Teil 21

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Ich konnte meine Augen immer noch nicht von den Beiden lassen. Es gefiel mir überhaupt nicht, dass Joana ununterbrochen kicherte, und Mr. Graham jetzt auch noch ein neues Getränk in die Hand drückte, da seins wohl leer gewesen war.

Skeptisch beobachtete ich, wie er den vollen Becher Schluck für Schluck leerte. Irgendwas stimmte da nicht.

Meine Freunde hatten sich bereits alle auf der Tanzfläche verteilt, sodass ich die Einzige war, die wie angewurzelt am Rand saß. Niemand sonst schien sich für die Situation zu interessieren.

Insgeheim hoffte ich immer noch darauf, Mr. Graham würde mir wenigstens einen einzigen Blick schenken, doch er registrierte mich überhaupt nicht.

Er stellte den Becher weg, wobei er ziemlich ins schwanken geriet, was nur noch größere Verwirrung in mir auslöste. Er lächelte nervös, bemüht gerade stehen zu bleiben. Joana kommentierte das Ganze mit einem hinterhältigen Grinsen. Es dauerte keine zwei Minuten, bis M. Graham sich mit verzogenem Gesicht von ihr abwandte, und plötzlich durch die Menge nach draußen stürmte.

Mein Herz raste. Was war das denn? Unwillkürlich war ich auf die Beine gesprungen. Joana wartete einen Augenblick ab, bis sie sich ebenfalls unauffällig davon schlich. Ich war drauf und dran zu Mr. Johnson zu rennen, um ihm meine gesamte Beobachtung zu schildern, ließ es aber bleiben.

Stattdessen drängelte ich mich ohne nachzudenken durch die vielen tanzenden Leute, bis ich endlich aus dem stickigen Kellerraum entkommen war.

Hastig sah ich mich um. Weder von Joana noch von Mr. Graham war was zu sehen. Mein Kiefer verspannte sich. Ich wusste genau, dass Joana mal wieder eines von ihren kranken Spielchen trieb.

Ich stolperte die Treppe nach oben, lief einen langen Gang entlang und stieß plötzlich gegen einen harten Oberkörper, der sich mir unbewusst in den Weg gestellt hatte.

"Sorry..", murmelte ich abwesend und wollte schon weiter laufen, als ich entdeckte, in wen ich eigentlich hineingerannt war.

"Sean.", stellte ich leise fest. Er sah lächelnd zu mir herab.

"Warum hast du's so eilig?", fragte er amüsiert. Ich musste schlucken, sein Anblick tat noch immer irgendwie weh.

"Ich... äh... Hast du jemanden vorbeikommen sehen? Ein Mädchen? M-meinen Lehrer vielleicht?", stammelte ich, ohne seine Frage damit zu beantworten. Sein Lächeln schwand.

"Er ist eben die Treppe rauf wenn ich mich nicht irre. Ihm lief irgendein Mädchen nach. Sah gar nicht gut aus der Kerl. Was ist denn passiert?"

Meine Augen weiteten sich. "Erklär ich später.", vertröstete ich ihn und lief an ihm vorbei, geradewegs auf die Treppe zu, die nach oben führte. Es fühlte sich falsch an, den Beiden auf eigener Faust nachzulaufen, doch was hatte ich denn bitte den Anderen sagen sollen?

Mit zitternden Knien ging ich nun den Jungsflur entlang. Eine leise Stimme war zu hören, keine Ahnung wem sie gehörte.

Ich ging immer langsamer, als die Stimme deutlicher wurde.

"Entspann dich.", hörte ich Joana flüstern. Eine Tür im Gang war leicht geöffnet, dahinter musste sie sein.

Eine zweite Stimme war nicht zu hören. Auch wenn ich am liebsten sofort umgedreht wäre, um mir doch Verstärkung zu holen, zwang ich mich weiter zu gehen. So weit, dass ich schließlich durch den Spalt der Tür blicken konnte. Mir wurde übel.

Mr. Graham lehnte mit hängendem Kopf gegen eine Wand, seine Augenlider flackerten. Er schien beinahe bewusstlos zu sein. Joana hatte sich so dicht an ihn gepresst, dass es ihm gar nicht möglich war das Gleichgewicht zu verlieren. Ihre Hände wanderten von seinem Brustkorb immer weiter runter, bis sie seinen Hosenbund erreicht hatten. Sein weißes Hemd hatte sie Knopf für Knopf geöffnet. Sie sah ihm tief in die Augen, obwohl er das sicher gar nicht mehr wahrnehmen konnte. Jeden Augenblick würde er ohnmächtig zu Boden sacken, da war ich mir sicher.

Ich war wie versteinert, wollte reagieren, doch konnte nicht. Noch nicht. Stattdessen blieb mir nichts anderes übrig, als weiter zuzusehen, wie Joana an ihm rumfummelte. Dieses verdammte Mädchen musste tatsächlich irgendwas in sein Getränk gemischt haben. Das sie weit gehen würde hatte ich immer gewusst, aber so weit!?

Erst, als sie den Reißverschluss seiner Jeans langsam aufgezogen hatte, und umständlich versuchte, die Hose von seinen langen Beinen zu bekommen, überkam mich endlich der nötige Mut, einzugreifen.

Ohne zu überlegen stieß ich abrupt die schwere Holztür auf, sodass Joana erschrocken von dem armen Mann abließ, und mich anstarrte. "Was machst du denn hier!?", schrie sie aufgebracht. Ihr Gesicht glühte vor Scham.

"Verschwinde hier.", kam es wie aus der Pistole geschossen von mir zurück. Ich war überrascht über mich selbst, vor allem, als Joana sich ohne zu zögern an mir vorbeidrängte, und das Zimmer verließ. So eine Wirkung hatte ich noch nie vollbracht.

Hilflos blieb ich zurück. Mr. Graham war ohne die Stütze von Joana an der Wand entlang zu Boden gesunken, sodass er nun im sitzen gegen sie lehnte. Seine Augen waren endgültig zugefallen.

Meine Gesichtsmuskeln verkrampften sich. Spätestens jetzt hätte ich jemanden holen sollen. Jemanden wie Mr. Johnson. Doch wieder tat ich es nicht.

Ich ließ mich vor ihm auf die Knie sinken, streckte meine zitternden Hände aus und strich ihm sachte eine lockige Haarsträhne aus der Stirn.

Er sah furchtbar aus. Seine Haare klebten vor Schweiß, die Jeans war so weit nach unten gerutscht, dass seine Boxershorts zu sehen waren. Ziemlich unüblich für ihn, da er stets darauf achtete, seine Hose auf angemessener Höhe zu tragen.

Sein weißes Hemd war seine Schultern hinab gerutscht, sodass Teile seines nackten Oberkörpers zu sehen waren. Meine Hand wanderte seine stoppelige Wange entlang und rüttelte seinen Kopf vorsichtig hin und her. Er musste aufwachen, sofort.

Meine zweite Hand legte ich nun auf seine andere Gesichtshälfte, sodass ich seinen schweren Kopf gut in den Händen hatte. "Mr. Graham...", flüsterte ich erstickt.

Seine Augenlider flackerten leicht.

"Wachen Sie auf..."

Ich begann stärker an ihm zu rütteln, so stark, dass er nach einer Weile wirklich blinzelnd seine roten Augen öffnete. Mir fiel ein riesen Stein vom Herzen.

Er starrte mir direkt in die Augen, ahnungslos was hier überhaupt vorging. Stirnrunzelnd schob er meine Hände beiseite, die noch auf seinem Gesicht gelegen hatten. Ich rutschte beschämt ein Stück von ihm weg, blieb aber am Boden knien.

Sein Blick wanderte an sich herab, worauf sein Gesicht vor Hitze noch mehr glühte. Er versuchte seine Beine anzuwinkeln, um aufstehen zu können, scheiterte aber kläglich.

"W- was ist hier passiert?", fragte er heiser.

■ I might be in love ■Where stories live. Discover now