First Cut is the deepest

2.1K 226 53
                                    

Nervös stehe ich vor dem Spiegel und überprüfe zum fünften Mal mein Aussehen. Ich trage eine enge blaue Jeans, an die ich mehrere silberne Ketten gehangen habe, dazu ein weißes Hemd, an dem ich einige Knöpfe offen gelassen habe und schwarze Lederboots. Mein Haar habe ich wie gewohnt hochgegelt, meine Augen dezent geschminkt und auch meine schwarzen Fingernägel habe ich ordentlich nachlackiert. Um den Hals trage ich eine schlichte silberne Kette mit einem kleinen Kreuz daran. Gerade lege ich noch ein paar Spritzer von meinen Lieblingsduft auf, als ich die Türklingel höre. Zufrieden grinse ich, denn genau so habe ich es geplant. Dieser Alexander Lightwood wird unten im Wohnzimmer warten und ich habe meinen großen Auftritt, wenn ich die Treppe herunter komme.

Oben bleibe ich kurz stehen und höre wie Cat mit ihm redet. Gespannt warte ich auf den Moment, wo ich seine Stimme das erste Mal höre. Und als ich ihn sagen höre "Danke, ich nehme ein Wasser." übertrifft es alle meine Erwartungen. Seine Stimme klingt angenehm tief und männlich. Ich räuspere mich kurz und gehe langsam die Treppe herunter. Auf der Hälfte der Strecke kann ich seine Beine sehen. Sie sind athletisch und stecken in einer schwarzen Jeans und einfachen schwarzen Sneakers. Seine Beine gefallen mir und ich verliere die Konzentration. Ich verfehle eine Stufe und trete ins Leere. Bevor ich reagieren kann, komme ich ins straucheln und falle die restlichen Stufen herunter. Auf dem Absatz komme ich unsanft mit dem Hinterteil auf und stöhne.

Plötzlich treten die schönen Beine in mein Sichtfeld und eine Hand mit langen und schlanken Fingern schiebt sich vor mein Gesicht. "Alles in Ordnung?" fragt mich die Stimme von eben und langsam sehe ich hoch. Ich schaue in sein Gesicht und verliere mich sofort vollkommen in seinen Augen. Sie sind nicht wie angenommen schlicht braun, sondern haben noch einige grüne Flecken darin und sehen mich gerade besorgt an. Er streckt mir seine Hand entgegen und will mir damit signalisieren, das er mir helfen will aufzustehen, aber ich bin bewegungsunfähig und starre ihn nur an.

"Magnus, was machst du denn für Sachen?" Mein Kopf fährt herum und starrt nun Cat an, die mit einem Glas Wasser in der Tür steht und mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansieht. Langsam kommt mein Gehirn wieder zum Einsatz und ich realisiere, dass Alexander noch immer dort steht und mir helfen will. Ich ergreife seine Finger und mich durchfährt ein Stromstoß. Er zieht mich hoch und ich komme vor ihm zum Stehen. Er scheint es auch gemerkt zu haben, denn er zieht seine Hand sofort zurück, als ich wieder auf den Beinen bin und schaut verwundert auf seine Finger.

"Danke" murmel ich. "Hast du dir weh getan?" fragt er mich und wieder nehmen mich seine Augen gefangen. "Es geht schon." antworte ich und deute ihm an, sich wieder zu setzen. Ich nehme ihm gegenüber Platz und merke, dass ich mir mein Steißbein ordentlich gestoßen habe und reibe unauffällig darüber. Cat hat uns die ganze Zeit beobachtet und stellt nun das Glas vor ihm ab, zwinkert mir zu und geht aus dem Raum. Zögerlich wende ich mich ihm zu und räuspere mich. "Ich bin übrigens Magnus." sage ich nun wieder mit einer festen Stimme. "Das dachte ich mir." sagt er und grinst mich an. Ich merke wie meine Wangen sich verfärben und innerlich verfluche ich mich dafür, denn das passiert mir sonst nie und ich strotze nur so vor Selbstbewusstsein. Dieser Mann bringt mich durcheinander und das gefällt mir ganz und gar nicht.

"Also Alexander, wo genau liegt dein Problem." frage ich betont lässig, um die Situation zu überspielen und wieder grinst er. Dann scheint er sich daran zu erinnern, warum er hier ist und seine Miene verfinstert sich. "Es gibt da diese Frau. Wir studieren zusammen, manchmal reden wir kurz, aber ich weiß einfach nicht, wie ich mich überwinden soll, sie einzuladen." Jetzt ist es an mir zu grinsen. "Naja in der Regel fragt man einfach." Er sieht mich böse an und ich hebe entschuldigend die Hände. "Ja ja schon klar, wenn es so einfach wäre, wärst du nicht hier." sage ich freundlicher. "Ok, fangen wir von vorne an. Als Erstes brauche ich eine Beschreibung ihres Äußeren, Hobbys, Vorlieben, eben alles was du über sie weißt." Ich greife nach meinem Notizblock und einem Stift, bereit alles zu notieren, was er weiß.

"Sie heißt Clarissa Fairchild, wird aber nur Clary genannt. Sie ist 18 Jahre alt und studiert wie ich Literatur. Allerdings hat sie das nur als Nebenfach und ihr Hauptfach ist die zeitgenössische Kunst. Sie hat langes rotes Haar." Eifrig schreibe ich mit und sehe hoch, als er plötzlich schweigt. Dann begreife ich und mir klappt der Mund auf. "Ist das alles?" frage ich erstaunt und er nickt. "Wie ist es mit ihrer Augenfarbe?" frage ich weiter und zücke erneut den Stift. Wieder schweigt er und ich bin fassungslos. "Du weißt nicht, welche Augenfarbe sie hat?" Er zuckt mit den Schultern. "Vielleicht grün?" rät er. Ich bin völlig irritiert. "Was hat sie an sich, dass du dich nicht auf ihre Augen konzentrieren kannst? Riesen Brüste?" platzt es aus mir heraus und jetzt wird er rot. "Nein, ich weiß nicht." stammelt er und ich starre ihn an.

Ich begreife, dass er es tatsächlich ernst meint und versuche mich zu sammeln. "Ok, verstehe. Das scheint nicht so einfach zu werden." Ich kaue etwas ratlos auf meinem Stift herum und denke nach, bis mir eine Idee kommt. "Alexander, wo kann ich sie sehen?" Er legt den Kopf auf die Seite. "Na ich würde sagen in der Uni. Und nenn mich bitte Alec, ja? Niemand sagt Alexander, außer ich habe etwas ausgefressen, dann nennt meine Mutter mich beim vollen Namen." Ich muss lächeln. "Ich bin eben etwas anders als andere und ich finde Alexander wesentlich schöner als Alec."

Der Name lässt sich auch besser stöhnen, schießt es mir durch den Kopf und ich muss mich beeilen etwas zu sagen, bevor meine Gedanken sich selbständig machen. "Naja, ich kann schlecht an einer Vorlesung teilnehmen." Seine Zungenspitze kommt hervor und befeuchtet seine Lippen. Fasziniert sehe ich ihm dabei zu und bekomme fast den nächsten Satz nicht mit. "Warum denn nicht? Niemand kontrolliert die Anwesenden und einer mehr fällt nicht auf." Ich denke kurz nach. "Ok, dann komme ich morgen zur Uni. Wieviel Uhr?" Er überlegt kurz. "Die erste Vorlesung beginnt um neun Uhr. Treffen wir uns auf dem Campus ja?" Ich nicke und gebe ihm noch meine Handynummer, falls etwas sein sollte. Er tippt sie schnell ein und lässt einmal bei mir klingen, damit ich seine auch habe. Dann bringe ich ihn zur Tür. Dort dreht er sich noch einmal zu mir um. "Bis morgen Magnus." Ich lege ihm eine Hand auf den Arm. "Bis morgen Alexander und mach dir keine Sorgen. Wir bekommen das schon hin."

Malec - Save the DateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt