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ᴍᴀɪ

Haeras Sicht.

ES sind verdammt viele Tage, seit dem Vorfall mit den Raben vergangen und egal wie oft ich daran denke und egal, wie viele Tage vergehen— mich übermannt immer und immer wieder eine unangenehme Gänsehaut, welche erst nach zu vielen Sekunden vergeht.

Ich atme leise aus und stoße die Türe zur Firma von Taehyungs Familie auf. Es ist vormittags, weshalb hier viel los ist. Menschen mit Anzügen gehen an mir vorbei— viele, die nicht am telefonieren sind oder es eilig haben, verbeugen sich kurz vor mir und gehen weiter. Ich setze ein mildes Lächeln auf und begrüße fast jeden, der oder die an mir vorbeigeht und mich begrüßt.



,,Haera", ich halte sofort inne, als jemand unerwartet meinen Namen sagt. Ich neige meinen Kopf zur Seite und drehe mich langsam zu der Person, welche gerade soeben meinen Namen gesagt hat.

,,Jihyun", das Überraschte in meiner Stimme verberge ich leider zu spät und ich räuspere mich sofort.
Sie arbeitet doch noch hier, weshalb es mich wirklich nicht überraschen sollte, aber das tut es trotzdem, da ich nicht in diesem Moment mit ihr gerechnet hätte.

,,Ich muss leider los, da ich noch etwas erledigen mu—", sage ich und habe vor meine Hand zum Abschied zu heben, um sie aber dann wieder sinken zu lassen, als mein Gegenüber mich unerwartet unterbricht.

,,Ich werde kündigen, Haera", entgegnet Jihyun mit viel zu ruhiger Stimme und ich ziehe verwirrt meine Augenbrauen zusammen.

,,Warum?", frage ich sie. Sie hebt zuerst ihre Augenbraue und lächelt danach etwas.

,,Das fragst du noch?", kommt es von ihr. Die Frage kommt keineswegs verächtlich rüber, sondern neutral— vielleicht fast schon amüsant.

,,Ich schätze, einen Neuanfang zu wagen, wäre gut für mich", erklärt sie und hebt dabei einen Umschlag hoch, worauf in ordentlicher Schrift Kündigung steht.

,,Dann..wünsche ich dir viel Glück, Jihyun und wenn du etwas hast, kannst du immer wieder hier hin kommen", sage ich ehrlich und Jihyun nickt langsam. Die Dankbarkeit spiegelt sich in ihren dunklen Augen wieder.

,,Ich danke dir Haera, wirklich", sagt Jihyun und streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht. Sie weicht meinem Blick kurz aus und blickt dann leise ausatmend wieder zu mir.

,,Wir sollten dann mal wirklich los, oder?", fragt sie mich leicht lächelnd und ich nicke sofort.

Sie winkt mir noch zu und dreht sich dann mit dem Rücken zu mir, mit dem Vorwand ihre Kündigung abzugeben. Ich tue es ihr gleich und mache mich auf dem Weg zu den Aufzügen. Ich drücke auf den Knopf und warte auf den Ton, ehe sich die Türen öffnen.

Leise summend trete ich ein und lehne mich mit dem Rücken gegen den kühlen Spiegel. Ich wende mich zu den Knöpfen, mit den jeweiligen Zahlen der Etagen und drücke auf eine Nummer.

Es dauert nicht lange, bis ich die jeweilige Etage erreicht habe und zu meinem Büro gehe. Auch wenn die Firma zu Taehyung gehört— beziehungsweise seiner Familie, haben sie für mich dennoch ein Büro einrichten lassen.

Ich hole meinen Schlüssel aus meiner Jackentasche und öffne somit die schlichte Holztüre, welche ich sofort hinter mir schließe, als ich den Raum betreten habe. Mit schnellen Schritten gehe ich um meinen Tisch und lasse mich mit einem leisen Seufzer auf meinen Stuhl nieder.

Ich habe vor, meinen dicken Ordner aufzuschlagen, als jemand an meiner Türe klopft. ,,Herein", gebe ich klar und deutlich von mir.

Der Kopf einer Mitarbeiterin ragt hinter der Türe hervor, welche zuvor geöffnet worden ist. Ein kleines Lächeln schmückt ihre bemalten Lippen, ehe sie anfängt zu reden.

,,Entschuldigung für die Störung Mrs. Kim, aber hier ist eine Person, welche Sie dringend sprechen möchte", erklärt sie und hebe meine Hand, um zu signalisieren, dass die Person rein kommen kann.

,,Okay, ich werde die Person holen", kommt es sofort von ihr und sie schließt die Türe. Ich schlage derweil mein Ordner auf und gehe mir viel zu viele aktuellen Daten durch, welche ich mit älteren Daten vergleiche.



Klick.

Ich schaue sofort auf und sehe, wie die Türe nach kurzem Klopfen, geöffnet wird.

,,Lange nicht mehr gesehen, Haera", die Lippenwinkel der Person zucken einwenig, als meine Augen sich weiten. Die Türe schließt sich langsam und ich setze mich aus Reflex gerader hin.

,,Was..tust du hier?", frage ich nicht gerade freundlich.

,,Nach dir sehen, was denn sonst?", ein noch breiteres Lächeln umspielt die Lippen der Person, und ehe ich mich versehe, sitzt die Person genau vor mir.


,,Verschwinde", sage ich knapp.



,,Du hasst mich ja wirklich, verdammt", gespielte Fassungslosigkeit ist rauszuhören und ich verdrehe meine Augen.

,,Wenn du so weiter machst, hole ich einen Sicherheitsbeamten", sage ich ernst, aber mein Gegenüber lacht nur amüsiert.

,,Das zeigt ja wieder, wie machtlos du bist", alsdiese Worte mich erreichen, atme ich tief ein.

,,Wag es nicht", bringe ich gedämpft hervor.

,,Wie auch immer", die Person gegenüber von mir streicht die pechschwarzen Haare hinter ihre Ohren und schaut erhobenen Blickes zu mir.

,,Ich wollte nochmal normal mit dir reden, aber dein Hass auf mich ist immer noch präsent, das ist schade, Haera", sagt sie und schürzt dabei kurz ihre vollen Lippen.

,,Was erwartest du von mir, Hyejeong? Du warst diejenige, die—"

,,Okay, okay! Ich wollte deine Erinnerungen nicht wieder hervorheben, sondern mit dir über das Jetzt und Hier reden", kommt es mit unüberhörbaren Nachdruck zurück.

,,Vielleicht hätte ich es doch lassen sollen", entgegnet sie und steht auf.

,,Melde dich bei mir, wenn du die Vergangenheit vergessen hast. Move on", fügt sie hinzu und verschwindet.

Ich starre verbissen zur Türe und schüttele dann nur meinen Kopf.

Ich sollte ihr nicht hinterher rennen.

I shouldn't run after my past.


____

:)❤️

HIS | k.th✔︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt