40.

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Maxim schaut mich erschrocken an und fragt vorsichtig: "Lilli, was ist los? Habe ich was falsches gesagt?"

Den ganzen Tag über, an dem ich mit Maxim unterwegs war und er mich behandelte wie eine Prinzessin, hatte ich Spaß und konnte alles verdrängen, doch jetzt wo langsam Ruhe einkehrt, fühle ich mich, als würde mir jemand eine Pistole an den Kopf halten.

Warme salzige Tränen laufen meine Wangen herab und verschmieren mein Makeup.

Maxim nimmt vorsichtig meine Hand. "Bitte rede doch mit mir, was ist denn auf einmal los?"

"Ich weiß es doch selbst nicht", schluchze ich. "Dann erzähl mir doch einfach alles, was gerade in dir vorgeht. Wie du dich fühlst und was du denkst", schlägt er fürsorglich vor.

"Ich möchte nachhause. Ich kann nicht hier bleiben, dann wird Abbas noch mehr ausrasten. Er hat mich heute schon geschlagen wegen dir", gestehe ich.

Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Diese Worte auszusprechen fühlt sich an, als würde ich all das noch mal erleben.

"Was hat er? Wieso zur Hölle hat er dich geschlagen?", fragt er zornig. Sein markanter Kiefer zuckt wütend und seine Augen verengen sich.

"Weil er meinte, dass ich eine Schlampe bin und mit Walid alles kaputt gemacht habe", erkläre ich mit zittriger Stimme.

"Aber was hat das mit dir zu tun? Das ist doch nicht Abbas' Sache!", knurrt Maxim aufgebracht. Ich sehe ihm an, dass es ihm schwer fällt sich zusammen zu reißen.

"Anscheinend hat er plötzlich Angst, dass ich seine Familie und seine Ehre beschmutze. Sein Image, mein Image, keine Ahnung", versuche ich eine Erklärung für etwas zu finden, was ich selbst nicht so recht verstehe.

"Meine Fresse, diese Jungs und ihr Image immer. Was das angeht, ticken Abbas und Walid genau gleich Das werde ich nie verstehen, dafür bin ich wohl zu deutsch", stellt er erbost fest.

Trotz der Tränen, die mir immer noch über meine Wangen strömen, muss ich lachen.

"Lilli, ich stelle dir jetzt eine Frage und ich möchte, dass du mir die Wahrheit sagst. Ich will, dass du nicht darüber nachdenkst oder aus Angst irgendwas anderes sagst. Liebst du Walid? Ist er derjenige, den du willst?", fragt Maxim und sieht mir dabei tief in die Augen, so als ob in ihnen die Wahrheit läge.

"Ich liebe ihn. Auch wenn ich allen und vor allem mir selbst vormachen will, dass es nicht so ist. Er hat mir weh getan. Wochenlang war das mit ihm ein einziger Kampf. Ein Kampf um Vertrauen oder Misstrauen, um reden und schweigen, um Liebe und Hass. Aber wenn zwei Menschen weinen und ihr Herz gebrochen ist, weil sie sich lieben und nicht zusammen sein können, muss man dann nicht kämpfen? Versteh mich nicht falsch, Maxim. Du bist ein toller Mensch und ich mag dich wahnsinnig gerne. Du hast mir geholfen und meine Situation nicht ausgenutzt, indem du es zum Beispiel Walid oder Abbas reingedrückt hast oder irgendwie versucht hast, dich mir großartig anzunähern. Ich finde dich schön und du ziehst mich mit deiner frechen Art an, ich würde lügen, wenn ich was anderes sagen würde, aber in meinem Herzen ist nur Walid und durch meine Aktion, bei dir zu übernachten, habe ich ihn wohl noch weiter von mir weggetrieben", erkläre ich unter Tränen.

Maxim schluckt. "Ich wollte dir nur helfen, aber anscheinend habe ich noch mehr kaputt gemacht. Hätte ich gewusst, dass das so ernst mit euch beiden ist und dass dir die Nacht mit mir, auch wenn sie harmlos war, solche Probleme bereitet, hätte ich mich nie an dich rangemacht, das schwöre ich. Es tut mir.."

Schnell unterbreche ich ihn: "Nein, nein, nein! Dir braucht nichts leid zu tun. Hör auf damit. Ich bin die Einzige, die tausend Fehler auf einmal gemacht hat."

Ernst schaut er mich an und sagt: "Na, dann ist aber auch klar, was du zu tun hast. Fahr nachhause, bevor alles noch schlimmer wird. Um die wahre Liebe muss man kämpfen und nie damit aufhören, von Tag eins bis man seine Augen für immer schließt. Es ist doch egal, was zwischen euch war. Wenn ihr euch liebt, werdet ihr einen Weg finden."

Traurig nicke ich. Seine Worte geben mir neue Hoffnung, auch wenn ich im Moment schwarzsehe für eine geminsame Zukunft mit Walid.

Ich muss an die Tasse denken, die ich Abbas vor die Füße geschmissen habe, um ihm eben genau das zu symbolisieren: dass man eben nicht alles wieder gut machen kann.

Vielleicht ist es mit Walid und mir genau so?

"Worüber denkst du nach?", unterbricht Maxim leise meine Gedanken.

"Was, wenn es nichts mehr zu retten gibt? Was, wenn er mich nicht mehr will? Wenn ich alles kaputt gemacht habe?", spreche ich meine Zweifel aus.

"Lilli, wenn du es nicht versuchst, wirst du es nie wissen. Dann wirst du in fünfzig Jahren da sitzen und dich fragen, was gewesen wäre, wenn du es einfach versucht hättest. Lieber kannst du dir im schlimmsten Fall sagen: "Okay, ich hab's versucht, aber es hat nicht geklappt", als dich dein Leben lang zu fragen, ob ihr vielleicht doch noch eine Chance gehabt hättet", sagt er ruhig.

Seine Worte berühren mich und lösen etwas in mir aus. Wenn das sogar der Mann sagt, der mich sicher lieber hier bei sich als bei einem anderen wissen würde, muss es doch stimmen!

"Du hast recht, Maxim. Ich danke dir für deine Worte. Und für gestern. Und für heute. Für alles einfach", sage ich und umarme ihn lange.

Ein letztes Mal inhaliere ich seinen herben Geruch und er streichelt sanft über meinen Kopf.

"Nun geh und regel das!", weist er mich an. "Meine Tür steht immer für dich offen, das habe ich dir gesagt. Du kannst jederzeit zurück kommen. Du weißt wo du mich findest."

Er begleitet mich zu meinem Auto und drücktbmir einen Kuss auf die Wange. "Melde dich mal bei mir, okay?", sagt er leise.

In seiner Stimme liegt Hoffnung, vielleicht auch ein bisschen die Hoffnung darauf, dass ich wieder kommen würde. Sein Blick wird weich.

"Es tut mir leid", flüstere ich leise, kaum hörbar, wohlwissend, dass ich ihn wahrscheinlich ziemlich verletzt habe.

Er schenkt mir ein erzwungenes Lächeln und drückt meine Autotür zu. Dann läuft er ins Haus ohne sich umzudrehen.

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Meine Lieben,

Wer von euch ist alles erleichtert, dass sie wieder nachhause fährt? 😁

Und was denkt ihr, wird sie dort erwarten?

A.

In meinem Herzen nur duWhere stories live. Discover now