In meinem Herzen nur du

28.

Die nächsten Tage verlaufen ruhig. Zahra und Hakim unternehmen viel mit Bekannten und sind deshalb wenig zuhause, was ihren Söhnen ziemlich gelegen kommt.

Walid ist mit der Planung für seine Geburtstagsparty beschäftigt, die er Dienstag im W veranstalten will. Er ist immer noch völlig unwissend, welcher Ehrengast ihn erwarten wird.

Zeyd und ich hingegen werden von Tag zu Tag nervöser und freuen uns, Walid zu überraschen. Und natürlich freue ich mich auch, Walids älteren Bruder kennen zu lernen.

An einem Abend sitzen Walid und ich noch zusammen im Garten, als er plötzlich eine Whatsapp-Nachricht bekommt. Er zieht seine Augenbrauen zusammen und überfliegt die Buchstaben auf dem grell leuchtenden Display.

Dann reicht er mir sein Handy. Als ich sehe, von wem die Nachricht kommt, kann ich meinen Augen nicht trauen. Abbas.

In der Nachricht steht: "Ist Lilli bei dir? Ich muss dringend mit ihr reden."

"Sag ihm, dass er hierhin kommen soll, wenn das für dich okay ist", weise ich Walid an.

Mittlerweile sind knapp zwei Wochen vergangen, seit wir uns gestritten haben. In dieser Zeit habe ich ihn weder gesehen noch mit ihm gesprochen. Anscheinend hat Momo sein Wort gehalten und ihn zur Rede gestellt.

Ich wundere mich nach einigen Minuten, dass keine Antwort mehr von Abbas kommt, bis es plötzlich an der Tür klingelt. "Na da konnte es jemand wohl kaum erwarten", kommentiert Walid und öffnet die Tür.

Ich erschrecke mich, als ich Abbas sehe. Seine Haut ist fahl und seine Wangen sehen eingefallen aus. Unter den Augen hat er tiefe Schatten. Seine Jeanshose sitzt ungewöhnlich locker und zur Krönung ist er angetrunken, das sehe ich ihm auf den ersten Blick an.

Abbas senkt sofort seinen Blick als er mich sieht und schaut mir nicht in die Augen. "Bruder, komm rein", fordert Walid ihn freundlich auf. Er legt freundschaftlich seinen Arm um ihn. Das ist genau das, was Abbas jetzt braucht. Seine Augen füllen sich mit Tränen und mit gesenktem Blick sagt er: "Es tut mir so leid.."

Walid schiebt ihn zaghaft, aber dennoch bestimmt zur Couch. Ich schweige und mustere Abbas, der immer noch betreten zum Boden schaut.

Kleinlaut sagt er: "Momo hat mich angerufen und zur Sau gemacht."

"Richtig so", entfährt es mir.

"Er hat mir gesagt, dass du ihm alles erzählt hast. Er hat mir richtig den Kopf gewaschen. Wie es sein kann, dass unsere eigene Schwester nicht in unserem Haus wohnt wegen einer Fremden und dass du und ich immer die besten Freunde waren und immer zusammen geklebt haben. Was mir einfällt, dich jetzt einfach so fallen zu lassen. Er hat mich gefragt, wieso ich meine eigene Familie für irgendeine Frau aufgebe und was Shirin mir in den Kopf gesetzt hat, dass es so weit gekommen ist. Er hat gesagt, wenn sie mich so manipuliert und mich so weit bringt, kann sie nicht gut für mich sein. Da ist mir erstmal bewusst geworden, was ich angerichtet habe. Ich habe viel nachgedacht und bin misstrauisch geworden. Dass Momo, Younes und du - die Menschen die mir am meisten bedeuten - alle dasselbe sagen, kann ja kein Zufall sein. Also habe ich in den letzten Tagen Shirins Verhalten genau beobachtet, und mir ist vieles aufgefallen, was ihr auch gesagt habt. Das hat mir aber nicht gereicht. Ich wollte die Wahrheit wissen. Also hab ich angefangen ihr nachzuspionieren. Als sie telefoniert hat, bin ich ihr heimlich nachgelaufen und habe sie belauscht. Sie hat mit einer Freundin telefoniert und dieser erzählt, dass sie jetzt endlich einen Goldesel gefunden hat. Genau das war ihre Wortwahl. Einen Goldesel. Sie meinte dass ich nett bin und ganz gut aussehe aber vor allem, dass ich ihr alles kaufe, was sie will. Sie sagte, dass sie mich bald sogar so weit hat, dass ich ihr ein Auto schenken werde. Sie erzählte, dass es einige Leute gab, die gecheckt haben, dass sie auf mein Geld aus ist aber, dass sie es geschafft hat, mich von denen weg zu treiben."