Kapitel 5

339 31 4
                                    

Langsam öffnete ein Diener vor Yifan die Tür, und er betrat die Arena.
Laute Rufe und Schreie erwarteten den Kaiser, als er mit einem großen Gefolge eintrat. Er schaute sich um. Menschen winkten ihm glücklich zu. Manche schwenkten Tücher herum, andere hielten sich ungläubig die Hände vor dem Mund. Sein Blick schweifte weiter an die Personen, an denen er vorbeiging, und fiel auf eine Gruppe auffallend hübscher Jungen, die ebenfalls freudig zu ihm heraufblickten. Einer erregte seine Aufmerksamkeit. Dieser Junge hatte sehr lange braune Haare, die fast blond schimmerten. Er trug einen Schwert in der Scheide, die er sich um die Hüfte geschnallt hatte. Der Griff ragte raus, den der Junge fest umklammert hatte. Es war das erste mal, das Yifan so einen eigenartigen Schwertgriff sah, und er hatte schon sehr viele verschiedene Schwerter gesehen.
Doch es waren nicht nur die Haare und das Schwert, was den Jungen besonders machten. Anders als die anderen winkte er ihm nicht zu, noch zeigte sein Gesicht einen Ausdruck an Freude, sondern eher Verachtung. Und es gab nur eine Art von seinem Untertanen, die Yifan mit solchen Blicken beschenkten. Nämlich die Koreaner.

Yifan setzte sich auf seinen Platz, der sich vorne befand und von wo er eine sehr gute Sicht auf das Kampffeld hatte. Luhan hatte sich ein paar Plätze weiter mit Sehun an seiner Seite hingesetzt. Die beiden Jungs liebten diese Wettbewerbe, doch alleine ohne Freunde war es langweilig.
Wie alle vier Jahre war die Arena überfüllt. Die Zuschauer wetteten um hohe Beiträge, wer die einzelnen Gewinner sein werden. Nervöse Familien hielten sich fest die Daumen, in der Hoffnung, ihre Angehörigen würden lebendig rauskommen. In diesen Spielen benutzten die Kämpfer ihre besten Waffen, so kam es natürlich vor, das die Verlierer starben.

Tao spürte einen unangenehmen Schauer über den Rücken, als er den Blick des Kaisers auf sich spürte, als dieser mit seinem Gefolge vorbeiging. Er wandte seinen Blick ab und wandte sich der Arena zu, Wu Yifan versuchte er zu ignorieren. Es waren nur Bruchteile von Sekunden, in denen sie sich in die Augen gesehen haben, aber trotzdem wurde Tao das schlechtes Gefühl nicht los.

Es vergingen einige Minuten, bis ein Glockenschlag verkündete, dass das Event bald startete. Sofort wurde die Zuschauermenge ruhiger. Eine angespannte Stille zog sich über die Reihen. Das alte Tor zu Arena öffnete sich mit einem lauten Knarren, und zwei kräftig aussehende Männer traten heraus. In der Mitte des Feldes blieben sie stehen und stellten sich gegenüber. Der Schiedsrichter, der auf einen gut überschaubaren Podest stand, ließ ein schrilles Pfeifen ertönen. Der erste Kampf begann.

Mit leuchtenden Augen beobachtete Tao den Kampf. Die Kämpfer waren beide Profis, was den Kampf interessanter machte. Das einzige, was ihn langweilte, war der Kampfstil. Zwar benutzte Tao beim Kämpfen seine selbstausgedachten Technicken, aber trotzdem beherrschte er auch die üblichen Methoden. Tao hatte erhofft, in der Hauptstadt etwas neues zu erlernen, doch er musste sich nur entäuschen.

Nachdem die Gegner sich gegenseitig niedergemetzelt hatten, und verblutend am Boden lagen, traten zwei Sanitär raus und brachten die Kämpfer weg. Die nächsten Gegner traten raus. Die Duelle waren unterschiedlich lang, doch jedes mal interessant. Nach dem Einzelkämpfen traten Gruppen an. Diese fand Tao am faszinierendsten. Wie die Teams miteinander arbeiteten, einzelne Gegner verwirrten und reinlegten.
Tao wollte selber mit jemanden zusammen kämpfen, doch bis jetzt hatte er keinen geeigneten Partner gefunden.
Wieder ging der Kampf vorbei, und der nächste startete.

Yifan saß etwas gelangweilt auf seinen Sitz. Er wartete auf das Ende, wo die Sieger gegeneinander antraten. Gegen den Sieger der Sieger konnten Freiwillige aus dem Publikum antreten, welche aber normalerweise schnell geschlagen wurden.
Langsam nahte das Ende.
Immer wieder schaute Yifan auf die Uhr. Er wollte nach Hause, einen Spaziergang durch den Garten machen, und dann schlafen. ,,Eure Majestät. Das letzte Spiel startet gleich.", forderte sein Leibwächter ihn auf, sich zusammenzureißen und seine Konzentration der Arena zuzuwenden.
Die zwei Kämpfer schritten langsam auf das Feld. Sie ließen sich nicht aus den Augen, drohend schwangen sie ihre Waffen hin und her. Der eine Mann trug eine braune, traditionell chineschische Kampfrüstung, den Schwert professionell in der Hand haltend. Sein Gegner erschien in schwarzen Ledersachen. In der Hand hielt er einen Morgenstern. Beide Kämpfer sind durch Wendigkeit, Schnelligkeit und Treffsicherheit bekannt geworden. ,,Und Start!", rief der Schiedsrichter.
Der Schwarzgekleidete ließ seine Waffe drohend über seinen Kopf kreisen. Sein Gegner stellte sich mit seinen Schwert in Kampfposition. Das was als nächstes geschah, war sehr schnell. Die beiden flogen aufeinander zu, und als sie sie sich trennten, bluteten beide aus verschiedenen Stellen. So kämpften die beiden.
Die Wetten der Zuschauer wurden immer höher. Es schien für die Zuschauer, als würde der Kampf solange andauern, bis die zwei vor Erschöpfung und Blutmangel tot umfallen würden. Der Kämpfer mit dem Morgenstern wurden immer ungeduldiger und wütender, weil der Gegner sich nicht ergeben wollte. Das Publikum merkte jedoch davon nichts, sondern feuerten begeistert ihre Lieblinge an.
Tao legte nachdenklich sein Kopf in die Hände. Er war ein guter Beobachter. Er bemerkte auch, das der Schwertkämpfer gelassener und im Vorteil war. Der Kampf würde nicht mehr lange dauern.
Und Tao behielt recht. In einem waghalsigen Sprung streckte der Kämpfer sein Schwert aus und schnitt seinem Gegner tief in den Hals. Röchelnd fiel dieser sofort auf den Boden und fasste sich an den Hals.
Ein riesiger Applaus brauste auf. Blumen und Geld wurden auf den Gewinner geworfen, der seinen Schwert erhoben hat und stolz auf das Publikum blickte.
,,Krönung, Krönung!" Damit wurde die Siegerehrung gemeint. Der Sieger bekam einen Siegerkranz, der ihn als besten Kämpfer nach dem Kaiser betitelte.
Es dauerte eine Weile, bis die Menge sich beruhigt hatte.
Alle warteten darauf, dass der Kaiser den Kämpfer belohnt. Wu Yifan stand auf. ,,Du hast du sehr gut gekämpft.", lobte er ihn. ,,Den Titel "bester Kämpfer des Jahres" hast du dir mehr als verdient. Doch ich möchte sehen, ob sich einer traut, gegen dich anzutreten." Er wandte sich dem Publikum zu. ,,Wer traut sich, gegen diesen Mann anzutreten?" Die Menge schwieg. ,,Also niemand." Der Kaiser drehte sich um zu dem Diener, der ein Samtkissen mit dem Siegerkranz hielt. ,,Ich möchte gegen ihn kämpfen!", schallte es auf einmal durch die Arena. Der Kaiser stoppte aprupt in seinen Bewegungen. Langsam drehte er sich um.
Der sehr junge Koreaner, der ihm vorher aufgefallen war, sprang leichtfüßig vom Geländer auf das Feld und schritt in Richtung Kaiser, wo auch der Sieger stand. Dem Publikum stockte der Atem. Der Junge hatte eine dünne, zarte Statur. Sicherlich könnte er keiner Fliege was zu leide tun, geschweige mit jemanden kämpfen. Der Sieger betrachtete den Jungen entsetzt. Machte er sich etwa über ihn, den Kämpfer des Jahres, lustig? Mit leicht verletzten Stolz wandte er seinen Blick ab.
Wu Yifan war allerdings sehr geschockt. Der Junge war sehr hübsch und niedlich, wer genau hinsah, bemerkte die Muskeln, die sich unter der Kledßidung versteckten. ,,Er hat in Peking einen der besten Männer Chinas besiegt.", murmelte Namjoon, der hinter Yifan stand. Yifan nickte verstehend, biss sich aber trotzdem nervös an die Lippe.
Warum setzte der Junge sein junges Leben aufs Spiel, nur um zu versuchen, einen ausgebildeten, erwachsenen und professionellen Kämpfer zu besiegen? Zwar trug der Junge ein Schwert bei sich, aber das taten viele, auch die, die nicht damit umgehen konnten.
Der Junge sah ihm in die Augen, während er langsam näher schritt. In den Augen lag Verachtung und Hass, und das machte Yifan etwas Angst. Er ließ das aber nicht anmerken. ,,Wie alt bist du?", fragte er. Der Junge blieb stehen und deutete mit dem Kopf eine knappe Verbeugung an. ,,17.", antwortete er dann. ,,Willst du sterben?", fragte der Kaiser weiter. Der Sieger neben dem Jungen lachte leise auf. ,,Lacht mich ruhig aus.", sagte der Junge. ,,Zuletzt werde ich lachen." Wu Yifan schloss kurz die Augen. Der Junge machte ihn mehr als verrückt. ,,Dein Name.", forderte er. Der Junge zog einen Mundwinkel hoch. ,,Lee Zitao!" Den Namen hörte jeder sehr deutlich. ,,Lee Zitao." Leise ließ Yifan den Namen auf seiner Zunge zergehen. ,,Lee, Zitao." In seinem Kopf klingelten die Alarmglöckenchen, doch Yifan kam nicht drauf, was der Name an sich hatte. ,,Ha!", machte der traditionell gekleidete Kämpfer. ,,Ein junger unerfahrener Bursche wie du willst gegen mich kämpfen? Du weißt schon, dass ich dich sofort töten werde.", spottete er. Tao blickte ihn kalt an, erwiderte jedoch nichts. ,,Lee Zitao, geh zurück auf deinen Platz. Dies ist hier kein Ort zum Spielen.", befahl der Kaiser. Doch Tao rührte sich nicht. Fest blickte er dem Kaiser in die Augen. ,,Deswegen bin ich hier.", sagte er. ,,Um zu kämpfen."
Der chinesische Kämpfer zog sein Schwert hervor. ,,Ich schlage vor, wir machen es kurz.", sagte er und schritt langsam auf Tao zu. Wu Yifan stand auf. ,,Ich befehle-" Ein lautes klirrendes Geräusch, als ob ein Schwert schwungvoll aus der Scheide gezogen wurde, unterbrach den Kaiser. Tao stand in Kampfposition mit dem Schwert in der Hand seinem Gegner zugewandt, den Kaiser ignorierend.
,,Du willst es kurz? Das kannst es haben.", murmelte Tao und machte blitzschnell den ersten Stoß nach vorne. Der andere reagierte ebenso schnell, wich aus und stieß mit seinem Schwert nach Tao, der den Angriff mit seiner Waffe abwehrte, und sich dann von seinen Gegner etwas entfernte. Dies geschah alles in nur wenigen Sekunden. Das Publikum konnte den Geschehnissen nicht folgen, selbst Wu Yifan konnte mit Mühe rausschauen, was überhaupt passierte.

Taos Gegner war derjenige, der den nächsten Angriff machte. Im Zickzack lief er auf ihn zu, und als er ihn erreicht hatte, schlug er mit seinem Schwert gegen Tao. Wenn Tao nicht schnell genug ausgewichen wäre, hätte die Schwertspitze ihn von oben bis unten durchbohrt. Atemlos blieb Tao stehen und drehte sich zu seinem Gegner. Dieser blickte siegessicher zu ihm herüber. Wieder wirbelte Tao auf ihn zu. Die Schwerter klirrten laut, als sie sich überkreuzten, und hinterließen eine unangenehme Gänsehaut bei den Zuschauern, als sie einander grätschten. Ein paar leuchtende Funken flogen auf den Boden. Zurück in der Ausgangsposition blieb Tao nicht stehen, sondern setzte zum nächsten Angriff an. Der Kampf schien verflucht zu sein. Der Gegner zeigte keine Schwäche und ließ sich nicht verletzen. Tao hatte währenddessen ein paar leichte Schnittwunden.
Wieder schaffte es Tao dem gegnerischen Schwert knapp auszuweichen. Diesmal blieb er in der Ausgangsposition stehen. ,,Gibst du etwa auf?", spottete der Gegner. Tao schloss nur stumm seine Augen.
Konzentrier dich, beobachte ihn, lerne seine Taktiken kennen und bekämpfe sie, meinte Tao die Stimme seines Vaters zu hören. Langsam öffnete er seine Augen. Die Geräusche blendete er aus. Er sah nur seinen Gegner, wie er das Schwert in der Hand hielt, wie er den Mund bewegte, als würde er etwas sagen, seine Haltung.
Tao drückte den Griff seines Schwertes fester. Drohend fokussierte er seinen Gegner, sah zu, wie dieser wartete, das Tao auf ihn stürzen würde. Und dies geschah auch. Kurz bevor Tao seinen Gegner erreichte, wich er zu Seite. Der Gegner blickte verwirrt zu Tao, der jedoch zu einem weiteren Angriff setzte. So ging das ein paar mal weiter, bis Tao in circa 5 Meter Entfernung stehen blieb. Er hatte herausgefunden, wie sein Gegner kämpfte. Dieser hatte keine eigene Kampftaktik, er ließ Tao zuerst angreifen und kopierte dessen Technicken. Tao grinste siegessicher.
,,Jetzt bist dran.", murmelte er leise und setzte zum letzten Angriff an. Der Angriff war mehr als wagemutig, doch Tao hatte diesen öfter geübt. Mit einem waghalsigen Salto sprang er über seinen Gegner und blieb zwei Meter von ihm stehen und drehte sich zu diesem um. Der Gegner blickte ihn etwas verwirrt an. ,,Was sollte das?", fragte er. Tao grinste böse umd blickte auf den Hals seines Gegners. ,,Ich muss schon sagen, du warst bis jetzt der stärkste Gegner, gegen den ich jemals gekämpft habe.", sagte Tao. ,,Denkst du etwa, du könntest mich besiegen?" Der Gegner vesuchte Taos Blicken zu folgen, als ein plötzlicher Schmerz ihn auf den Boden zwang. Verzweifelt packte er sich an den Hals, wovon der Schmerz kam. Sofort strömte Blut raus, über seine Hände und tropfte auf den Boden. Der Gegner begann zu röcheln. ,,Wie?", flüsterte er schwach. Tao ging auf ihn zu und hockte sich neben ihn. ,,Mein Name ist Lee Zitao. In meinen Land wird das Kämpfen ernst genommen, und ich bin der beste Kämpfer dort. Denkst du, irgendein Chinese schafft es, mich und mein Schwert zu besiegen?" Der Gegner wurde immer blasser. ,,Aus welchen Land kommst du?", schaffte er noch leise zu fragen. ,,Korea.", flüsterte Tao und lachte leise, als er sah, wie der besiegte Gegner erschrocken seine Augen aufriss, und dann tot umfiel. Tao stand auf. Erst jetzt bemerkten die Zuschauer, dass sie einen neuen Sieger hatten. Beifall brach aus. Die Menge schrie, beglücktwünschte Tao und lobte ihn. Viele Mädchen und Jungen begannen ihn zu lieben, wegen seinen Aussehen und seinen kämpferischen Talent.
Wu Yifan stand auf. ,,Du hast bewiesen, dass du ein sehr guter Kämpfer bist.", sagte er. ,,Komm her." Tao steckte sein Schwert wieder ein und ging auf den Kaiser zu. Die "Krönung" ging glücklicherweise schnell um. Tao wollte nicht in der Nähe des Kaisers bleiben und Yifan machten Taos Blicke etwas Angst.

Wanted //Taoris//Where stories live. Discover now