10. Zehn

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Grayson

Die meisten Menschen verfallen schon in die größte Panikattacke, wenn sie ihr Handy nicht finden. Wie sehr man jedoch in Panik gerät, wenn man die Prinzessin einer ganzen Nation verlor, war mir bis jetzt unbekannt.

Dabei hatte ich nicht mal wirklich einen Grund dazu, immerhin war sie nur eine Prinzessin.
Das beruhigte mich jedoch nur wenig und ich wurde immer nervöser. Ich hatte immerhin schon das ganze Schloss durchsucht, und auch wenn es so riesig war, irgendwann musste man sich über den Weg laufen.

Wieso war ich auch so dumm, und ging einfach?
Was, wenn sie in Gefahr war?
Und erst jetzt kam mir in den Sinn, dass sie genausogut bei Matthew sein konnte.

Mein Magen drehte sich noch im selben Moment um und ich bewegte mich nur noch schneller durch die Gänge.

Ich nahm schon eine ganze Weile mein Umfeld nichtmehr wahr, weswegen ich auch nicht merkte, dass ein zierlicher Körper gegen meine Brust knallte.

Meine Hoffnung an Kaia schwand jedoch, als ich wieder drohte in Lilianas Augen zu versinken.
Ich fiel vom einem Gefühlschaos ins Nächste.
Wobei ich mir nicht sicher war, welches das schlimmere war.

„Alles okay, Grayson?“, fragte Liliana besorgt, wobei ihre Stimme schon fast einem unsicheren Piepsen glich.
Erst jetzt bemerkte ich, wie ich am ganzen Leib zitterte.
Nichts war okay.
Ich wollte mich am liebsten in ihre Armen sinken lassen und die verlorene Prinzessin vergessen.
Leicht schüttelte ich innerlich meinen Kopf bei dem Gedanken. Ich war nicht hier um mich zu verlieben und mich zu vergnügen.

„Hast du Kaia…ich meine, hast du die Prinzessin gesehen?“ Meine Stimme klang nichtmehr so fest wie sonst.
In ihrem Blick lag Enttäuschung, doch nur kurz, im nächsten Moment veränderte es sich in Verwunderung.

„Sie hat vor ein paar Stunden das Schloss verlassen. Ich dachte du bist bei ihr“, murmelte sie und im selben Moment drängte ich mich an ihr vorbei und steuerte mit schnellen Schritten den nächsten Ausgang an.

Meine Gedanken wurden immer klarer als ich in das Auto stieg, das man mir zur Verfügung stellte um die Prinzessin herum zu chauffieren.
Es konnte wohl nicht so schwer sein jemanden aus der Königsfamilie in einer belebten Stadt zu finden.
Sie war wahrscheinlich schon längst erkannt worden.

Meine Annahme bestätigte sich jedoch als falsch, als ich fast zwei Stunden brauchte, um rauszubekommen, dass Kaia mit ihrem Prinz Charming in einem Nachtclub aufhielt und mit ihm in ein Hotel verschwunden war.

Mir wurde schlecht bei dem Gedanken daran, was er mit ihr anstellen konnte, was er mit all den anderen Frauen damals angestellt hatte.
Die ganzen Bilder schossen mir wieder in den Kopf und das Gesicht einer jungen Frau, die mir viel zu bekannt war, nahm Kaias Gesichtszüge an. Meine Hände umklammerten das Lenkrad so fest, dass meine Knöchel weiß hervorstachen. Mein Fuß drückte aufs Gaspedal und ich fuhr viel zu schnell, doch ich wusste genau was Matthew mit ihr vorhatte.

Ich hasste mich noch immer dafür, Matthew damals dazu verholfen zu haben mit seinen Machenschaften fortzufahren.

Aber Kaia musste natürlich so unglaublich stur sein, und nicht auf meinen Rat hören, sich von ihm fernzuhalten.

Ich hielt vor dem Hotel an und versuchte mich wieder zu sammeln. Immerhin hatte ich jahrelang trainiert und das war nicht einmal eine große Sache.
Ich stieg aus dem Wagen und steuerte zielsicher auf die Rezeption zu.

„Ich müsste bitte zu Mr. Henridge“, sagte ich zu der Rezeptionistin, die hinter dem Tresen jeden Moment drohte einzuschlafen. Sie war nicht allzu alt, Mitte zwanzig, und verdiente sich wahrscheinlich neben ihrem Studium ein bisschen Geld damit in einem Luxushotel zu arbeiten.
Sie sah etwas überrascht zu mir auf.

Royal Liar Where stories live. Discover now