T h r e e • T r o i s

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Genervt stieg ich ein. Er war mit seinem Handy beschäftigt und tippte ziemlich viel rum. Bestimmt schrieb er mit Melike. Er steckte sein Handy an die Handyhalterung und fuhr los. „Das ist das letzte Mal, dass du so ein kurzes Kleid trägst.", kam es von ihm. Sein scheiß Ernst? „Denkst du ernsthaft, dass ich auf dich höre? Du hast mir gar nicht zu sagen, was ich anziehe! Das ist ja wohl meine Entscheidung.", sagte ich beleidigt. „Wenn mir aber Leute sagen, dass ich meine Verlobte freizügig rumlaufen lasse, damit andere Männer sie begaffen, dann habe ich sehr wohl das Recht dazu. Ich möchte einfach nicht, dass man deinen Ausschnitt oder deine Beine sehen kann." Ich zuckte mit den Schultern. „Pech gehabt. Ich ändere mich nicht für andere. Meine Eltern waren nie so streng mit mir, was meine Kleidung anging, also hast du-" „erst recht das Recht dazu, so streng mit dir zu sein. Ich will nicht, dass man meine Frau als Schlampe betitelt! Ende der Diskussion.", unterbrach er mich. Schnaubend verschränkte ich die Arme vor der Brust und schaute aus dem Fenster. „Das ist das Einzige was ich möchte bzw. von dir erwarte.", fügte er noch zu. Die Fahrt verlief ziemlich ruhig. Keiner sagte etwas. Nur die Musik vom Radio war zu hören.

Mein Handy vibrierte. Mama rief an.
„Ja?", sagte ich leise.
„Und wie läuft es?"
„Mama.. können wir nicht darüber reden, wenn ich zu Hause bin?" Ich war gerade erst seit fünf Minuten draußen.
„Dann schick mir wenigstens Bilder."
„Ja, mache ich.", sagte ich und verabschiedete mich von ihr.

„Was wollte sie?", fragte Malik. Das hat dich nicht zu interessieren. „Sie will, dass ich Ihr Bilder schicke.", antwortete ich ihm. An der roten Ampel hielten wir an. Er nahm mir mein Handy aus der Hand und ging auf die Kamera. Perplex schaute ich ihn an. Bin ich gerade im falschen Film? „Na los, worauf wartest du? Die Ampel wird gleich grün." Er hielt mein Handy etwas höher, sodass wie beide gut drauf zu sehen waren. Seine schönen hellen Zähne blitzten auf. Oha, ich sehe ihn das erste Mal lächeln. Dass ich das noch erleben darf. Meine Mundwinkel bewegten sich nur leicht nach oben, woraufhin er dann die Bilder machte. „Liebe Grüße an deine Mutter.", sagte er. Sein Lächeln verschwand und er konzentrierte sich wieder auf die Fahrt. Ohne mir die Bilder richtig anzugucken, schickte ich sie einfach meiner Mutter. Ein Klingeln unterbrach die Stille. Es war Maliks Handy. Er hatte eine Handyhalterung an der Lüftung, wo sein Handy dran war, also konnte ich sehen, wer es war. Dort stand nur ‚M'. Er lehnte jedoch den Anruf ab. War doch klar. „Geh doch ran." „Ne, ist unwichtig.", winkte er ab. Das war sowas von Melike.

Nach gefühlt drei Stunden, kamen wir im französischen Restaurant an. Es war sehr hochwertig eingerichtet. Nach seinen Worten zu meiner Kleidung, fühlte ich mich tatsächlich unwohl. Ich bemerkte einfach, wie Leute mir auf die Beine starrten. Früher war mir sowas nie wirklich bewusst, aber jetzt schämte ich mich sogar dafür. „Jetzt weißt du, hoffentlich, was ich meine.", flüsterte er mir zu. Ein kalter Schauer überkam mich. Ein Kellner kam auf uns zu, um uns die Jacken entgegenzunehmen und uns zu unseren Plätzen zu führen. „Sie sehen entzückt aus, die Dame.", sagte er, bevor er uns durch das ganze Restaurant zu unserem Tisch führte. Die Blicke der anderen Menschen, nervte mich unglaublich. Wieso habe ich dummes Stück Scheiße sowas nie vorher bemerkt? Typisch Zara! Meine Wangen fühlten sich ziemlich warm an und ich hatte das Gefühl, dass ich Schweißausbrüche bekam. Maliks Hand griff sofort nach meiner. „Mir gaffen die Leute zu viel.", hauchte er, was mich erschaudern ließ. Meine Hand, die er in seiner hielt, fühlte sich so verschwitzt an. Oh Gott. Ich muss mich dringend frisch machen. Als wir endlich saßen, atmete ich erleichternd aus. „Das nächste Mal solltest du mir vielleicht zustimmen, wenn ich dich um etwas bitte.", kam es schmunzelnd von ihm. Ich war tatsächlich den Tränen nahe. Noch ein blöder Kommentar von ihm und ich breche wirklich in Tränen aus. Ich versuchte mich zu beruhigen, während er sich die Speisekarte anschaute.

Malik sah auf und fragte: „Du magst doch sicherlich Lamm?" Daraufhin nickte ich zögernd. Er schnipste, bis ein Kellner kam, um die Bestellung aufzunehmen. „Zwei Mal Gigots de l'agneau bitte. Dazu zwei Mal einen Aperitif Rosé und als Nachtisch Crème brûlée.", zählte er auf. Der Kellner nickte und ging. „Ich trinke kein Alkohol.", sagte ich. „Ich erlaube es dir aber." „Schön. Ich will aber kein Alkohol trinken." „Stell dich nicht so an.", sagte er und tippte wieder auf seinem Handy rum. Irgendwann nehme ich sein Handy und schmeiße es in den Ozean. Ich hasste es, wenn Menschen in einem Restaurant oder einfach beim Essen mit ihrem Handy beschäftigt waren. Ich blickte mich im Restaurant um und blieb bei den Kronleuchtern hängen. Sie sahen so schön und edel aus. Dann schaute ich mir die Leute an, die hier saßen. Das waren alles hier reiche Schnösel. Mein Blick schweifte zu einem jungen Mann, der mich anstarrte. Er zwinkerte mir zu, woraufhin mir die Röte ins Gesicht schoss. Mein Blick wanderte schnell auf meine Hände. Unerhört. Ich saß hier mit meinem Verlobten und ein Anderer zwinkerte mir zu. „Ich geh mich mal frisch machen.", sagte ich leise, nahm meine Tasche und verschwand auf die Toilette. Oh Gott, wie ich glänzte. Ich puderte mein Gesicht ab, wusch mir die Hände und lief wieder zurück. Der Mann, der mir zugezwinkert hatte, war nicht da. Sein Tisch war leer. „Ich hab ihn rausschmeißen lassen, wenn es dich beruhigt." Ich schluckte und schaute auf meine Finger. Was einen großen Einfluss Malik doch hatte.

Nach einer Ewigkeit, kam dann auch schon das Essen. Es roch schon so verdammt gut. Malik legte sein Handy zur Seite. „Guten Appetit.", wünschte er mir und fing an zu essen. „Dir auch.", murmelte ich. Das erste Stück des Lamms fand meinen Mund und ich hielt inne. Es schmeckte so unglaublich gut. Ich hatte seit Langem nicht mehr so etwas verdammt Leckeres gegessen. Mir stieg der Geruch vom Alkohol in die Nase, worauf ich das Gesicht verziehen musste. „Schmeckt dir das Essen nicht?"  „Doch, doch. Aber der Alkohol.. es stinkt so unglaublich." Daraufhin schob ich das Glas weiter von mir weg. Malik fing an zu lachen. Eher mich auszulachen. „Was?", motzte ich ihn an. „Ich finde es immer wieder lustig, wie ihr Frauen auf Alkohol reagiert." „Immer wieder? Soll das bedeuten, dass du schon mit mehreren Frauen was hattest oder was?" Ich schaute ihn abwartend an, doch es kam keine Antwort von ihm. Genau in diesem Moment musterte ich ihn richtig, während er aß. Mir fielen die roten Flecke an seinem Hals auf. Das waren eindeutig Knutschflecke. Ich atmete tief ein und wieder aus. Er grinste nur vor sich rum. „Weißt du was? Mach was du willst. Leb dein Leben. Wenn wir verheiratet sind, kannst du meinetwegen so viele Mädchen ins Haus schleppen. Es juckt mich nicht. Aber das wird zeigen, dass du keine Ehre hast. Ich mache mein Ding und du machst dein Ding. Fertig!" „Was wenn ich dir sage, dass ich eine Freundin habe?", kam es provokant von ihm. „Gegenfrage. Was wenn ich dir sage, dass ich einen Freund habe?" „Schön. Freut mich für dich.", sagte er desinteressiert. Ich setzte noch einen drauf. „Und, dass ich keine Jungfrau mehr bin..". Er ließ seine Gabel fallen und atmete tief ein und ich konnte sehen, wie sich sein Kiefer anspannte. Ich spürte, wie einige uns ansahen. Mein Herz klopfte gerade wie wild. Vielleicht hätte ich das besser nicht sagen sollen. „Heirate ich etwa eine Schlampe oder was?", kam es wütend von ihm. Meine Augen weiteten sich und ich hatte das Gefühl, dass mein Herz gleich explodieren wird. Meine Sicht wurde schlechter, da meine Augen glasig wurden. Warum hatte ich das bloß gesagt? Für diesen Satz hätte ich mich geohrfeigt. „Wie kannst du überhaupt den Mut dazu haben, mir so etwas zu sagen?", fragte er wütend. „Mit deinen 19 Jahren hast du aber ein ganz schön großes Mundwerk.", sagte er. Seine Worte verletzten mich sehr. Das konnte ich mir nicht gefallen lassen. Ich wischte mir die Tränen weg und sagte mit fester Stimme: „Wenn ihr Männer keine Jungfrauen mehr seid, ist das ja gar kein Problem, aber wenn ein Mädchen keine Jungfrau mehr ist, dann ist das, das Schlimmste auf der Welt oder was?" „Ach halt die Fresse! Du solltest bei diesem Thema lieber schweigen! Und wenn meine Zukünftige ihre Ehre schon verloren hat, dann ist sie eine Schlampe für mich." „Schade, dass du keine Ironie verstehst. In deinen Augen bin ich jetzt vielleicht eine Schlampe, aber wenn du willst, bringe ich dir vom Arzt eine Bescheinigung mit, worauf steht, dass ich noch Jungfrau bin! Ich habe es nicht nötig, mit fremden Männern zu schlafen. Meinetwegen bleibe ich bis zum Tod eine Jungfrau! Du hast meine Ehre jedenfalls nicht verdient!" „Ich will deine Ehre auch nicht. Schade, dass ich dich heiraten muss!", sagte er. „Wie, muss? Ich dachte du wolltest die Heirat?" „Ich heirate doch nicht freiwillig eine 19-jährige, die ich noch nie im Leben gesehen habe.", sagt er, als wäre es offensichtlich. „Ich verstehe nicht, wieso du dich so verhältst. Man hat mir gesagt, dass du die Hochzeit willst.", fuhr er fort. Ich schüttelte nur den Kopf. Den wahren Grund wollte ich ihm nicht nennen.

Schweigend und mit schlechter Laune fuhren wir wieder zurück. Nach unserer Diskussion hatten wir beide keinen Hunger mehr, also beschlossen wir zu fahren. Als ich zu Hause war, war es schon relativ spät und die Lichter waren aus. Ich begab mich auf mein Zimmer, schminkte mich ab und machte mich bettfertig. Morgen ging es wieder zur Schule. Da ich noch nicht schlafen konnte, nahm ich mir mein Handy und schaute, was ich verpasst hatte. Meine Mutter hatte auf die Bilder geantwortet und meinte, dass es schön aussieht. Jetzt hatte ich auch die Gelegenheit mir die Bilder genauer anzuschauen. Wenn Malik lachte, war er ein anderer Mensch. Er war jedoch ein Biest. Genervt machte ich mein Handy aus. Ich konnte sein Gesicht nicht länger ertragen. In zwei Wochen fand schon die standesamtliche Trauung statt. Ahh..
Mein Handy vibrierte. Eine fremde Nummer rief mich an. Ich nahm nie Nummern an, die ich nicht kannte bzw nicht eingespeichert hatte. Ich dachte mir immer, dass es Leute sind, die mich verarschen wollen. Ich wartete, bis die Person von selbst wieder auflegte. Eine Nachricht zeigte auf.

>Geh ran! Ich bin's Malik.<

Wieder rief die Nummer an und diesmal ging ich ran. „Was ist?", fragte ich genervt. „Wir müssen morgen zu Ikea." „Wieso denn das? Ich hab dich gestern und heute schon gesehen. Das reicht doch.", sagte ich. „Denkst du, ich habe Lust darauf? Mein Vater hat mir eine unserer Immobilien überlassen. Und wir müssen es ja bis zur Hochzeit einrichten. Ich hole dich von der Schule ab, dann zeige ich dir das Haus und dann fahren wir zu Ikea." „Ja, na gut.", stimmte ich seufzend zu. Er legte einfach auf, ohne sich zu verabschieden. Okay..

Zara & Malik - Zwang oder Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt