Am Ufer meines Herzens

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Langsam erhoben sich meine feinen Haare am Körper. Eine Gänsehaut breitete sich aus und ließ zu, das ich meine Gliedmaßen zu spüren begann. Aus ihrer Taubheit erwachen, zuckten meine Augenlider und ich öffnete sie vorsichtig und unvorbereitet auf die darauffolgenden Sonnenstrahlen. Schnell zog ich sie zusammen und streckte meine Hand entgegen der Sonne. Da spürte ich ein Kitzeln an meiner Wange und blickte doch verwundert zur Seite. Chikos raue Zunge stupste, als wolle er ertasten, ob ich nicht Tod sei. Doch als ich ihm ein Lächeln schenkte, ließ er erleichtert von mir ab und nahm neben meinem ruhenden Körper Platz.

Mit schweren Knochen erhob ich mich von meiner liegenden Position in eine Sitzende. Mit den Händen stützend im weichen Erdboden versunken legte ich den Kopf in den Nacken und atmete die rauer Seeluft ein, bis sie meine Lungen komplett ausfüllten. Meine Sinne waren benebelt von all den Eindrücken die mich umgaben. Eine friedvolleres Fleckchen hatte ich nur in meinen Träumen erleben können. Doch konnte dies hier auch nur eine weitere Projektion meiner Fantasie sein? Ich befand mich am Ufer eines tieftrüben Sees inmitten einer hügeligen Landschaft. Die Felswände, welche sich hinter mir erstreckten, wirkt einschüchtert und beeindruckend zugleich. Sie umzingelten den See, als wäre dieser das letzte bisschen unberührte Natur auf dieser Erde. In weiter Ferne erklang das zirpen der Zikaden und lies mich auf's Neue zweifeln, ob dies alles wirklich nur ein Traum gewesen war.

Einst verfolgte mich die Erinnerung an Eve auf der einsamen Insel. An sich schien also der Glaube, an einen weiteren Traum, am realistischsten. Doch es fühlte sich abermals so real an. Ich fasste mit einer Hand in den Erdboden und vergrub diese tief um meinen Untergrund intensiv zu fühlen. Sie war kalt und nass, und kühlte meine Hand angenehm. Doch war dies überhaupt möglich? Was wollte mir mein Unterbewusstsein nur verraten? Sollte dies meine sichere Zuflucht sein? Um vor den Vampiren zu flüchten, hat mich mein Verstand hierher verfrachtet? Oder war ich tot? Vielleicht war ich auch ins Koma gefallen? So, oder so konnte ich hier nicht ewig sitzen bleiben und mir den Kopf zerbrechen. Es war nicht meine Art, vor Problemen wegzulaufen, auch wenn die letzten Wochen bei den Sakamaki wirklich grausam waren.

Entschlossen stand ich auf und streckte meine Extremitäten. Ein letztes Mal sog ich diese Ruhe und Atmosphäre des Momentes ein, bevor ich startete. Dicht gefolgt von Chiko ging ich am Ufer entlang und sah mich weiter um. Meine Gedanken kreisten umher und lösten in meinem Unterbewusstsein eine Unruhe aus. Was, wenn ich wirklich gestorben war? Wohlmöglich schaffte ich es nicht rechtzeitig, vor Reiji zu fliehen? Doch war er wirklich dazu in der Lage, mich zu töten? Ich schüttelte schnell mit dem Kopf, um mich selbst zu beruhigen.

"Blödsinn, Reiji könnte mir sowas nie antun!"

Mein Herz fing augenblicklich an schneller zu pochen und ein unbeschreiblicher Schmerz stieg in mir auf. Noch immer war ich nicht über ihn hinweg und verteidigte jede seiner Taten. Auch wenn es mir vor Schmerz die Luft zum Atmen raubte. Verloren blickte ich zum Horizont heraus, als sich einzelne Tränen ihren Weg entlang meiner Wangen auf sich nahmen. Ihre Bloße Existenz versiegte bei ihrem Fall auf den Grund und hinterließen nichts als einen dunklen Schatten. Wenn ich wirklich gestorben wäre, was würde ich hinterlassen? Würde auch nichts, als ein dunkler Schatten von mir übrig bleiben? Wäre mein Verbleib so belanglos, das ihm keiner hinterher trauern würde? Doch war es nicht das, was mit uns allen früher oder später passieren würde? Wir werden geboren, leben, sterben und unsere Überreste zerfallen schließlich zu Staub. Wie viel bedeutet so ein einzelnes Leben?

Da stupste mich Chiko besorgt mit der Nase an und sah mich mit seinen großen Augen an. Bei seinem Anblick erinnerte ich mich an den Tag, wo wir uns das erste Mal trafen. Er war auch nur ein einfacher und ausgehungerte Kater, umgeben von dem Müll und Unrat der Straßen. Und genau deswegen wollte ich ihn retten. Die Worte meines Vaters hallten in meinem Kopf und zauberten ein lächeln auf meinen Lippen. Denn egal wie klein und unbedeutend ein Leben zu sein schien, es ist abermals wert darum zu kämpfen, auch wenn es nicht selbst dazu in der Lage war. Jedes Leben hatte einen Wert und ist somit ein Geschenk für diese Welt. Selbst die kleinste Zikade in der Ferne hinterlässt seinen Abdruck auf dieser Welt. Wir berühren so vieles im Laufe der Zeit, ohne es zu bemerken. "Danke.", murmelte ich zu Chiko und wischte mir die Tränen von den Wangen.

Mein Leben Unter Vampiren | Mina Shirohana | Diabolik Lovers FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt