Teil 15

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Eine Stunde später versammelten wir alle uns draußen. Jeder hatte einen vollbepackten Rucksack dabei, da wir den Rest des Tages wohl mit wandern verbringen würden. Ich hatte mich unter einen Baum in den Schatten gesetzt, abseits von den Anderen. Die Müdigkeit hatte mich so sehr übermannt, dass ich auf der Stelle hätte einschlafen können, und das würde ich vermutlich auch bald, wenn der Bus uns nicht endlich abholen, und zum Grafenberg fahren würde.

Während ich von meinem Platz das Geschehen beobachtete, entdeckte ich plötzlich ein herrliches Lächeln, was mir galt. Es war Sean, der gerade dabei war den Pool zu reinigen, bis er mich entdeckt hatte. Mein Herz begann sofort wie wild zu rasen. Am liebsten wäre ich sofort zu ihm hingelaufen, doch dann hätten alle anderen natürlich Wind davon bekommen. Ich musste mich also vorerst damit zufrieden geben ihn von weitem zu betrachten. Jetzt wo wir beide uns bemerkt hatten, konnten wir nicht aufhören uns gegenseitig anzulächeln. Ich versank dabei so in Gedanken, dass ich gar nicht bemerkte, wie sich jemand neben mich ins Gras sinken ließ.

"Netter Kerl, mh?" Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich die männliche Stimme neben mir wahrnahm. Peinlich berührt starrte ich Mr. Johnson an, der mich mit einem Lächeln musterte. Er trug eine rote Cap, um sich vor der Sonne zu schützen, die ihn deutlich jugendlicher wirken ließ, als er eigentlich war. Obwohl er sicher gerade mal dreißig war.

Mir fiel keine passende Entgegnung ein. Das Ganze war einfach mehr als unangenehm. Mr. Johnson ließ Sean nicht aus den Augen während er fortfuhr. "Er hat dich gestern angesprochen habe ich gehört?"

Ich schluckte. Mr. Graham konnte der Einzige gewesen sein, der es ihm erzählt hatte. Vor Wut biss ich die Zähne fest zusammen. Das Grinsen auf Mr. Johnson's Gesicht verstärkte sich, fast, als würde er sich über mich amüsieren.

"Weißt du...", sprach er weiter, obwohl ich so sehr hoffte, er würde es nicht tun. Warum konnte er jetzt nicht einfach gehen und mich in Ruhe lassen? Warum mussten Lehrer einem immer alles kaputt machen?

"Ich kann wirklich verstehen was du an ihm findest." Ich hielt die Luft an. Am liebsten würde ich im Erdboden versinken. Wieso überhaupt kam Mr. Johnson zu mir und nicht Mr. Graham? Schließlich hatte er doch gesehen, wie Sean mich gestern angesprochen hatte.

"Aber..." Ich seufzte tief. Super, jetzt kam das 'Aber.'

"Du weißt doch was die Abmachung war, oder etwa nicht?" Endlich traute ich mich, ihn wieder anzusehen. Ich hatte Mühe nicht vor Wut zu explodieren. Er sah mich an, als hätte er vollstes Verständnis und dennoch verrieten mir seine Worte, dass er nicht das geringste Verständnis hatte.

Den Tränen nahe rappelte ich mich auf. Ich hasste es so dicht am Wasser gebaut zu sein. Nun sah Mr. Johnson erwartungsvoll zu mir auf. "Sicher.", stieß ich hasserfüllt hervor und bemühte mich so schnell es ging von ihm wegzukommen, bevor ich tatsächlich noch in Tränen ausbrechen würde. Ich wagte es nicht mehr in Sean's Richtung zu sehen, auch wenn ich sicher war, dass er gerade zu mir rüber sah. Ziellos mischte ich mich in die kleine versammelte Menschenmenge, vorbei an Mr. Graham. "Vielen Dank.", hauchte ich ihm sarkastisch zu. Er wusste sofort, wovon ich sprach. Das sagte mir zumindest sein schuldbewusster Blick, der mich in diesem Moment allerdings einen scheiß interessierte. Von mir aus hätte Joana ihm noch ein paar Tassen mehr über den Schoß gießen können.

Ich kam bei Amy an, die gerade von lauter Jungs umgeben war, ließ mich im Schneidersitz ins Gras fallen und starrte Löcher in die Luft. Einmal interessierte sich jemand für mich und schon wurde mir diese Person untersagt. Gott wie ich diesen Scheißkerl gerade hasste. Wie ein kleines Mädchen regte ich mich über ihn auf, doch das war mir im Moment egal. Schließlich hatte ich guten Grund dazu.

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"Was ist denn mit dir los?", fragte Emma vorsichtig, als wir wenig später endlich im Bus saßen und uns einen Zweierplatz teilten.

Ich starrte noch immer gedankenverloren Löcher in die Luft. "Ach nichts..", nuschelte ich. Sofort musste ich die nächsten Tränen unterdrücken. Was war bloß los mit mir?

"Erzähl keinen Blödsinn. Sag schon!", hakte sie weiter nach. Ich sah mich prüfend um, um mich zu versichern, dass uns keiner zuhörte, dann erzählte ich.

"Mich hat doch gestern dieser Typ am Pool angesprochen..." Emma grinste sofort. "Du meinst das Supermodel?" Ich lächelte schwach. Als Model könnte er tatsächlich durchgehen.

"Mr. Johnson hat Wind von der Sache bekommen und mich eben drauf angesprochen.", flüsterte ich. Emma sah mich entsetzt an. "Echt jetzt?" Ich nickte.

"Wie hat er das denn rausgefunden? Und überhaupt, was ist denn bitte schon dabei?" Ich zuckte verzweifelt mit den Schultern. "Kannst du Mr. Johnson fragen."

Emma strich mir sachte über den Rücken. "Seit wann interessiert uns schon was Mr. Johnson sagt?", versuchte sie mich aufzuheitern. Ich musste lächeln. "Da hast du Recht..."

William

Mich plagte mein schlechtes Gewissen. Ich hätte Dean doch nicht von dem jungen Mann erzählen sollen, der Mary gestern angesprochen hatte. Ich hatte ja keine Ahnung, dass er sofort zu ihr hin stolzieren, und sie zur Rede stellen würde. Sie hatte immerhin kein Verbrechen begangen.

Ich starrte nachdenklich aus dem Fenster. Zu meinem Pech saß Ms. Bomer neben mir, doch ihr schien ebenfalls gerade nicht nach reden zumute. Wahrscheinlich schwirrten ihr noch immer die Bilder vom Frühstück durch den Kopf. Ich mit einem fetten Kaffeefleck und Kühlbeutel auf der Hose. Inzwischen musste ich fast darüber lachen, auch wenn ich nur knapp unversehrt davongekommen war und mich vor einigen Leuten bloßgestellt hatte. Wenn aus diesem Grund Ms. Bomer nicht mehr mit mir sprach, war es das eindeutig wert.

Noch immer war ich nicht sicher, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Ich war noch nicht mal einen Monat an der Schule und wie es schien hatte ich mir heute schon den ersten Feind gemacht. Wieso musste es nur so unheimlich schwer sein es allen recht zu machen?

Ich schloss seufzend meine Augen. Lehrer sein war doch um einiges komplizierter, als ich dachte. Wie musste es da erst einem Vater gehen?

Einige Minuten später erreichten wir unseren Zielort und stiegen aus. Der erste Bus war kurz vor unserem angekommen, weshalb Dean bereits mit einigen Schülern versammelt im Gras saß und die Zeit überbrückte, bis wir unseren Wanderweg einschlagen würden. Ich stieg als Letzter aus, um sicher zu gehen, dass kein Schüler zurückblieb. Die Sonne blendete unheimlich, als ich ins Freie trat.

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