21. Kapitel

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Grayson

Amber stieß ein frustriertes Geräusch aus. „Meine Güte, Grayson. Denkst du, deine Gedanken machen das irgendwie besser? Hör auf zu denken und konzentrier dich aufs Boxen."

Ich sagte nichts. Meine Gedanken hörten nicht auf, um das zu kreisen, was Amber mir erzählt hatte. Kein Wunder, dass sie so ablehnend war und niemanden an sich heranließ. Ich erinnerte mich an die Art, wie sie mich angefahren hatte, als sie dachte, ich hätte ihre Narben gesehen. Wie ein Tier, das man in die Ecke getrieben hatte – und das doch die Kampflust nicht aufgegeben hatte. Ob sie so ihrer Mutter gegenüberstand, wenn die sie angriff? Und ihr kleiner Bruder – ob sie ihn wohl vor ihr beschützte? Sicher. Deshalb war sie wohl ständig so versessen gewesen, aus dem Keller zu kommen – um zu verhindern, dass er alleine mit seiner Mutter war. Oh Gott – das arme Kind war jetzt völlig ausgeliefert. Und noch gestern Abend hatte ich mich selbst bemitleidet, dass ich kein Bett zum Schlafen hatte und Amber so gemein sei. Fast schämte ich mich.

Wer wusste wohl noch von den Narben und wie sie entstanden waren? Ihr Exfreund auf jeden Fall nicht, dachte ich mit Genugtuung. Und alle Exfreunde vor ihm – die es sicher gegeben hatte – vermutlich auch nicht. Amber war einfach kein sehr vertrauensvoller Men-

Schmerzen explodierten unvermittelt in meinem Bauch und ich stolperte mit einem Schmerzenslaut einige Schritte zurück. Amber stand mit erhobenen Fäusten vor mir. „Hörst du mir jetzt mal endlich zu?"

Ich machte einen empörten Laut, während ich mir meinen schmerzenden Magen hielt. Verdammt, tat das weh. „Du Arschloch – aua..."

Ambers goldene Augen blitzten amüsiert auf. „Grayson Alexander Willims. Hör die diese Sprache an. Nicht zu fassen."

„Ja", brachte ich hervor und krümmte mich immer noch. „Das ist dein schlechter Einfluss – Verdammt, wie kannst du bitte so fest schlagen?"

Sie grinste. „Das war gar nichts. Außerdem habe ich nur auf deinen Magen gezielt. Sei froh, dass ich nicht zum Beispiel dein Gesicht genommen habe."

Oh mein Gott.

„Weißt du was, ich habe mich umentschieden. Ich will doch nicht Boxen lernen."

„Hör auf, rumzuheulen", sagte Amber ungerührt. „Und nimm wieder die Stellung ein. Los jetzt."

„Ich hab sie vergessen."

Amber verdrehte ihre Augen. „Meine Güte, du bist so ein Problemschüler."

Ich wollte gerade eine freche Antwort geben, aber im nächsten Moment stand Amber neben mir und ich vergaß einen Moment, wie man atmet. Sie war viel zu nah. Viel. Zu. Nah.

„So schwer ist das doch wirklich nicht", sagte Amber. Ihr Atem streifte meinen Hals, als sie meine Haltung korrigierte. Ich war viel zu verspannt.

„Entspann dich mal", sagte sie, als hätte sie meine Gedanken gehört. Ich schluckte und senkte meine Schultern.

Sie nahm meine Hände – die Berührung fühlte sich an wie ein Stromschlag – und bog meine Arme so, dass ich die richtige Haltung einnahm. Währenddessen hörte sie nicht auf, auf mich einzureden – „Rechts ist deine starke Seite, also ist deine rechte Faust vorne, und die linke ist nach hinten versetzt und weiter oben, um das Gesicht zu schützen – Regel Nummer eins: Lass keinen Teil von dir ungeschützt sein, und ganz besonders nicht das Gesicht, oder du bist ganz schnell raus – "

Ich verstand kein Wort von dem, was sie sagte, aber ich versuchte, ruhig zu atmen und zu nicken, als könnte ich ihr zuhören, während ihre Hände auf meinen Fäusten lagen und sie sie bewegte, um einen Schlag zu imitieren. Vermutlich waren ihre Erklärungen interessant (und wichtig, wenn ich mich nicht blamieren wollte), aber ich konnte mich nicht konzentrieren, wenn sie direkt hier stand, mit ihrem klaren leuchtend goldenem Blick, der offensichtlichen Leidenschaft auf ihrem Gesicht und der Art, wie sie beim Erklären gestikulierte, nur um ihre Finger wieder auf meine Hände zu legen. Ich spürte jede Stelle, an der wir uns berührten, als würden ihre Finger meine Haut verbrennen.

STUCKWhere stories live. Discover now