26. Sechsundzwanzig

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Grayson

Ich sah der Prinzessin zu wie sie ins Schloss zurücklief und hatte eigentlich vor ihr direkt zu folgen, doch Noah schob sich wie ein Bodyguard, der er eben nunmal war, vor die Tür und drückte mich von sich, als ich versuchte mich an ihm vorbei zu drängen. Es fühlte sich furchtbar an, sie nichtmehr in greifbare Nähe zu haben. So als hätten sich sämtliche dünnen Fäden zwischen unseren Seelen, die uns eigentlich verbinden sollten, entzweigerissen.
Noah musterte mich misstrauisch.
"Was hast du vor?"

Das geht dich nichts an.

Ich biss meine Zähne zusammen um ihm diese Worte nicht entgegen zu spucken, weswegen ich nur genervt brummte.
Noah war keiner meiner Kollegen der es verdient hätte von mir dumm angemacht zu werden. Auch wenn sich von denen hier mehr als genug herumtrieben. Es nervte mich viel mehr, dass ich so weit ging, dass ich jemanden brauchte, der mich aufhielt. Ich müsste meine Grenzen kennen, sollte niemanden brauchen, der mich warnte.

"Ich weiß nicht wovon du sprichst", murmelte ich leise und wich seinem Blick aus.

Mein Herz raste noch immer von diesen neuen Berührungen, die mir Kaia gerade noch geschenkt hatte. Allein wenn ich an den Moment zurückdachte, sehnte ich mich wieder danach ihren zarten Körper so nahe an mich zu drücken und ihre weichen Hände überall zu spüren. Weswegen es mir deutlich schwer fiel mir nicht noch mehr Dinge vorzustellen, sondern mich darauf zu konzentrieren mich vor Noah zu rechtfertigen um meinen Plan weiter durchführen zu können.
Oder mir zumindest etwas Neues zu überlegen. Denn das Vorhaben Ronan heute Abend zu vergiften, fiel mit dieser Aktion nun endgültig ins Wasser. Weswegen gerade ungefähr alle Zahnräder in meinem Hirn wie verrückt arbeiteten. Bis jetzt war mir noch nie so etwas passiert. Und eigentlich hätte mir so etwas auch nie passieren dürfen.

"Grayson, ich weiß, dass du nicht dumm bist. Doch wieso ziehst du dann so eine Nummer ab? Außerdem dachte ich da würde etwas zwischen dir und dieser Schneiderin laufen?"

"Tut es ja auch."
Ich fuhr mir gestresst durchs Haar, wodurch ich einige Schweißtropfen, die sich an meiner Stirn gebildet hatten, mitnahm. Es war nicht die Angst alles verhauen zu können die mich so stresste, sondern der Gedanke alles zum Fall zu bringen, würde ich nicht rechtzeitig meine Mission durchführen.
Noah schien meine Angespanntheit zu registrieren und ihm wurde auch schnell klar, dass er nicht mehr aus mir herauskriegen würde als sowieso schon. Aus diesem Grund machte er seufzend einen Schritt zur Seite, lehnte seinen Kopf gegen die kalte Steinwand und stieß mir die Tür auf. "Jetzt geh schon rein. Ich werde dich bestimmt nicht verpetzen, Thorne."

Nickend bedankte ich mich bei ihm und ging durch den Rahmen, mit großen Schritten auf den Ballsaal zu. Am anderen Ende der Tür wurde noch immer unüberhörbar laute Musik gespielt, welche die Stimmen der Gäste nur um Weniges übertönte.
Kaia konnte natürlich auch einfach in ihr Zimmer verschwunden oder in die Küche geflüchtet sein, doch ich zweifelte stark daran, dass sie ohne das Einverständnis ihres Bruder für den Rest des Abends jetzt noch irgendwo hinlief. Also zog ich mein Sakko zurecht, strich meine Frisur glatt und betrat erneut den Saal.

So voll sich das Getümmel an Leuten von außerhalb anhörte, so bedrängend war es nun auch geworden. Deswegen verwunderte es mich nach nur wenigen Anläufen die Prinzessin zu entdecken, wie sie es sich alleine auf einem der Tische gemütlich gemacht hatte und nach der Reihe einen Gast nach dem Anderen abwies.
Glücklicherweise war es meine Aufgabe auf Kaia aufzupassen, woran sie sich auch sofort erinnerte nachdem sie bemerkte, dass ich meine Position nur wenige Meter neben sie verschoben hatte.

In ihrer Hand hielt sie ein schmales Weinglas, noch fast bis zum Rand hin gefüllt, welches sie gelangweilt, oder sogar schon fast bockig, zwischen ihren Fingern drehte. Dabei beobachtete ich sie so eindringlich, dass es mir nicht entging wie geschwollen ihre Lippen und wie rosa ihre Wangen und ihr Dekolletee von unserem Kuss waren. Ihr wunderschönes Kleid war an manchen Stellen nun faltig oder verrutscht und ihre blonden Strähnen strahlten für mich nur noch mehr Perfektion aus. Meine Selbstbeherrschung spielte in diesem Moment so verrückt, dass ich wieder komplett vergaß mir einen neuen Plan auszudenken. Anscheinend musste dies nun warten.

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