Der erste Tag

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Ich wurde vom Geräusch prasselnden Regens geweckt. Verschlafen blinzelte ich unter meiner Decke hervor. Es war sicher total früh. Mein Wecker bestätigte meinen Verdacht: 6.26 Uhr. Ich nahm mir vor, noch mal einzuschlafen. Aber wie sich herausstellte, ging das bei dem Lärm, den der Regen verursachte nicht. Schließlich schälte ich mich aus dem Bett und schlurfte in die Küche. Dort machte ich mir Müsli. Normalerweise esse ich zwar Brötchen, aber Omas selbstgemachtes Müsli sollte man sich einfach nicht entgehen lassen, denn sonst hat man im Leben echt was verpasst. Der einzige Nachteil daran ist, dass man dann ungewollt viel zu viel isst. Nach einer riesigen Portion kam ich mir richtig schlecht vor. Aber eigentlich hilft das dann auch nichts mehr, denn was passiert ist, ist nun mal passiert.

Ich brachte meine Schüssel in den Geschirrspüler und ging dann ins Wohnzimmer. Vielleicht kam ja etwas Brauchbares im Fernsehen.

Nachdem ich gefühlt tausend Sender durchgeschaltet hatte, fand ich eine irische Comedyshow, die ich kurz entschlossen laufen ließ. Es war irgendwie echt sinnlos, das zu schauen, da ich eh kaum etwas verstand, aber immerhin besser, als untätig am Küchentisch zu sitzen. Verträumt blickte ich durchs Zimmer, bis mein Blick an etwas hängen blieb. Es war... Zu meinem Erstaunen war es ein Buch, das meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ohne zu wissen, warum ich das tat, stand ich auf und ging zum Couchtisch, auf dem das Buch lag. Ich nahm es in die Hand und sah es mir genauer an. Es hatte einen roten Ledereinband und in verschnörkelten Buchstaben stand der Titel da:

Die Legende der Waldelfen

Waldelfen? Typisch Oma! Sie kauft allen möglichen Kram, der über etwas informiert, das sowieso nicht existiert. Das war eine Seite an ihr, die ich vermutlich nie verstehen würde. Aber trotzdem zog das Buch immer wieder meinen Blick auf sich. Wieso? Kurz entschlossen klappte ich die erste Seite auf.

Waldelfen sind der Legende nach sehr scheue Lebewesen, die sich nur sehr selten zeigen. Manch einer behauptet, dass sie sehr klein sind und in Vogelhäusern leben, ein Anderer sagt, dass sie größer als Menschen sind.

Ich las nicht weiter. Das war so absurd! Ich würde wohl eher Nessie als Haustier halten, als dass Elfen existierten.

,,Alana, schon wach?"

Ich fuhr herum. Vor mir stand Oma in Morgenmantel und Pantoffeln. Jetzt fragte sie: ,,Willst du Tee?" Ich nickte und folgte ihr in die Küche, wo sie sich am Wasserkocher zu schaffen machte. 5 Minuten später saßen wir am Tisch, mit je einer Tasse dampfenden Tees vor uns. ,,Jetzt sag mal, was hast du da eben in deine Hosentasche gesteckt?" Ich schluckte, zog schuldbewusst das kleine Buch aus meiner Tasche und legte es zwischen uns. ,,Ah", sagte Oma, ,,Die Legende der Waldelfen. Interessierst du dich dafür?" Ich schüttelte den Kopf, aber Oma redete einfach weiter. ,,Es soll ein geheimes Portal geben, das in die Elfenwelt führt. Außerdem wird erzählt, dass...", Ich hörte ihr irgendwann nicht mehr zu. Aber das schien sie gar nicht mitzubekommen. Sie erzählte von Portalen, Königen und Prinzen, als wäre es eine gute Erinnerung.

,,Na Rosi, erzählst du wieder Märchen?", grinste Papa, als er in die Küche spaziert kam. ,,Ich erzähle doch keine Märchen!", verteidigte sich Oma, lachte dann aber auch. Während die beiden so dasaßen und erzählten, stand ich auf und machte mich daran, Frühstück zuzubereiten. Ich fand das ganze Gerede darüber, was wahr und was nicht wahr ist, irgendwie unnötig. Es kann schließlich jeder glauben, was er will. Und ich habe meine Oma auch mit ihren kleinen (und großen) Macken ganz doll lieb.

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