10. Kapitel

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Grayson

Boxergirl lehnte sich mit verschränkten Armen an den Snack-Schrank und musterte mich abwartend. Amber, erinnerte ich mich in Gedanken. Der Name passte zu ihr mit ihrer karamellbraunen Haut und den schönen goldenen Augen, aber für mich würde sie wohl Boxergirl bleiben.

Als ich nichts sagte, hob sie ihre geschwungenen Augenbrauen. Sie war wirklich ziemlich hübsch. Das hatte ich ganz vergessen, seitdem wir entweder in unterschiedlichen Räumen waren oder unsere Zeit damit verbrachten, uns anzumotzen.

"Jaaa...?", sagte sie betont. "Du wolltest etwas über mich loswerden? Oder hast du das in den vierzig Sekunden seit deiner Aussage schon wieder vergessen, du Trottel?"

Sie war zwar hübsch, aber auch ein richtiges Biest.

"Wieso hasst du mich eigentlich so?", platzte es aus mir heraus. "Hast du ein persönliches Problem mit mir oder hasst du allgemein jeden Menschen, der reicher ist als du?"

Sie verzog irritiert das Gesicht. "Keine Sorge, Bonzensöhnchen, du kriegst von mir keine Sonderbehandlung, nur weil deine Eltern reicher als Oprah sind. Du nimmst dich da selbst viel zu wichtig, glaub mir."

"Also hasst du einfach alle Menschen?", fasste ich zusammen. "Und meine Eltern sind nicht reicher als Oprah."

Sie machte den Mund auf - zweifelslos, um zurückzupfeffern -, aber ich unterbrach sie einfach. Mir egal, wie unhöflich das war. Ich hatte keine Lust mehr, mich von ihr beleidigen zu lassen.

"Siehst du, genau das meine ich. Kann ja sein, dass du mich nicht speziell hasst, aber wir werden hier noch länger festsitzen und ich habe kein Interesse daran, in dieser Zeit dein privater Boxsack zu sein. Also sei nett zu mir oder lass mich in Ruhe."

Sie schwieg überraschenderweise, statt sich wieder zu beschweren. Andererseits stimmte sie auch nicht zu.

"Ansonsten kann ich auch in einem Raum gehen und du in den anderen", sagte ich. "Aber ich hab keine Lust mehr auf diese ständigen Streitereien."

Amber schwieg immer noch, und dann stieß sie sich mit der Hüfte vom Snack-Schrank ab. Sie stand plötzlich ziemlich nahe vor mir und es war mir deutlich bewusst.

"Sehr erwachsen von dir", sagte sie, allerdings ohne Gift in ihrer Stimme. Sie war hochgewachsen, bemerkte ich unpassenderweise. Die meisten Menschen waren deutlich kleiner als ich, aber sie war kaum einen halben Kopf kleiner. "Mit dieser vernünftigen Einstellung wirst du sicher einmal ein toller Firmenleiter von Willims."

"Apropos", sagte ich. "Wenn wir nett zueinander sein wollen, machst du keine blöden Kommentare über meine Eltern mehr."

"Wer hat gesagt, dass ich nett zu dir sein will?", sagte sie herausfordernd und sah mir direkt in die Augen. "Oder auf deinen Kompromiss eingehen?"

Also nicht. Na gut, ich hatte es versucht.

"Dann lass mich wenigstens in Ruhe", sagte ich und zuckte die Achseln, bevor ich mich wegdrehte. Ich würde nicht mit ihr in einem Raum bleiben, wenn sie in dieser Stimmung war.

Plötzlich war ihre Hand auf meinem Arm. Ich drehte mich um und versuchte zu ignorieren, wie intensiv sich die Berührung ihrer Finger sich auf meiner Haut anfühlte.

"Beruhig dich", sagte sie. "Das war ein Witz, Idio-... Grayson."

Ich sah sie stumm an. Ihre Hand fiel zu ihrer Seite.

"Also - Waffenstillstand oder nicht?", wollte sie wissen und klang fast verlegen.

Überrascht erwiderte ich ihren festen Blick.

STUCKWhere stories live. Discover now