3. Kapitel

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Grayson

Im Dunkeln tastete ich nach der Türklinke. Es war so duster, dass ich nicht einmal meine Hände vor den Augen sehen konnte, aber schließlich fand ich die Klinke und balancierte die Kiste mit den Trikots auf den Armen, hielt mein Handy in der einen Hand und versuchte mit der anderen, die Tür zu öffnen. Diese war aber deutlich schwerer als erwartet, denn sie ließ sich kein Stück bewegen. Bei meinen Bemühungen rutschte mir beinahe mein Handy aus der Hand und ich fluchte.

"Verdammt!" Nur knapp schaffte ich es, das Smartphone zu packen, bevor es auf den Boden fallen konnte.

Ich hörte Schritte näher kommen, und dann ging hinter mir eine Tür auf. Ich drehte mich um und blinzelte in das Licht, das aus einem Nebenraum hineinströmte.

Erst als sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, erkannte ich die Silhouette eines schlanken, dunkelhäutigen Mädchens in Sportklamotten, das eine Flasche in der Hand hielt und mich anstarrte.

"Was war das denn?", sagte sie in einem Was zur Hölle -Tonfall.

Sie war ziemlich hübsch, wurde mir bewusst. Wahrscheinlich um die siebzehn, so wie ich. Wilde schulterlange Locken umgaben ihr Gesicht, einige davon klebten verschwitzt auf ihrer Stirn. Wahrscheinlich hatte sie gerade trainiert.

Sie stemmte die Hände in die Hüften.
"Kannst du auch reden, Trikot-Junge?"

Ich hatte sie zu lange angestarrt und spürte, wie ich rot wurde. Meine Eltern würden mich für so ein unmögliches Benehmen lynchen. Erst fluchte ich laut und dann glotzte ich ein wildfremdes Mädchen stumm an. Reiß dich zusammen, Grayson.

"Entschuldigung für meine Unhöflichkeit", sagte ich. "Das laute Geräusch kam von der Tür, weil sie ins Schloss gefallen ist."

Das Mädchen drehte sich mit einem genervten Laut zur Seite und schien die Wand abzutasten. Im nächsten Moment ging über unseren Köpfen eine nackte Glühbirne an. Plötzlich war der ganze Raum von Licht durchflutet. Ich blinzelte und musterte den kahlen grauen Raum voller Regale und Trainingsgeräte, während sie weiterredete.

"Die Tür ist zur Sicherung der Geräte und Vorräte hier unten nur mit einem Schlüssel zu öffnen, wenn sie erst mal zu ist, und mein Schlüssel -"

Sie drehte sich wieder zu mir um und verstummte abrupt. Ihr entglitten die Gesichtszüge.

"Was?"

Sie starrte mich an. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht lesen - war das Wut, Scham, Hass oder Schuld auf ihrem Gesicht?

"Was denn?"

Sie blinzelte, und ihr Gesichtsausdruck veränderte sich wieder. Sie musste mich mit jemandem verwechselt haben, denn ich konnte mich nicht erinnern, je mit ihr geredet zu haben. Vielleicht ging sie ja auf meine Schule?

"Grayson Alexander Willims", sagte sie langsam und deutete auf die Kiste mit den Trikots auf meinen Armen. Ihre Stimme klang plötzlich ziemlich abweisend. "Ich nehme an, das sind Willims Trikots?"

"Äh - ja", sagte ich, überrumpelt von dem plötzlichen Stimmungswechsel. Und woher kannte sie meinen zweiten Vornamen?

"Soll ich sie irgendwo abstellen...?"

Die Kiste war mittlerweile so schwer auf meinen Armen, dass ich sie kaum noch halten konnte.

Sie deutete stumm auf eins der Regale, das die eine Wand einnahm.

"Kennen wir uns irgendwoher?", fragte ich, während ich die Kiste mit einigen Anstrengungen in eins der Regale schob. Meine Arme schmerzten, als ich sie endlich untergebracht hatte. Ich musste wohl öfter ins Fitnessstudio meiner Eltern gehen.

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