Kapitel 9

316 27 7
                                    

Leise klopfte es an der Tür. Müde schaute Tao auf. Der energiereiche Junge war es nicht gewohnt, lange in einem Raum zu verbringen. Er musste raus, sich bewegen und die Vielfalt der Geräusche hören. Hier in dem Zimmer war es zu ruhig. Nach einer Weile wirkte das Zimmer klein, eng und erdrückend. Dies erschöpfte den Jungen ungemein. Er merkte, wenn er nicht seine Freiheit bekam, würde er nicht lange mithalten können.

Die Tür öffnete sich und ein Mädchen trat ein, mit einem dampfenden Teller in der Hand. Der Kleidung nach handelte es sich um ein Dienstmädchen. ,,Eure Hoheit, der Kaiser befielt euch, etwas Nahrung zu sich zu nehmen.", sagte das Mädchen mit einer tiefen Verbeugung. ,,Ich habe keinen Hunger.", entgegnete Tao. ,,Eure Hoheit, der Kaiser-" ,,Ich heiße Tao.", unterbrach Tao das Dienstmädchen harsch. Sie schluckte. ,,Bitte, esst etwas, eure Hoheit." ,,Nenn mich nicht so!" Das Mädchen zuckte erschrocken zusammen. ,,Ich muss euch so nennen.", flüsterte sie und verbeugte sich entschuldigend. Tao seufzte und rieb sich die Schläfen. Das Mädchen war nicht Schuld, dass er hier eingesperrt war und das der Kaiser ein Arschloch war. Sie tat nur das, was der Kaiser ihr befohlen hatte. ,,Tut mir leid.", murmelte Tao nach einer Weile. ,,Nenn mich bitte Tao." ,,Aber nur wenn wir alleine sind.", stimmte ihm das Mödchen zu. Tao nickte und zwang sich zu einem Lächeln. ,,Iss etwas." Das Mädchen stellte den Teller auf das Nachtschränkchen. Tao nickte gehorsam nahm die Gabel in die Hand. Das Mädchen nickte zufrieden und machte sich zum Gehen bereit. ,,Warte.", hielt Tao sie noch auf. ,,Kann ich noch deinen Namen wissen?" ,,Ich heiße Lalisa Manoban, aber die meisten nennen mich Lisa."
,,Schöner Name.", meinte Tao und zwinkerte ihr zu. Lisa errötete und verschwand aus dem Zimmer.
Tao war wieder alleine.

Es vergingen einige Stunden. Tao hatte das Zimmer gründlich untersucht. Der riesige Schrank gegenüber dem Bett war mit frischer Bettwäsche und Kleidung gefüllt. Die Zeitschriften auf dem gläsernen eleganten Tisch in der Ecke waren Ausgaben vom letzten Jahr, und der dunkelblaue Sessel in der anderen Ecke war bequemer als der dunkelrote. Die Bücher, die in dem winzigen Bücherregal waren handelten sich um Fantasybücher und Krimis, beide Genres, die Tao nicht besonders mochte. ,,Und der Kaiser hat dieses Zimmer für mich vorbereiten lassen?", fragte Tao sich selber und legte das Buch unvorsichtig wieder zurück ins Regal. ,,Der Typ hat echt keinen Geschmack." Tao schüttelte über sich selbst den Kopf. Jetzt war er schon soweit, dass er mit sich selbst sprach. Tao schaute sich noch einmal um. Dann seufzte er. Wie es wohl Suho-Hyung und den anderen ergeht?

Jemand öffnete die Tür. Es war Lisa, die Taos Teller wegräumen wollte.
,,Du hast ja nichts gegessen!", fuhr sie Tao an. ,,Was soll ich dem Kaiser sagen, wenn er mich fragt? Ich kann ihn doch nicht anlügen!" Verlegen lächelte Tao. ,,Ich mag das Essen lieber kalt.", redete er sich heraus. Lisa seufzte. ,,Bitte, iss etwas. Du hast den ganzen Tag nichts gegessen. Das ist nicht gesund." Tao nickte. ,,Ich esse nacher." ,,Das hoffe ich für dich." Lisa wedelte drohend mit dem Zeigerfinger, doch ihr Lächeln verriet, dass sie es nicht ernst meinte.
,,Ich gehe dann jetzt und komme morgen wieder.", sagte sie. Tao nickte etwas enttäuscht. Er wollte ungern wieder alleine sein. ,,Warte. Lisa, kannst du mir bitte eine Ladekabel besorgen?", fiel es Tao noch rechtzeitig ein. Lisa überlegte. Dann nickte sie. ,,Ich bringe es dir morgen. Gute Nacht." ,,Gute Nacht."

Tao stand auf dem Balkon, ans Geländer gestützt und betrachtete die untergehende Abendsonne. Weiter entfernt auf einem Feld trainierten einige Soldaten. Wie sehr wünschte sich Tao, bei ihnen zu sein und mitzumachen.
Seine Gedanken wanderten zu seinen Freunden, nach Korea, zu seinem Vater. Tief in sich versunken merkte der Junge nicht, wie die Tür sich öffnete. ,,Du hast dein Essen immer noch nicht angerührt." Tao zuckte bei dem Klang der tiefen Stimme heftig zusammen und wollte automatisch seinen Schwert zücken, doch dieses war nicht da. Er drehte sich um. Der Kaiser stand dicht hinter ihm, die Hände auf dem Rücken gefaltet und schaute hinaus. Sofort entfernte sich Tao ein paar Schritte von dem Mann. ,,Was willst du?", fragte er zischend. Wu Yifan legte legte eine Hand auf das Geländer. ,,Beruhig dich. Ich hab nicht vor, dir wehzutun.", meinte er. ,,Ich möchte dich nicht sehen." Tao sprach ruhig, doch man merkte, dass er sich stark zurückhielt, um nicht den Kaiser anzugreifen. Wu Yifan lächelte überlegen. ,,Mich interessiert es nicht, ob du mich sehen willst oder nicht.", meinte er. ,,Als Kaiser solltest du den Interessen deiner Untertanen folgen.", entgegnete Tao. ,,Das tu ich auch.", murmelte Wu Yifan leise. ,,Dann lass mich frei.", verlangte Tao. Der Kaiser holte tief Luft.
,,Neben den Interessen sorgen ich für das Wohl und für die Sicherheit meiner Untertanen. Du bist zu gefährlich da draußen.", sagte er bestimmend. ,,Du hast schon in Shanghai den stärksten Mann besiegt und außerdem eine Gruppe Menschen getötet. Macht das dich etwa nicht gefährlich?" ,,Es waren selber Mörder umd Vergewaltiger.", antwortete Tao. ,,Mord ist Mord, Zitao.", sagte der Kaiser.
Tao atmete tief ein und aus. ,,Warum bin ich hier? Wenn du mich tötem wolltest, hättest du es schon lange getan. Was willst du von mir?"

Yifan drehte sich zu Tao. Der Junge war nicht nur stark und gut im Kämpfen, er war dazu noch klug, und das gefiel dem Kaiser. ,,Du hast Recht.", sagte er. ,,Dich zu töten hatte ich nie vor. Ich möchte etwas Besonderes aus dir machen." Tao schaute zu ihm auf. Yifan merkte, wie sich Unruhe und Besorgnis in den Augen des Jungen wiederspiegelte.

,,Ich möchte dich zu meiner Kaiserin machen.", ließ Wu Yifan die Bombe platzen.
Die kurze Stile, die danach folgte, war zum Zerreißen gespannt.
Und dann fing Tao an zu lachen. ,,Guter Witz.", meinte er, während er sich einige Lachtränen aus den Augen wischte. ,,Das ist kein Witz, Zitao.", sagte der Kaiser. ,,In fünf Monaten wirst du Achtzehn. An deinem Geburtstag findet die Hochzeit und die Krönung statt." Mir diesen Worten drehte sich der Kaiser um und ging aus dem Zimmer.

Nachden die Tür ins Schloss gefalen war und die Geräusche des abschließenden Schlüssels verklungen waren, fiel Tao auf den Boden und brach in Tränen aus.

Wanted //Taoris//Where stories live. Discover now