Ankommen

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Immer tiefer sank das Flugzeug, bis schließlich die Räder den Boden berührten und hart gebremst wurde. Mit voller Wucht knallte mein Kopf gegen den Vordersitz. Ich war fast eingeschlafen. Nachdem ich einen empörten Blick von dem alten Mann vor mir geerntet hatte, sah ich meine Mutter, die rot angelaufen war. ,,Mit dir kann man nirgendwo hingehen, ohne dass du uns blamierst" , sagte sie. Mein Vater schüttelte nur peinlich berührt den Kopf. Das war so klar. Meine Eltern waren ziemlich bedeutende Geschäftsleute, die mich bei jedem noch so kleinen Zwischenfall als kindisch einstuften. Aber was war denn bitte falsch daran, wenn man müde war? Meine Eltern konnte man einfach nicht verstehen.

Koffer um Koffer fuhr an mir vorbei. Wieso kam meine Tasche eigentlich immer zum Schluss? Es schien ewig zu dauern, bis ich das leuchtend gelbe Bändchen an meiner Reisetasche entdeckte. Ich gähnte noch einmal herzhaft und griff dann danach. ,,Kommst du?" , fragte meine Mutter ungeduldig und stapfte dann, ohne eine Antwort abzuwarten, Richtung Ausgang. Mir blieb nichts anderes übrig als hinterherzuhasten.

,,Alana! Willkommen, mein Schatz!" Oma schloss mich in eine feste Umarmung auf ihre ganz eigene Oma-Art. Wie ich sie vermisst hatte! Weil wir in Berlin lebten und sie in Irland, sah ich sie nur sehr selten. ,,Wie gehts dir?" , fragte sie nun. ,,Was...? Oh, gut." Ich erwachte aus meinem Sekundenschlaf. Oma schien zum Glück Verständnis für meine Müdigkeit zu haben, denn sie führte uns sofort danach zu ihrem alten Jeep. Papa verstaute das Gepäck im Kofferraum, während ich schon mal auf der Rückbank Platz nahm. Mama setzte sich auf den Beifahrersitz. Oma war trotz ihres Alters immer noch in der Lage Auto zu fahren, weshalb Papa sich nicht mit dem Linksverkehr quälen musste. Stattdessen setzte er sich neben mich.

Kaum jemand sprach während der Fahrt ein Wort. Ich verbrachte die Zeit damit, aus dem Fenster zu schauen und den Regen, der gegen die Scheibe prasselte, zu beobachten. Irgendwann rief ich mir in Erinnerung, wie komisch es wohl aussehen musste, wenn ein sechzehnjähriges Mädchen aus dem Fenster stierte, als wäre es auf einem anderen Planeten. Also hörte ich damit auf und lehnte meinen Kopf an. Sekunden später war ich eingeschlafen.

Jemand tippte mich an. Dann wurde ich leicht geschüttelt. Ich hätte so gern noch viel länger geschlafen. Aber wer auch immer mich weckte, derjenige ließ sich nicht abschütteln. Schließlich gab ich nach und öffnete die Augen. Oma grinste triumphierend. Ich lächelte zurück und quälte mich aus dem Auto. ,,Ich hab deine Tasche schon reingetragen. Wir wollten dich so lange wie möglich schlafen lassen." , sagte sie. Ich gab einen Laut von mir, der so viel wie, ,,Echt nett von dir" , bedeutete und schlurfte neben Oma her ins Haus. ,,Wo dein Zimmer ist, weißt du noch, oder? Bettwäsche findest du im Schrank" , redete sie weiter auf mich ein, während ich schon automatisch die Wendeltreppe hochstieg. Am liebsten hätte ich mich aufs Bett geschmissen und wäre eingeschlafen, aber ich hörte die Bettwäsche praktisch schon nach mir schreien. Außerdem hatte ich Hunger und wollte das Abendessen nicht versäumen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit (die sich bei einem Blick auf die Uhr als eine Viertelstunde herausstellte), war das Bett bezogen und ich lag auf dem Boden und war zu faul, um aufzustehen.

Ich lag noch lange so da, bis jemand nach mir rief. Essen. Nur deshalb schaffte ich es, aufzustehen, ansonsten wäre ich wohl noch ewig lange dort liegen geblieben.

Nach dem Essen fühlte ich mich zwar etwas wacher, das änderte aber trotzdem nichts an meiner allgemeinen Müdigkeit. Ich stolperte ins Bad, putzte meine Zähne und zog meine Schlafsachen an. Danach gab es nur noch eins: Schlaf. Ich ging in mein Zimmer, legte mich ins Bett und war schon eingeschlafen.

The hidden worldWhere stories live. Discover now