Teil 13

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William

Viel zu früh klingelte mein Wecker mich aus dem Schlaf. Mit zusammengekniffenen Augen tastete ich nach meiner Armbanduhr. 7:00 Uhr. Seufzend strampelte ich meine Decke ab, streckte mich und setzte mich gähnend auf. Noch nicht ganz klar im Verstand ließ ich meinen Blick durch's Zimmer schweifen. Dean lag noch unter seiner Decke vergraben und schien tief und fest zu schlafen. Kein Wunder, er hatte sicher bis halb drei mit Emilia telefoniert, bis er endlich ins Bett gegangen war.

Ich entschied mich dazu, ihn vorerst schlafen zu lassen. Immerhin hatte ich so das Badezimmer erstmal für mich, was ich sofort ausnutzte, um duschen zu gehen. Das Wasser war eiskalt und schien auch nach wenigen Minuten nicht wärmer zu werden. Wahrscheinlich aber genau richtig für mich, um ein wenig wacher zu werden. Nach nicht mal fünf Minuten stellte ich das Wasser ab, stieg aus der Dusche und umhüllte mich mit einem Handtuch. Länger konnte man es bei der Wassertemperatur einfach nicht aushalten.

Ich wickelte mir das Handtuch um die Hüfte, als ich mich damit abgetrocknet hatte, wischte über den leicht beschlagenen Spiegel und musterte mein Gesicht. Meine Sicht war etwas unscharf, da ich meine Brille nicht trug, trotzdem erkannte ich genug. Die Bartstoppeln waren gerade so lang, dass ich entschied sie erst morgen wieder zu kürzen. Augenringe zierten mein Gesicht und ließen mich müder wirken, als ich letztendlich war. Meine Haare lockten sich mehr als gewohnt, wie immer wenn sie nass waren.

Ich griff nach meiner Zahnbürste, bedeckte sie mit Zahnpaste und putzte mir die Zähne, bevor ich die Badezimmertür aufsperrte, um an frischere Luft zu gelangen. Prüfend warf ich einen Blick nach links, wo Dean noch immer in seinem Bett schlief, bevor ich nur mit Handtuch bekleidet zurück ins Zimmer trat. Schnell wühlte ich mir meine Kleidung für den heutigen Tag zusammen und verschwand damit zurück im Bad.

Als ich wenige Minuten später wieder rauskam, hatte Dean es endlich geschafft sich aus seiner Decke zu schälen und aufzustehen. In T-Shirt und Boxershorts wühlte er in seinem Koffer und bemerkte dabei gar nicht, dass ich ihm zusah. Es war schon halb acht, eigentlich mussten wir längst unsere Runde machen, um sicher zu gehen, dass alle Schüler aufgestanden waren, doch es war offensichtlich, dass Dean mich in diesem Aufzug nicht begleiten konnte. Ich griff nach meiner Brille, die auf dem kleinen Nachttisch neben meinem Bett lag und setzte sie auf.

"Guten Morgen.", erschreckte ich ihn. Sofort riss er sich rum und starrte mich an. Ich versuchte zu lächeln, scheiterte allerdings. Was soziales Verhalten anging lag ich eindeutig hinterher. Menschen waren einfach nicht mein Ding. Welche Ironie, dass ich trotz dessen Lehrer wurde.

"Ich schätze ich brauch' noch ein paar Minuten.", murmelte er schuldbewusst, als er bemerkte, dass ich bereits fertig war. Ich winkte ab. "Lass dir Zeit. Ich mach den Rundgang allein'.", beruhigte ich ihn. Er lächelte dankbar. Vielleicht fing er allmählich doch an mich zu mögen. Wäre zumindest sehr angenehm.

Dean stolperte ins Badezimmer und ließ mich zurück. Langsam wandte ich mich zur Tür und verließ das Zimmer.

Laute Stimmen begegneten mir im Flur. Die Meisten Schüler schwirrten schon durch die Flure, diskutierten lautstark oder liefen von Zimmer zu Zimmer. Ich lief mitten durch das Getümmel und begann mich von Tür zur Tür durchzuklopfen. Einige Schüler wünschten mir einen guten Morgen, den ich selbstverständlich sofort zurück wünschte. Ms. Bomer war gerade dabei alle Mädchenzimmer abzuklappern, wie ich feststellte als ich durch die geschlossene Glastür blickte. Ich hatte fast vergessen, dass sie auch noch hier war. Meine Laune sank automatisch ein Stück nach unten. Mit dieser Frau kam ich einfach wirklich nicht zurecht. Keiner tat das.

Ich hatte alle Zimmer durch und somit endgültig alle Jungs aus ihren Betten geschmissen. Ein Blick auf meine Armbanduhr verriet mir, dass es in wenigen Minuten acht Uhr war, also Frühstückszeit.

"Ich will euch alle in fünf Minuten unten am Tisch sitzen sehen!", rief ich lauthals durch den Flur, wodurch ich sofort die Aufmerksamkeit aller erhielt, die sich im Jungenflur herumtrieben. Ich erhielt eifriges, braves nicken als Reaktion und verschwand wieder in meinem Zimmer, um nach Dean zu sehen.

Er stand vorm Spiegel im Badezimmer, hatte die Tür weit offen gelassen und verzog umständlich seine Mundwinkel, um jeden Bartstoppel mit seinem Rasierer erwischen zu können. Immerhin war er schon angezogen, sonst hätte er bei diesem Tempo sicher noch das Frühstück verpasst. Von Anfang an hatte ich ihn als jemand eingeschätzt, der morgens sicher eine Stunde vorm Spiegel stand, bevor er fertig war und hiermit hatte es sich tatsächlich bewahrheitet. Ich schmunzelte, ließ mich auf meine Bettkante sinken und stützte meinen Kopf auf meine Hände.

Als es zwei Minuten vor acht war stemmte ich mich wieder auf die Beine. "Wir müssen runter.", rief ich Dean zu, der inzwischen sein Gesicht mit einem kleinen Handtuch trocknete. Er schien überrascht. "Jetzt schon?"

Ich hielt ihm meine Armbanduhr entgegen. "Genau jetzt.", versicherte ich ihm. Dean warf das Handtuch zur Seite und suchte hektisch nach seinen Schuhen. Ich stand bereits in der offenen Tür und wartete, bis Dean hindurch lief. Gemeinsam sprinteten wir den Flur entlang, die Treppe nach unten und kamen gerade rechtzeitig. Ms. Bomer saß natürlich schon und wartete ungeduldig auf unser Erscheinen.

"Ziemlich knapp die Herren.", bemerkte sie abfällig, als wir uns ihr gegenüber setzten. Ich wechselte einen kurzen Blick mit Dean, der sofort seine Augen verdrehte. "Schönen guten Morgen.", konterte er provokant und grinste. Ich hielt meinen Mund lieber geschlossen.

"Ist hier noch frei?", ertönte plötzlich eine viel zu liebliche Stimme, die natürlich keiner Anderen als Joana Paker gehörte. Mit einer Freundin stand sie vor unserem Tisch und hatte ihre Augen einzig und allein auf mich gerichtet, als wäre ich der Einzige, der das zu entscheiden hatte. Überrumpelt starrte ich sie an, ebenso wie Dean, der damit genauso wenig wie ich gerechnet hatte. Ungeduldig wippte sie mit ihrem Fuß auf und ab, ließ allerdings das gespielte Lächeln auf ihren Lippen.

"Na selbstverständlich!", ergriff Mr. Bomer das Wort und erntete somit ein weiteres Augenrollen von Dean. "Na großartig.", hörte ich ihn ironisch flüstern. Ich schluckte angespannt.

Ohne zu zögern zog Joana sich einen Stuhl direkt neben meinen und ließ sich so dicht neben mich sinken, dass sich unsere Arme berührten. Ich erstarrte.

Ihre Freundin setzte sich direkt neben sie, sodass die Stuhlreihe unserer Tischhälfte komplett besetzt war. Neben Ms. Bomer waren noch alle drei Plätze frei, doch auch das sollte sich gleich ändern.

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