Der Fehler

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Der Wald lichtete sich. Ich war stundenlang gelaufen. Jetzt sah ich die Umrisse einer kleinen Hütte. Ich wusste genau, was das für eine Hütte war. Eine Welle der Erleichterung überkam mich und automatisch ging ich schneller. Doch dann hielt ich inne. Es war bestimmt extrem früh. Was, wenn alle noch schliefen? Vielleicht dachten sie, ich wäre weggelaufen und waren sauer auf mich?

Leise drückte ich die Tür auf. Wobei, es sollte leise sein, es war aber wohl vielmehr ein Quietschen. ,,Oma?", flüsterte ich. Wie erwartet bekam ich keine Antwort. Also schlich ich mich erstmal in die Küche, um mir etwas zu Essen zu holen, von meiner langen Reise war ich wahnsinnig hungrig.

Gerade verputzte ich meine vierte Schale Müsli, als ich Schritte aus dem Flur hörte. Sie kamen näher und näher. Und dann stand Oma in der Tür. Ihre Augen waren geweitet und sie sagte keinen Ton. Und dann, ganz plötzlich, ging sie, so schnell es eben als alte Frau ging, hinaus und ich ahnte, wohin. Ich sollte Recht behalten. Zwei Minuten später hatte sie Mama und Papa bei sich. Mama hatte die Hände vor den Mund geschlagen. Ihre Augen waren mit Tränen gefüllt. Papa machte einen Gesichtsausdruck, den ich nicht ganz deuten konnte, und Oma hatte ein geheimnisvolles Lächeln auf den Lippen. ,,Mein kleines Mädchen", flüsterte sie und ich bekam auf einmal einen dicken Kloß im Hals. Was hatten sie sich für Sorgen gemacht! Und plötzlich, wie aus dem Nichts, schluchzte Mama laut auf und stürzte sich auf mich. Papa und Oma auch.

Und dann passierte es.

Nebel bildete sich um uns herum. Mama, die es wohl noch nicht bemerkt hatte, schluchzte immer noch bitterlich und hielt mich fest umklammert. Dann kam ein Windstoß, der uns auseinanderriss. Ich schrie, weil ich diesen Windstoß zu gut kannte. Aber wo würde er uns diesmal hinbringen? ,,Mama", schrie ich, ,,Pass auf!" Aber es war zu spät. Mama wurde ruckartig nach hinten gerissen. Sie verlor ihr Bewusstsein. ,,Neeein!", brüllte Papa und wollte sich zu ihr kämpfen, aber der Wirbel war zu stark. Er konnte sich nicht bewegen. ,,Passt auf!", schrie ich, um die Aufmerksamkeit zu gewinnen, ,,Ich weiß nicht, was das ist, aber es ist mir schon einmal passiert. Bewegt euch nicht! Versucht nicht, euch zu wehren, sonst wird es schlimmer!" Sofort hielten Oma und Papa in ihren Bewegungen inne und starrten mich an. ,,Erklär ich euch später", sagte ich. Dann kam der Ruck und wir fielen.

Ich hatte noch nie solchen Schmerz gefühlt. Meine Schulter hing so komisch runter. Als ich mich umblickte, sah ich meine Eltern und Oma neben mir. Papa war dicht über Mama gebeugt und fühlte ihren Puls. Als er meinen Blick sah, sagte er ,,Mach dir keine Sorgen. Sie lebt noch. Aber sie ist schwach." Ich nickte und sah zu Oma, die jetzt aufrecht saß. Zu meiner Erleichterung schien es ihr recht gut zu gehen. Sie tippte meinen Vater an und deutete auf meine Schulter. ,,Oh ja", sagte dieser und kam zu mir. ,,Hör zu mein Schatz. Deine Schulter ist ausgerenkt. Aber das kriegen wir wieder hin." Er bedeutete mir, mich hinzulegen, dann streckte er meinen Arm zur Seite. ,,Das tut nur kurz weh", sagte Papa. Doch das beruhigte mich nicht im Geringsten.

Dann knackte es und meine Schulter schmerzte höllisch. Doch bevor ich anfangen konnte, zu schreien, hörte es auf. ,,Danke", sagte ich, ,,was machen wir jetzt?" ,,Ich schätze, wir warten, bis deine Mutter wieder zu sich kommt und schauen uns dann mal um"

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