schoss wohl einige Fotos und gab schließlich schweigend das Handy an Joana ab, als sie fertig war, und ließ uns sofort zurück.

Erleichtert atmete ich aus, entfernte mich ein paar Schritte von der kleinen Gruppe, sah sofort auf meine Armbanduhr und erschrak, als ich bemerkte, dass wir schon längst zurück im Bus sein sollten. Eilig trommelte ich alle Schüler zusammen, die noch verstreut waren, abgesehen von denen, die Ms. Bomer schon erwischt hatte.

Sie warf mir einen gehässigen Blick zu, als ich schließlich als letzter in den Bus stieg. Sie musste mich jetzt für ziemlich inkompetent halten, wenn ich es nicht mal geschafft hatte alle Schüler pünktlich zurück zu den Bussen zu schicken. Ich schluckte. Ein Grund mehr für sie, mich zu hassen. Doch das konnte mir eigentlich auch egal sein.

Es war 7:10 Uhr, als ich wieder auf meinem Platz saß. Dean schlief tief und fest. Und das obwohl es ziemlich laut im Bus geworden war. Kein Wunder, die Vorfreude der Kids stieg mehr und mehr, jetzt, wo wir dem Ziel immer näher kamen.

In unmittelbarer Nähe hörte ich Joana, wie sie mit jemandem diskutierte, welches Foto wohl am Besten war. Ich hatte total vergessen, dass ihr Platz direkt hinter meinem war. Was für ein Zufall übrigens.

"Hast du überhaupt jemals ein Foto geschossen?", hörte ich sie plötzlich vorwurfsvoll fragen. Ich brannte darauf mich sofort umzudrehen, um zu wissen wem dieser Vorwurf galt, doch ich hielt mich zurück.

"Tut mir leid.", nuschelte jemand als Antwort. Es musste Mary sein, schließlich war sie die Einzige, die uns fotografiert hatte. Die anderen Bilder hatte schließlich ich gemacht.

"Das war sowas von mit Absicht.", zischte Joana zurück. Ich stieß ein tiefes Seufzen aus. So ein Mädchen wie Joana hatte ich selten erlebt. Wie froh war ich doch, dass ich mit keiner kleinen Schwester aufwachsen musste.

Sie bekam keine Antwort, umso erleichterter war ich, da endlich wieder Ruhe hinter mir herrschte. Ein paar Minuten Schlaf würden mir nicht schaden, auch wenn der Rest im Bus das anders sah.

Mary Henk

Ich hielt es nicht mehr für nötig Joana zu antworten. Natürlich hatte ich die Fotos nicht mit Absicht schlecht geschossen. Auch, wenn ich das gerne getan hätte. Was konnte ich schon dafür, wenn sie auf allen Fotos schlecht posierte, oder Mr. Graham nicht dicht genug an ihr stand? Schlimm genug, dass er überhaupt mit auf die Fotos musste, dann sollte er ihrer Meinung nach aber am Besten noch seinen Arm um sie legen. Der arme Kerl, wirklich. Joana als Anhängsel war wohl das schlimmste, was einem passieren konnte.

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"Jetzt seid doch mal still!", brüllte Mr. Johnson gegen den Lärm, den wir verursachten. Vor einer halben Stunde waren wir endlich in Österreich angekommen. Es war unglaublich schön hier.

Alle waren müde und hungrig, weshalb es umso schwieriger war, sich jetzt noch auf die Ansagen zu konzentrieren, bevor wir endlich zum Mittagessen gehen konnten.

Allmählich wurde es ruhiger, sodass der arme Mr. Johnson endlich zu Wort kam.

"Alle Mädchen holen sich bitte ihre Zimmernummern und Schlüssel bei Ms. Bomer ab, die Jungs kommen bitte zu mir!" Sofort liefen alle wild umher, stellten sich in zwei Reihen auf und holten sich nach und nach ihre Informationen bei dem jeweiligen Lehrer ab.

Amy und ich standen mit drei Mädchen etwas abseits und warteten, bis die anderen Mädchen mit ihren Zimmerschlüsseln verschwanden, um nicht in der Menge unterzugehen.

Die ganze Zeit schwärmte Amy schon von dem süßen Typen an der Rezeption, der ihr angeblich zugezwinkert hatte, als wir an ihm vorbei gegangen waren. Anscheinend war ich die Einzige die fand, dass sie maßlos übertrieb. Allerdings ließ ich sie in dem Glauben, der junge Mann hatte sich vom ersten Augenblick an in sie verguckt und versprach ihr hoch und heilig, nach dem Mittagessen an der Rezeption vorbeizuschauen, um ihn ausfindig zu machen.

"Amy, Maja, Emma, Lisa und Mary!", rief Ms. Bomer uns der Reihe nach auf. Sie drückte Amy den Schlüssel in die Hand, welchen sie sofort stolz in die Luft hielt.

"Zimmer 104, Ladys!", trällerte sie lauthals und erwartete sofort, dass wir ihr folgten.

Artig gingen die anderen Drei ihr sofort nach, wogegen ich mich ein letztes Mal umsah, bevor ich ihr ebenfalls folgte. Das Gebäude gefiel mir ziemlich gut.

Wir stiegen eine breite Wendeltreppe nach Oben, wo uns links und rechts jeweils eine Glastür angeboten wurde. Die Rechte schien für die Jungs zu sein, die Linke für uns Mädchen.

Amy öffnete die Tür mit dem dazugehörigen Knopf und ging wie zuvor voran. Schon die dritte Tür auf der rechten Seite des langen Flures war unsere. Gespannt sahen wir Amy dabei zu, wie sie die Tür aufschloss.

■ I might be in love ■Where stories live. Discover now