Freund oder Feind?

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"Sag mal Onee~chan?...", fing Eve vorsichtig an und hörte augenblicklich auf sich zu bewegen. Ich hatte eigentlich versprochen, endlich mit ihr zu schaukeln. Doch auch wenn ihr strahlendes Kinderlachen mein Herz erwärmte und ablenken konnte, so kurz war diese Wirkung und mein Gesicht verhärtete sich. Besorgt hörte Eve auf mit ihren Beinen schwungvoll hin und her zu schwingen und trat zu mir heran. "...Ist irgendwas schlimmes passiert?", fragte das kleine Mädchen und setzte sich zu mir. Ich hatte es mir unter dem riesigen Apfelbaum bequem gemacht. Genau dem selben, an dem ich Eve das erste Mal begegnet war. Natürlich war mir ebenfalls bewusst das all dies nicht der Realität entsprach. Dennoch nutzte ich diesen in vollen Zügen aus und konnte mich für eine kurze Zeit zurückziehen. Ich war in der Lage aus meinem dunklen und erdrückendem Alltag zu entfliehen.

Doch... Meine Gefühle und Sorgen ließen sich nicht beiseite schieben.

"Naja, wie soll ich das am besten erklären...", fing ich vorsichtig an. Eve von meinen Problemen zu erzählen hielt ich für keine schlechte Idee. Einerseits war sie eine fiktive Figur aus meinen Träumen, andererseits war da auch mehr... Ich konnte es schlecht in Worte fassen. "Es ist so, das es da einen Jungen gibt. Ich hab ihn gebeten etwas für mich zu machen. Und im Gegenzug darf er mich zwar ärgern, habe aber trotzdem Angst das er sich nicht an unsere Abmachung hält. Außerdem ist er ein fieser Typ...", versuchte ich Eve meine Situation so einfach wie möglich zu erklären. In dieser Kindersprache klang zwar alles etwas harmloser, doch wenn man erstmal wusste was wirklich dahinter steckte...

"Ohje das klingt wirklich schlimm... Was muss er denn so wichtiges für dich machen?"

"Ach das... Ist ziemlich kompliziert."

Die kleine Blondine senkte mitfühlend den Kopf. Sie hatte wohl eingesehen, das es nichts gab was sie tun konnte. Wie denn auch. Es gab in meinen Augen keinen anderen Weg und ich musste einfach diese Entscheidung treffen. Wie sonst hätte ich weiter vorankommen sollen. So sehr ich ihn auch verabscheute, so musste ich mir auch eingestehen, das Reiji ein Genie war. Nur er konnte das Buch meines Vaters übersetzen. Mir blieb also nichts weiteres übrig, als stark zu bleiben und nicht den Mut zu verlieren. Egal wie grausam dieser Vampir auch war. Egal wie viele Schmerzen er mir auch zufügte... Ich würde niemals aufgeben.

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"Möchtest du vielleicht auch schaukeln, Onee~chan? Mich heitert das immer auf.", schlug Eve vor und zog mich am Arm hinauf. Mir entwich ein schwaches Lachen und ich willigte schließlich ein. Doch plötzlich spürte ich eine eisige Kälte und der Wind fing an immer lauter durch die Blätter und Äste des alten Baumes zu wehen. Ich schlang meine Arme fest um meinen Körper und sah, wie sich bereits einige Blätter von den Zweigen entfernten und vom Wind weggetragen wurden. Es erinnerte mich sehr an einen stürmischen Herbsttag. Auch der Baum fing an sich immer weiter in ein tiefes Braun zu verfärben. Vom vorherigen blühend Grün in eine verwelkte und sterbende Tönung. Und all das geschah innerhalb weniger Minuten...

"Was ist hier los?"

Fragend blickte ich zur meiner kleinen Freundin, doch die sah nur stur zu mir hinüber. Immer näher trat ich zu dem kleinen Mädchen und erkannte, das sie vielmehr durch mich hindurch ins Nichts starrte. "Eve? Was ist los?", fragte ich und legte besorgt meine Hand auf ihre Schulter. Doch sie schien wie in Trance zustecken. Ich wiederholte erneut ihren Namen und wurde immer besorgter. "Eve?! Was ist denn hier los?". Dann schlug mir eine Idee in den Kopf. "Ist es Adam? Kommt etwa Adam und holt dich?". Und endlich zeigte sich eine Reaktion von ihr. Jedoch war dies nur ein leichtes schütteln ihres Kopfes. Als ich wieder hinter mich blickte und zum einst prachtvollen Gewächs sah, stockte mir der Atem. Ich konnte meinen Augen nicht trauen. Von dem einst strahlend blauen Meer, auf dem ich bis hin zur Insel gewandert war, blieb nicht als eine schwarze Leere übrig. Als hätte sich ein dunkler Schleier über meine Umwelt gelegt und nichts als Finsternis hinterlassen. Es schien fast so, als hätte die erdrückende und dunkle Realität meines Lebens mich selbst in meinen Träumen gefunden und würde mich nie wieder loslassen. Es war meine Schuld. Ich hatte dieses Unglück über diese heile Welt gebracht. Die Dunkelheit hatte sich an mich geheftet und würde mich bis zu meinem Tod verfolgen. Kraftlos sackte ich in mich zusammen und fing an zu schluchzen. Nun war ich vollkommen von der Finsternis eingeschlossen. Selbst von Eve war keine Spur mehr. Nur eine einzige große Leere blieb zurück.

Mein Leben Unter Vampiren | Mina Shirohana | Diabolik Lovers FanfictionWhere stories live. Discover now