Die Krönung

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Die letzten zwei Tage waren sehr stressig gewesen. Bei den Vorbereitungen für die Krönung mussten wir alle kräftig mit anpacken. Aber es lohnte sich. Als wir fertig waren, sah das Schloss aus, wie der Himmel auf Erden.
Mama wurde in die Garderobe gebracht. Schließlich wurde sie heute Königin. Da musste man ja schön aussehen, zumindest bei der Krönung. Papa trug einen blauen Anzug, um den so eine goldene Schärpe gebunden war. Auch ich hatte ein Kleid bekommen. Es war rot und war, bis auf ein paar kleine Musterungen an den Schultern, ziemlich schlicht. Meine Haare waren offen und etwas gelockt.
In meinem Bauch kribbelte es vor Aufregung. Jedes Kindergartenkind hat sich damals gewünscht, Prinzessin zu werden. Nun, mir wurde der Wunsch erfüllt, wenn auch viel später. Aber meine damalige Vorstellung von einer Prinzessin war wohl sehr märchenhaft. Man kann ganz schöne Kleider anziehen, auf kleinen Ponys reiten und auf einem Ball das Tanzbein schwingen.
In Wahrheit war es dann doch ein bisschen anders. Man musste das Schminken und Frisurenmachen über sich ergehen lassen, ob es einem am Ende gefiel oder nicht.

Um 11 Uhr fanden sich alle eingeladenen Gäste in der Kirche ein. Es kam mir alles ein bisschen wie eine Hochzeit vor. Aber es gab doch einige Unterschiede.
Mama hatte ein knöchellanges, grünes Kleid an, das mich wegen seinen goldenen Verzierungen leicht an das Kleid erinnerte, das ich damals bei Audra anhatte. Bloß war mein Kleid damals noch lange nicht so edel gewesen. Zusammen mit Papa ging sie auf den Altar zu. Dort stand ein Priester. Kaum standen meine Eltern vorne, begann er mit seiner Rede.
Die Hälfte verstand ich gar nicht, weil es auf Elfisch, so nannte ich die Elfensprache, war. Ich glaubte, auch ein bisschen Latein zu erkennen. Aber weil ich in Latein eine echte Niete war, verstand ich das dann auch nicht. Aber dann sprach der Priester wieder auf Deutsch.
Mama und Papa mussten einen Schwur ablegen, dann knieten sie hin. Ich hielt die Luft an. Ein kleiner Mann kam zu dem Priester. In der Hand hielt er ein samtenes Kissen, auf dem zwei kleine Kronen lagen. Erst nahm der Priester eine Krone und setzte sie auf Papas Kopf, dann kam Mamas Krone.
Meine Eltern standen wieder auf. Der Priester murmelte irgendetwas Unverständliches und salbte Öl auf Papas und Mamas Stirn. Dann bekam Papa einen Zepter und einen Reichsapfel in die Hand. Er drehte sich den Gästen zu, holte tief Luft und sagte mit lauter und deutlicher Stimme: ,,Auf Frieden und Recht!"
Jeder, der in der Kirche stand, wiederholte diese Worte. Ich, etwas verwirrt, setzte erst später ein.

Und dann ging alles ganz schnell.
Mama griff nach Papas Arm, um sich festzuhalten. Sie war kreidebleich. Ich stürzte aus der Reihe und rannte nach vorn. ,,Mama!", schrie ich ängstlich, dann wendete ich mich an den Pfarrer, ,,Sie braucht ... einen Arzt!", kreischte ich.
Mama klammerte sich an mir fest. Sie atmete sehr schnell und flach. ,,Es wird alles gut! Es... wird... alles ... gut", versuchte ich sie zu beruhigen, doch innerlich tobte ich vor Verzweiflung.
Ein paar Gäste waren nach vorne gekommen, um zu sehen, was los war. Die Leute umringten mich und Mama, was ich extrem störend fand. ,,Mama", jammerte ich. Sie versuchte, sich gerade hinzustellen.

Und dann kippte sie um.

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