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ʰᵉᵃᵛᵉⁿ ⁱˢ ᵃ ᵖˡᵃᶜᵉ ᵒⁿ ᵉᵃʳᵗʰ ʷⁱᵗʰ ʸᵒᵘ
-Video Games

Für einen Moment stockt mir der Atem und gerät aus seinem gerade erst wieder beruhigtem Rythmus.

Mich verunsichert nicht viel, aber seine recht neutrale Nachfrage scheint bei mir so einige Hirnregionen einfach so auszuschalten.

"W-welche Nacht?", versuche ich die Situation noch umzulenken, doch er scheint mir das nicht mehr abzunehmen.

Seine Augenbrauen wippen vorwurfsvoll nach oben und sein Mund verzieht sich zu einem wissenden Lächeln, in dem schon ein wenig der Schalk zu erkennen ist.

"Du hörst dich gleich an, als hätten wir eine Bank ausgeraubt oder so. Das kann ich dir im besten Willen nicht annehmen."

Seufzend vergrabe ich meine Hände in meinem Schoß, lehne mich ein bisschen von ihm weg.

Gerade ist mir es mehr als unangenehm ihm auch nur in die Augen zu sehen.

"Wir haben uns geküsst", murmele ich in vollem Scham, nur in der Hoffnung, dass er mir nicht gleich einen reinhaut.

Der Kleine mag zwar süß und aus purer Unschuld gemacht wirken, in Si Cheng schlummert jedoch ein kleiner Satan.

"Hach, das ist doch nicht schlimm", winkt er die für mich problematische Sache einfach ab, als wäre das nichts von großer Bedeutung.

So als wäre nie etwas zwischen uns passiert, nie wäre etwas schief gegangen und nie hätte ich mir über diese Sache den Kopf zerbrochen.

"Wirklich?!"

Er lächelt mich mit seinem feinen Gesicht an.

An den Wangen hat er zwei Grübchen, die sich in seine sonst so weiche Haut graben, wie zwei kleine Täler, die zwei Seiten eines Landes trennen.

"Wir waren beide ein bisschen betrunken und... ach, ist doch nicht so schlimm. Wir sind beide nicht wirklich auf der rechten Spur und bei mir kommt noch diese depressive überemotionale Schiene dazu. Vielleicht war es auch nur deswegen. Aus vielen Situationen entwickelt sich etwas ganz anderes als man denkt."

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"Was- Nein, Nein... Mutt- NEIN DAS GEHT NICHT! Ja, er soll machen, was er will. Ich habe schon mal gesagt, dass ich mich aus solchen Sachen raus halte. Ich lebe hier in Korea- JA MEIN GOTT... FAMILIE IST WICHTIG ICH W-
ACH HALT DOCH DEN MUND!!!"

Die aufgeregte Stimme des Kleinen reicht bis zu mir, als er anscheinend in voller Rage eine Person am anderen Ende seines Handys zurecht weißt und am Ende fluchend auflegt.

Dass er mit seiner Familie Probleme hatte in gewisser Weise hatte ich schon immer vor diesem Telefonat bemerkt, doch jetzt steht mir die Gänsehaut an den Armen, so sehr hat mich dieses, für mich nur einseitiges Gespräch in die Vergangenheit und Gegenwart gleichzeitig geholt.

Sie hat damals auch so mit ihrem Vater geredet.

Die Tränen, die sie wegen der Familie vergossen hat, kann man nicht mit irgendwelchen körperlichen Schmerzen aufwiegen, gleich wird es auf ihn zutreffen.

Wenn einem das Herz zu zerspringen droht, wegen ein paar Menschen, die man so sehr hasst, einem aber doch etwas an ihnen liegt.

Es ist ein grausames Gefühl zu wissen, dass man weiterhin ein wenig Zuneigung für die Kreaturen zu empfinden, die einem das Leben vielleicht auch unwissend zerstören.

Schnell springe ich vom Sofa auf, wobei ich die Fernseherbedienung achtlos zu Seite, das Scheppern der Batterie auf dem Boden ruft mir den folgenden Anschiss Si Chengs in die kurze Erinnerung, doch genauso flüchtet sie auch wieder.

Meine Beine tragen mich schon wie automatisch zu dem Kleinen, es war schon zu viele Male das gleiche Szenario, alsdass ich einen Moment in Unsicherheit zögern könnte.

Jedes Mal landen meine Arme um seinen schmalen Körper, er presst sich gegen mich und weint los.

Wir haben das nicht ausgemacht, wie wir sonst immer unsere Krisensitzungen machen, wenn er mal in einer fröhlichen und emetional recht stabilen Verfassung ist.

Das ist in dieser Situation der Unterschied: Da, wo andere alleine sind und sich selbst nicht mehr ertragen können, sie die Arme aufkratzen, während ihr Kopf gegen eine Wand kracht, weil sie aus ihrem Kopf raus wollen, da halte ich ihn und teile den Schmerz.

Es ist wie eine Ritual geworden, wie ein kleiner fester Bestandteil in unserem Alltag.

Eine Krankheit ist nicht so leicht zu besiegen.

Wer denkt, es wäre mit ein paar Küssen, Zuneigung und ständigem Beisammensein geregelt, der irrt sich gewaltig.

Ein bisschen hat der Kleine seine Art geändert, aber auch nur, da er seinen Kummer stumm in sich rein frisst.

Depressionen sind ein Monster, ein schier unbesiegbarer Horror, eine Ausgeburt der Hölle.

Sie haben mir Freunde in der Schule genommen, sie drohen mir ihn zu nehmen.

Ich kann ihm nicht mal sehr dabei helfen, außer zuzusehen und ihm unter die zu greifen, wenn seine Beine einknicken.

"Was ist dieses Mal?", flüstere ich ihm als Frage ins Ohr durch seine mittlerweile wieder braunen Haare.

Ein Zittern durchläuft Si Cheng von der Wirbelsäule bis in die Arme, die er fest um mich geschlungen hat.

"Ich muss nach China. Der Tumor meines Bruders hat gestreut. Er hat jetzt zwei bis drei bösartige Dinger in seinem Bauch... Er überlebt vielleicht nicht."

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Beschreibung meines Urlaubs in der ersten Woche der Pfingstferien:

Baum, Wiese, Kuh.

Ich wünsche euch viel Spaß noch,
-P



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