Mitternacht

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Es war stockfinster. Nur mein Atem war zu hören. Langsam schlich durch den Wald, bis ich auf eine Lichtung stieß, die im hellen Mondlicht lag. Genau richtig also. Rasch suchte ich zwölf dicke Stöcke zusammen. Mein Magen rumorte voller Aufregung. Aber irgendwie hatte ich auch Angst. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was passierte, wenn etwas schiefging.

Als ich schließlich alle Stöcke kreisförmig um mich herum gelegt hatte, zitterte ich. Es muss klappen. Langsam schloss ich meine Augen und legte meine Hände in die richtige Position. Feuer, dachte ich, Feuer, FEUER. Und tatsächlich: In meiner Hand bewegte sich etwas. Ich kniete mich neben das erste Stück Holz und ließ die winzige Flamme herübergleiten. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich hatte zumindest die erste Fackel angezündet. Aber jetzt kamen ja noch elf andere.

In der nächsten halben Stunde schwitzte ich, und bangte, dass mir die Kraft ausgehen würde. Nach jeder Fackel, die brannte, brauchte ich eine kurze Pause. Schließlich hatte ich noch nie so viel Elfenmagie auf einmal eingesetzt. Nur noch drei, dachte ich und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Mein Gewand klebte an mir und meine Hände waren dreckig und schweißnass. Ich nahm mir vor, zu Hause sofort zu duschen und nie wieder dieses Gewand anzuziehen.

Endlich brannte auch die zwölfte Fackel. Mein Herz raste vor Aufregung, als ich genau in die Mitte des Kreises trat. ,,Lig dom dul abhaile!", rief ich. Auf einmal bildete sich Nebel um mich herum. Ich rief die Worte immer und immer wieder. ,,Lig dom dul abhaile!", flüsterte ich schwach, zum siebten Mal.

Dann schrie ich. Mir wurde der Boden unter den Füßen weggerissen. Ich wurde in den Nebel, der immer dichter wurde, hereingezogen. Es war, als hätte ich die Grenze der Schwerkraft übertreten. Panisch kniff ich die Augen zu. Ich spürte einen Wirbel um mich herum. Mal wurde ich nach links, mal nach rechts geschleudert. Dadurch wurde mir furchtbar übel. Warum immer ich? Ich hatte das Gefühl, ich würde jede Sekunde in tausend Teile gerissen werden. Aber das war doch unmöglich! Doch dann kam ein Schlag, der mich so hart nach oben riss, dass ich das Bewusstsein verlor.

In einem Wald kam ich wieder zu mir. Mein Kopf schmerzte fürchterlich. Wenn ich aufgestanden wäre, wäre ich vermutlich wieder ohnmächtig geworden. Also blieb ich noch eine Weile so liegen. Ich konnte und mochte nicht über das Geschehene nachdenken. Ich wollte nur schlafen. Aber so hilflos hätte mich doch jeder Wolf als willkommenes Mittagessen gesehen. Also richtete ich mich ganz langsam auf und betrachtete meine Umgebung. Wald. Aber etwas war anders. Das war nicht der Wald, in dem ich das Ritual ausgeführt hatte. Das war doch... der Wald... in der Nähe von Omas Haus! Ja, und wenn ich mich nicht täuschte, kannte ich meinen Standort! Mein Herz machte einen Hüpfer. Rasch stand ich auf und klopfte mir den Dreck von meinem Kleid ab. Dann packte ich meine Tasche und lief zielstrebig in die richtige Richtung.

The hidden worldWhere stories live. Discover now