8. Acht

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Grayson

Das konnte nicht wirklich ihr Ernst sein.
Meine Wut überspielte nur einen kurzen Moment die Sorge um Liliana. Immerhin musste ihr irgendjemand die Haare zurückhalten, während sie sich aus purer Angst übergab. Ich duldete einiges, aber dieses eine Mal, überspannte diese eingebildete Prinzessin wirklich den Bogen. Ich war von meinem brodelnden Zorn so benebelt, dass ich mir nicht sicher war, ob ich bei irgendeiner anderen Person genauso reagieren würde.

Insgeheim war mir klar, dass die Bilder, die mir in den Kopf stiegen, was Ronan mit Liliana anstellen würden, mich nur noch aufbrachten, weil sie es war, die es treffen würde. Und weil ich genau wusste, was der König mit seinen anderen Mädchen anstellte, was er ihnen antat. Wüsste Kaia davon, würde sie es nie wagen, ihrer Schneiderin sowas anzutun.

Was ich mich viel mehr fragte, war wieso sie so etwas tun würde. Sie würde nie jemanden etwas zu leide tun. Vielleicht spielte mir meine geschulte Menschenkenntnis aber auch einfach einen Streich, und der kleinen Prinzessin war einfach danach ihr Personal zu tyrannisieren.

Oder sie war auf der Seite ihres Bruders.
Daran hätte ich vielleicht auch denken sollen.

Meine undurchdachte Aktion, lies mich nur noch gereizter werden.
Wie konnte ich nur so dumm sein?
So einen Fehler konnte ich mir einfach nicht erlauben.

„Was fällt dir eigentlich ein Liliana an deinen Bruder zu übergeben?", platzte es aus mir heraus, und ich bereute die Bemerkung sofort. Die Prinzessin wünschte einen Spaziergang durch den Schlossgarten, und weil nun mal alles nach ihrer Nase rennt, forciere ich neben ihr, durch eine Allee.

„Wie bitte?", lachte sie, aus ihren Gedanken gerissen, auf und zog ihre Augenbrauen zusammen, sodass sich kleine Falten in der Mitte ihres Gesichts bildeten.
Jetzt war es auch schon zu spät um so zu tun, als wäre nichts gewesen.

„Warum hast du Liliana an Ronan übergeben?", wiederholte ich meine Frage und blieb abrupt stehen.
Das Thema, war das letzte über das die Prinzessin reden wollte, was man ausnahmslos an ihrem Gesicht sehen konnte.

„Das bleibt immer noch meine Entscheidung, Grayson.", presste sie gereizt hervor und blieb mir gegenüber stehen. „Sie sollte sich eben nicht einfach so in den Zimmern anderer Angestellter herumtreiben."

„Sie treibt sich doch nicht in anderen Zimmern rum.", unterbrach ich sie harsch worauf sie genervt schnaubte. „Grayson, es ist mir klar, dass du auf mein weibliches Personal durchaus sehr...attraktiv wirkst.", murmelte sie, „Und ich habe gesehen, wie sie aus deinem Zimmer geschlichen ist. Das kann so nicht weitergehen, also wird sich Liliana zukünftig bei meinem Bruder aufhalten."

Ihre Miene verfinsterte sich, nachdem sie erwähnte, dass ich bei ihrem Personal anscheinend sehr beliebt war.

„Liliana musste nur meine Maße abnehmen, falls du das meinst", antwortete ich lachend und sie ballte ihre zierlichen, kleinen Hände zu Fäusten.
„Bist du etwa eifersüchtig?", runzelte ich die Stirn und beobachtete sie, wie sie mich entsetzt ansah. Sie war wirklich so einfach zu lesen wie ein Buch, selbst wenn es nur Sekunden waren, in denen sie mir die Möglichkeit dazu gab.

„Nein! Was erlaubst du dir eigentlich!", schrie sie schon fast nervös und mir wurde einiges klar.
Ich wirkte nicht nur auf ihr Personal attraktiv.
Sondern auch auf sie.

Sie nutzte ihre Machtposition um Liliana von mir fern zu halten. Und das wohl aus reiner Eifersucht.

„Kaia, sie muss meinen Anzug schneidern, für den Ball. Ich bitte dich, ich stehe in keinerlei besonderer Beziehung zu Liliana, und habe das auch nicht vor.", log ich mich selbst an.
Mit Liliana war einfach alles so entspannt und unkompliziert. Sie war nett und jederzeit unglaublich hilfsbereit.
Sie wusste es zu schätzen, in solch einem ungewöhnlichem Heim zu leben.

„Ja, genau so sah es aus. Es ist egal, Grayson, sie wird nichtmehr für mich arbeiten.", zischte sie aggressiv zwischen zusammengebissen Zähnen hervor.

„Bitte verhalte dich nicht wie ein kleines Kind. Weißt du überhaupt wie gefährlich dein Bruder ist?", fragte ich und sie wurde plötzlich noch aufgebrachter.

„Wie redest du überhaupt mit mir?", schrie sie auf, „Das heißt noch immer Eure Hoheit für dich. Und jetzt reiß dich gefälligst zusammen"

Ich zuckte erschrocken zusammen und zog eine Augenbraue hoch.
Anscheinend konnte die Prinzessin wohl doch anders sein, als nur das stille Mäusschen zu spielen.
Ein Zeichen dafür, dass sie in der Thronfolge eine ebenbürtige Konkurrentin für ihren Bruder wäre.
„Tut mir leid, Eure Hoheit. Aber das ist doch kompletter Schwachsinn, es gibt keinen Grund Liliana zu versetzen.", murmelte ich und presste die Lippen zusammen, weil mir klar wurde, dass ich mir wieder ihr gesamtes Vertrauen gewinnen musste.
Die letzten Tage konnten doch nicht um sonst gewesen sein.

„Halt den Mund, Grayson. Ich habe hier das Sagen. Immerhin bin ich die Prinzessin und du nur mein Bodyguard."

Ihre Veränderung gefiel mir gar nicht. Sie ähnelte viel zu sehr ihrem Bruder, mit der ausdruckslosen Miene und ihrem kleinen Gefühlsausbruch. Ich wollte gerade ein weiteres Argument einwerfen, doch sie unterbrach mich sofort.

„Geh mir aus den Augen. Ich will dich nichtmehr sehen.", spukte sie mir die Worte kalt ins Gesicht.

Und aus irgendeinem Grund ging ich wirklich.

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written by artisticwinchestxr

Meinungen zum Kapitel?

Was denkt ihr entwickelt sich noch zwischen Grayson Und Kaia?

Und wie glaubt ihr wird es bei Liliana und Grayson weiter gehen?

Kritik und andere Anmerkungen sind immer erwünscht!

FROHE OSTERN !

Royal Liar Where stories live. Discover now