33. Dreiunddreißig BONUS

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Kaia


Als kurze Zeit später auch schon Noah an meine Tür klopfte um mich für das geplante Mittagessen zu holen, bat ich ihn darum Matthew's Eltern mitzuteilen, dass sie mich für den restlichen Tag wohl nicht mehr zu Gesicht bekommen würden, da ich mich seit heute morgen etwas kränklich fühlte.
Ob sie mir diese Lüge abkauften, war eine andere Frage, aber sie akzeptierten meine Entscheidung und ließen mich tatsächlich in Ruhe. Sogar Matthew setzte keinen Fuß mehr in mein Zimmer. Nur noch Noah wagte es ab und zu einen Blick auf mich zu werfen.
Er wusste genauso gut wie ich, dass ich alles andere als krank war. Jedoch wird ihm bewusst gewesen sein, dass ich mich nicht grundlos einfach zurückziehen würde, weswegen er mein Verhalten auch nicht hinterfragte.

Also verbrachte ich den Rest des Tages damit endlich mit Sturmhöhe von Emily Bronte zu beginnen, das ich bereits kurz nach meiner Ankunft im Schloss aus der Bibliothek mitgehen ließ. Es war wie ein Fluch, dass ich trotz den unzähligen Bestsellern aus dem 21 Jahrhundert, immer noch meine Begierde nach alten klassischen Romanen nicht stillen konnte. Vielleicht lag das auch einfach da ran, dass ich nicht das Verlangen hatte über das Leben nahezu perfekter Charaktere zu lesen, welche im Moment die glücklichste Zeit ihres Lebens haben und es schaffen all ihre Träume zu verwirklichen, während ich mit dem Gedanken leben muss, meine nächsten Jahre unter ständiger Beobachtung zu handeln und entweder auf das Wort von meinem Bruder, oder demnächst sogar Matthew, zu hören. Da kann man mir doch nicht verübeln die Geschichten von fiktiven Leuten hören zu wollen, mit denen ich nur ungern tauschen würde.

Ein leises hölzernes Klopfen, kurz gefolgt von Noahs Stimme, die fragend meinen Namen aussprach, durchbrach die Stille und ich hob erwartungsvoll den Kopf.
"Komm rein."

Die Tür öffnete sich gerade mal weit genug, dass Noah seinen Oberkörper durch den Spalt stecken konnte. Er trug seine Arbeitsuniform, so wie jeden Tag seitdem wir hier in England waren. Ein schwarzer Anzug mit einem angenähten norwegischen Wappen an der linken Brust.
"Sie wollten, dass ich Ihnen Bescheid gebe, sobald die Lichter ausgemacht wurden."

"Danke, Noah", sagte ich sanft, klappte mein Buch zu und legte es auf einen kleinen Abstelltisch neben dem Bett. Das Gestell gab ein morsches Knarren von sich als ich meine Beine über die Matratze schwang und meine Füße den beheizten Fußboden berührten.
"Was hältst du von einem kleinen Ausflug?", schlug ich vor und musste mir ein schmunzeln verkneifen, als Noah misstrauisch seine Brauen in die Höhe zog, als würde er gerade wirklich meine Gesundheit in Frage stellen.
"Sie meinen das Ernst, habe ich recht?"

Lachend stand ich auf und hielt meine Arme gestreckt in die Luft. Den ganzen Tag lang in diesem Bett zu sitzen war wohl anstrengender als durchs Schloss zu laufen.
"Ja, das tu ich."

"Eure Hoheit... Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie nachts nicht einfach so gehen dürfen. Und ich darf Sie nicht einfach so gehen lassen", teilte er mir mit.

"Oh wir kriegen das schon hin. Zieh dir am besten etwas Anderes an. Wenn du so durch London läufst, ziehst du doch alle Blicke auf dich."

Seufzend zog sich mein Bodyguard zurück und kaum hatte er mit einem Klicken meine Tür geschlossen, ging ich bereits zu meinem Kleiderschrank und holte das gemütlichste und alltägliche Outfit hervor, das ich finden konnte.
Schnellstmöglich legte ich mein Seidennachthemd ab und schlüpfte in einen tintenblauen Strickpullover und eine lange, graue Jeans. Offiziell war mir als Prinzessin zwar nicht gestattet eine Hose auf Jeansstoff zu tragen, zumindest wurde es nicht gerne gesehen, aber genau dadurch konnte man noch weniger Verdacht schöpfen, dass ich eine wirkliche Adelige war. Schwarze Stiefel und ein dunkler Mantel hielten mich nicht nur versteckt, sondern schützen mich auch vor der Kälte, die London bei Nacht zu bieten hatten. Genauso wie die silbergraue Strickmütze, die mir Noah reichte als ich ihm am Gang antraf.
"Es ist Ihr Kopf den wir verstecken müssen. Nicht Ihr Körper", sagte er und drückte mir das weiche Teil in die Hand.

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