Die Hochzeit

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Ich sank zu Boden. Ich würde meine Familie nie wieder sehen, weil ich heiraten sollte. Ein Gefühl von Leere breitete sich in mir aus. Wieso ich? Ich war sechzehn. Was, wenn der Kronprinz ein arroganter Schnösel war? Was, wenn ich wie ein Accesoire gehalten werden würde? Wenn ich nicht über mein Leben bestimmen durfte? Ich war entsetzt. Meine Zukunft hatte ich mir auf jeden Fall anders vorgestellt. Aber es half ja nichts. Mit diesen schrecklichen Gedanken ging ich schließlich ins Bett.

,,Aufstehen! Los!", rief jemand und zog mir meine Decke weg. ,,Steh auf! Heute ist die Hochzeit!", meckerte die Person weiter. Sofort bekam ich schlechte Laune. Ich hatte gehofft, noch zwei oder drei Wochen Zeit für mich zu haben. Aber die ließ man mir offenbar nicht. Also stieg ich aus dem Bett, und blickte ein Dienstmädchen finster an. Wenn sie mich wenigstens freundlich geweckt hätte!

Schon zerrte sie mich ins Ankleidezimmer, in dessen Mitte ein riesiges Kleid stand. Ich schluckte schwer. Ich wollte das nicht. Wieso wurde bloß nie nach meiner Meinung gefragt?

Nachdem ich das Kleid gezwängt worden war, kamen zwei weitere Elfen in den Raum. Sie schleiften mich zu einem Schminkspiegel, und begannen, meine Haare zu kämmen. Danach machten sie mir eine komplizierte Hochsteckfrisur und ein aufwändiges Make-up. Ich hätte mich am Liebsten mit Händen und Füßen gewehrt, aber das Kleid war so sperrig, sodass ich mich nicht bewegen konnte.

,,Fertig. Komm mit", sagte eine der Elfen und ging mit mir durch Tausende von Gängen. Mit jeder Ecke, die wir passierten, bekam ich mehr Angst. Schließlich erreichten wir eine schwere Holztür. Ein Mann, der offensichtlich der König war, wartete auf mich. Wahrscheinlich sollte er mich zum Altar führen. Die Frau, die mich hergebracht hatte, nickte mir noch zu, und öffnete dann die Tür. In meinem Hals bildete sich ein Kloß und ich musste die Tränen zurückhalten. Ich wollte diesen wildfremden Typen, der schon vorne am Altar stand, nicht heiraten. Noch dazu hasste ich die Blicke tausender Leute auf mir. Der König griff nach meinem Arm und ging los. Ich stolperte hinterher, unfähig, irgendetwas zu tun. Kaum war ich vorn angekommen, begann der Pfarrer mit seiner Rede. Ich nahm das alles wie durch einen Schleier wahr. Mein schlimmster Alptraum war wahr geworden.

,,Willst du, Lillian, die Auserwählte, Dougal, den zukünftigen König, zum Mann nehmen?"

Warte, was? Lillian? Das war nicht mein Name! ,,Antworte!", zischte mir der Typ, Dougal, zu. Aber ich hatte ganz andere Pläne. ,,Einen Moment! Da liegt ein Irrtum vor!", brüllte ich, drehte mich zu Egan, der neben dem König stand um, und blickte ihn finster an. Wenn Blicke töten könnten...

,,Ich heiße überhaupt nicht Lillian!", schrie ich, ,,Aber niemand von euch hat sich die Mühe gemacht, mich nach meinem Namen zu fragen! Mein Name ist Alana! Habt ihr verstanden?! Und ich will mich nicht länger herumkommandieren lassen! Es reicht! Spielt das hier ohne mich, ich gehe!" Mit diesen Worte machte ich auf dem Absatz kehrt und stürzte auf den Ausgang zu. ,,Haltet sie auf!", brüllte jemand. Ich rannte noch schneller, aber es hatte keinen Zweck. Zwei Elfen packten mich hart an den Armen. ,,Was machen wir mit ihr?", riefen die Typen. ,,In den Kerker mit ihr!", plärrte Egan, und ich wurde brutal weggezerrt.

Ein paar Minuten später fand ich mich in einem Verlies wieder. Meine Haare waren zerzaust, meine Schminke hatte ich am Kleid, welches an manchen Stellen ausgeleiert und eingerissen war, abgewischt. Jetzt ging es mir wesentlich besser, beim Gedanken daran, dass ich gar nicht die Auserwählte war.

The hidden worldWhere stories live. Discover now