9. Kapitel

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Amber

„Gute Nacht, Grayson", antwortete ich dem Jungen auf der anderen Seite der Tür mit einer leisen Stimme. Vor lauter Müdigkeit gähnte ich leise in mich hinein und legte mich auf den Boden. Er war kalt und rau, aber ich konnte mich vor Erschöpfung nicht mehr dazu aufraffen, mir eine Yogamatte als Unterlage zu holen, so erschöpft war ich.

Wie ein Baby rollte ich mich zusammen, zog meine Knie an und legte meinen Kopf auf meinen Händen ab.

Ich hatte versagt.

Das, was ich vorhin zu Grayson gesagt hatte, war so falsch gewesen und ich hätte diese Beleidigung nie in den Mund nehmen dürfen, sowohl aus dem Grund, dass Grayson jetzt weiß, dass ich über den Skandal als auch über seine sexuelle Orientierung Bescheid wusste, aber vor allem deshalb, weil ihn dieses Wort so fertig gemacht haben muss. Wieso hätte ich nicht einfach „Idiot", „Arschloch" oder eine andere Beleidigung benutzen können? Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr schämte ich mich über das, was ich gesagt hatte.

Ich hatte mir noch nie so sehr darüber Gedanken gemacht, was dieser ganze GAYSON-Skandal für Grayson zur Folge hatte. Es musste schrecklich sein für ihn. Er hat ja mittlerweile niemanden mehr außer seinen perfekten und überfürsorglichen Eltern und seiner Freundin Mia, wurde von allen anderen hängen gelassen. Einfach so, vom einen auf den anderen Tag. Das muss ein extrem beschissenes Gefühl gewesen sein. Was hatte ich nur angerichtet!?
Mittlerweile war es bestimmt schon nach Mitternacht, aber genau konnte ich es nicht sagen, da das Licht im Keller künstlich war und es keine Fenster gab.

Auf einmal hörte ich ein lautes Brummen. Es brauchte ein weiteres Geräusch und eine kurze Weile, bis ich realisierte, dass das Grummeln aus meinem Magen kam. Ich hatte Hunger.

Jedoch war ich ja noch immer im Geräteraum und Grayson hatte den Vorratskeller, in dem es immerhin ein paar Snacks gab, für sich beansprucht. Aber es half nichts, ich hatte wirklich Hunger und musste dringend etwas essen.

Langsam richtete ich mich wieder auf und klopfte vorsichtig ich an der Tür. „Grayson?", fragte ich vorsichtig. Es kam keine Antwort. Ich wartete. Entweder er schlief wirklich oder er wollte nicht mit mir reden oder er dachte darüber nach, was er tun sollte.

„Amber?", fragte er in einem noch immer angespannten, aber etwas passiveren Ton als vorhin zurück. Vor Erleichterung über seine Reaktion stieß ich ein Seufzen aus. „Ähm, ich wollte fragen...ich wollte fragen, ob du auch Hunger hast...? Ich nämlich schon, aber das einzige Essen, das uns zur Verfügung steht, ist bei dir im Vorratskeller, und ich könnte echt was vertragen und du vielleicht auch, und deshalb wollte ich fragen, ob es möglich sei-" Ich wurde aus meinem Wörterfluss unterbrochen, da sich vor mir ein kleiner Spalt in der Tür öffnete und mir Grayson mit seinen grauen Augen entgegenblickte. Er zögerte einen Moment, bis er mir schließlich mit einer Kopfbewegung deutete, dass ich eintreten durfte. Erleichtert atmete ich aus und stand auf. Der Junge öffnete mir die Tür und ich trat ein. Mit gezielten Schritten ging ich auf den kleinen Schrank zu, in dem sich einige Snacks befanden, und öffnete ihn. Vor mir befanden sich Kleinigkeiten wie Kitkats, Cracker, eine Tüte Minimuffins, zwei Tüten Chips, Oreo bites und kleine Salzbrezeln. Wie wir davon satt werden wollten - im schlimmsten Fall für ein ganzes Wochenende -, war mir schleierhaft. Auch Grayson musterte unseren Essensvorrat und sah mir dabei so über die Schultern, dass ich seinen Atem spüren konnte. Ich bekam eine Gänsehaut. „Und was jetzt?", fragte ich ihn.

„Das ist alles?", fragte er mich entsetzt. „Und damit sollen wir hier auskommen? Das schaffen wir nie!" „Tja, nicht jeder hat immer so viel zu Essen zuhause wie du vielleicht. Erst schauen wir mal, ob noch irgendwas Nützliches im Kühlschrank ist, dann sehen wir weiter", antwortete ich und steuerte auf den Kühlschrank zu. Fehlanzeige. Außer zwei vergammelten Bananen waren nur zwei kaltgestellte Wasserflaschen zu finden. „Okay, Getränke sollten wir genug haben, da hinten stehen die Getränkekisten, nur das Essen wird knapp. Ich würde einfach mal alles aus dem Schrank holen und so aufteilen, dass es für das ganze Wochenende reicht, mal angenommen, dass dieser Scott nicht kommt", fasste ich die Situation zusammen. „Dann mal los", antwortete er.

Etwa 20 Minuten später hatten wir alle unsere Vorräte fertig sortiert. Wir hatten das Essen auf kleinen Tellern sorgfältig zu kleinen Häufchen aufgetürmt, von denen jeder für eine Hauptmahlzeit stand. Insgesamt waren es 6, also Frühstück, Mittagessen und Abendessen für Samstag und Sonntag.

Die Kitkats hatten wir auf Samstagabend, Sonntagmittag und Sonntagabend verteilt, von den Crackern kamen 6 und von den Minimuffins 2 auf jeden Teller und von den Oreos ebenfalls. Die Salzbrezeln und die Chips legten wir an den Rand, falls wir es zwischendurch gar nicht aushielten und etwas essen mussten. Zufrieden ging ich einen Stück zurück, stemmte die Arme in die Hüften und begutachtete unser Werk. Ich sah zu Grayson hinüber, der jedoch nicht ganz so begeistert mit dem Ergebnis war wie ich und skeptisch auf das Essen blickte.

„Was ist?", fragte ich ihn. Er seufzte. „Ich weiß nicht. Das ist doch bei weitem nicht genug, um satt zu werden, das reicht doch noch nicht mal für EINE Mahlzeit, wie sollen wir da ein ganzes Wochenende überleben? Das ist nichts! Außerdem fällt mir gerade auf, dass wir für jetzt gar nichts beiseitegelegt haben", meckerte er. Mit dem letzten Punkt hatte er allerdings Recht.

Kurzentschlossen griff ich nach den zwei Minimuffins, die wir für den Sonntagabend aufgehoben hatten, und drückte einen davon Grayson in die Hand, der diesen innerhalb weniger Sekunden komplett verspeist hatte. Auch ich aß schnell meinen Muffin. Er war zwar furztrocken, aber immerhin war es etwas zu Essen und sollte für die zwei Tage ausreichen. Hoffentlich waren wir einfach schon bis Sonntagabend weg von hier. Ich schluckte den letzten Bissen herunter und fing an mit meiner Standpauke: „Jetzt hör mir mal gut zu: Nicht jeder hat immer so viel Essen zur Verfügung wie du in deinem Haushalt. Es tut mir schrecklich leid, wenn diese Mahlzeiten hier nicht deinen Ansprüchen entsprechen, aber wir können nichts ändern, verstanden? Wir sind hier eingesperrt, haben keine Wahl verflucht noch mal. Und wenn dir das nicht passt, dann okay. Wir können es nicht ändern. Vielleicht tut dir diese Zeit mal ganz gut, damit du endlich mal deine Ansprüche etwas herunterschraubst", zischte ich mit zugebissenen Zähnen hervor. Er blickte mir mit seinen kalten, grauen Augen entgegen. Einen kurzen Moment dachte ich, er würde wieder sauer aus dem Zimmer rennen, aber dieses Mal war dies zum Glück nicht der Fall. Stattdessen blickte er zu Boden, stützte sich mit beiden Händen auf dem Kühlschrank ab und antwortet mit einem leisen, bedrückten „Okay". Schließlich fügte er hinzu: „Ich muss jetzt aber auch mal etwas über dich loswerden"

Jetzt war ich aber gespannt.

Hey, wir sind's mal wieder. Uns würde einmal interessieren, wen ihr von den beiden Charakteren mehr mögt und mit wem ihr euch besser identifizieren könnt. Seid ihr eher #TeamGrayson oder #TeamAmber?

Wir freuen uns immer über konstruktive Kritik oder Anregungen!

ShamrockAndClover

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Die Widmung geht in diesem Kapitel an Flamingo1478 weil sie eine einzigartige und super Freundin, genauso sportlich wie Amber und ein toller Fan ist!


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