8. Kapitel

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Grayson

Sie hatte mich bemerkt.

Ich spürte, wir mir das Blut ins Gesicht schoss, als sie mich anstarrte.

Verdammt. Wieso erwischte sie mich immer dabei, wie ich sie anstarrte?

Sie presste die Lippen zusammen und verschränkte die Arme wie ein Schutzschild vor ihrem Körper.

"Wie lange hast du mir schon zugeschaut?", wollte sie wissen und funkelte mich an. Ihr Körper war angespannt, die Schultern hochgezogen.

War sie - verlegen?

Ich musterte sie genauer. Ihre Finger tippten in einem schnellen, nervösen Rhythmus auf ihre Unterarme, ihre Augenbrauen waren finster zusammengezogen und ihr Blick fixierte mich voller Abneigung, aber lag dahinter nicht eine gewisse Unsicherheit?

Und da wurde mir klar: sie schämte sich. Ich hatte sie in einem privaten Moment erwischt, in dem sie mich nicht dabeihaben wollte.

Wie konnte ich mich jetzt erklären? Es schien normalerweise keinen Weg zu geben, sie nicht gegen mich aufzubringen, und sie blickte mich jetzt schon böse an.

"Es tut mir leid, ich -", setzte ich mit schlechtem Gewissen an und achtete darauf, ihr in die Augen zu sehen, um ihr zu zeigen, dass ich es auch ernst meinte. Doch sie unterbrach mich.

"Das fasse ich jetzt nicht. Kriegst du es denn nicht einmal hin, nicht zu glotzen, du Spanner?"

Ich machte ein kurzes, ungläubiges Geräusch, während heiße Wut in mir aufstieg. Jetzt war ich also ein Spanner?

Und ich hatte gedacht, wir könnten endlich normal reden, ohne uns gegenseitig in Stücke zu reißen.

Tja, anscheinend war das unmöglich für sie.

Aber bitte, ich konnte auch gerne zurückmotzen.

Meine Stimme war ätzend, als ich erwiderte: "Als ob ich dich freiwillig beobachten würde! Ich bin ja froh genug, wenn ich aus diesem Keller rauskomme und dein beschissenes Gesicht nie wiedersehen muss! Du bist mit Abstand das gemeinste, schrecklichste Mädchen, das ich je gesehen habe, und wenn ich dich nie wiedersehe, ist das immer noch zu früh! Du kannst doch nicht glauben -"

Sie unterbrach mich. Jetzt war sie richtig zornig, ihre Augen glühten, die Fäuste waren geballt, und im Kellerlicht konnte ich erkennen, dass ihre Wangen unter der braunen Haut rot angelaufen waren. Sie sah aus wie ein Drache, der gleich unkontrolliert Feuer spucken würde.

Und das tat sie dann auch.

"Halt die Klappe! Halt doch einfach die Klappe, du beschissener... du - GAYSON!"

Es fühlte sich an, als hätte sie mich in den Magen geboxt. Mit einem Schlag war all meine Wut verschwunden.

"Was hast du gesagt?" Die Worte kamen als Flüstern heraus.

Erinnerungen stiegen in mir auf und ich schob sie so weit weg, wie ich nur konnte.
Ich wollte es nicht noch einmal erleben. Ich wollte es nur vergessen. Alles. Diese ganze beschissene Nacht, die mich in den letzten Monaten überallhin verfolgt hatte.

Aber selbst hierhin?

Mir wurde übel.

Ohne ein weiteres Wort verließ ich den Geräteraum und schloss die Tür hinter mir, ohne mir die Mühe zu machen, sie leise zu schließen. Ich hatte genug. Sie hatte mich zuvor schon beleidigt, provoziert und angeschrien, aber jetzt war sie zu weit gegangen.

Und sie wusste es.

Sie schwieg im Nebenraum, aber selbst so konnte ich ihr schlechtes Gewissen beinahe durch die Wand zwischen uns sickern spüren. Wie lange, bis sie sich entschuldigte? Ehrlich gesagt war es mir egal.

STUCKWhere stories live. Discover now