Das Baumhaus

31 8 0
                                    

,,Komm schon! Du schaffst das", ermutigte mich Audra, aber ich hatte trotzdem keine Ahnung, wie ich meine Flügel erscheinen lassen konnte. Vielleicht war ich ja gar keine Elfe?! ,,Ich kann das halt nicht!", meckerte ich. Seit einer halben Stunde übte ich schon, zu fliegen, aber es wollte einfach nicht klappen. ,,Okay. Dann laufen wir.", sagte Audra und marschierte direkt los. Entnervt stampfte ich ihr nach. Wie schaffte sie es nur, so geduldig zu sein?

Wir liefen die ganze Nacht lang durch den Wald und suchten schließlich eine Höhle zum Übernachten. Ich fing an zu frieren und da überraschte Audra mich abermals mit ihrer Elfenmagie. Sie entfachte mit ihren Händen einen Feuerball, den sie auf das gesammelte Feuerholz umleitete. Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. ,,Leg dich schlafen, ich pass schon auf.", flüsterte sie und ich vertraute ihr und legte mich auf den Boden. Mein Umhang gab eine hervorragende Decke ab, weshalb ich nicht sonderlich fror. ,,Gute Nacht", sagte Audra und nahm Pulver aus einem Beutel. Dieses Pulver streute sie mir über die Augen. Ich fragte mich, was das wohl war, aber irgendwie interessierte mich das nicht mehr sonderlich.

,,Aufstehen!" Ich wurde heftig geschüttelt. ,,Wir wollen doch heute noch ankommen, oder?", rief Audra. Ich zwang mich, mich aufzusetzen und blickte verschlafen in ihr Gesicht. ,,Ich komme ja schon.", gähnte ich und stand auf.

Nachdem ich ein paar Waldbeeren verdrückt hatte, machten wir uns auf den Weg. Keiner sagte etwas. Audra hatte ein kleines Buch aus ihrer Tasche geholt und las im Gehen.

Gegen Mittag kamen wir auf eine Waldlichtung. ,,Wir sind da", sagte Audra erleichtert, ,,Komm, ab ins Haus."

Als ich sie fragte, wo es denn war, kicherte sie und deutete nach oben. Mir stockte der Atem. Hoch oben in einem Baum befand sich ein Holzhaus. Es hatte ein Blätterdach und sogar einen kleinen Balkon. Auf den Fensterbrettern standen Blumenkästen, in denen die seltsamsten Pflanzen wuchsen. Audra räusperte sich: ,,Da du ja noch nicht fliegen kannst, muss ich dir helfen." Sie schloss die Augen und entfaltete ihre silbernen Flügel. ,,Warte hier auf mich", ordnete sie an und stieß sich danach fest vom Boden ab. Sie konnte echt schnell fliegen. Wie ein Blitz schoss sie auf das Baumhaus zu und verschwand kurz hinter der Holztür. Ich hoffte, dass sie sich beeilen würde, weil ich mir in diesem riesigen Wald ziemlich verloren vorkam. Aber ich musste nicht lange warten. Ich entdeckte Audra vor der Tür. Sie hielt etwas in der Hand. Plötzlich ließ sie es fallen und ich erkannte, dass es eine Strickleiter war.

Mir wurde ganz flau im Magen. Strickleitern waren nicht so mein Ding. Für meinen Geschmack schwankten sie viel zu doll und außerdem war das Baumhaus ziemlich weit oben. Audra flog auf meine Höhe herab und machte mir Mut, aber ich zitterte schon. Ich wusste, eine andere Möglichkeit gab es nicht, also bestieg ich mit weichen Knien die erste Sprosse. Langsam, aber sicher arbeitete ich mich die Strickleiter hoch. Nur nicht nach unten schauen! Zum Glück flog Audra direkt neben mir und passte auf, das ich nicht abstürzte.

Nach Ewigkeiten hatte ich die Tür des Hauses erreicht. Erleichtert, wieder festen Boden unter meinen Füßen zu haben, sah ich mich um. Audras Zuhause bestand aus einem Zimmer, das sehr gemütlich eingerichtet war. Ein Holztisch nahm die Mitte des Raumes ein und in einer Ecke stand ein kleines Bett. An den Wänden waren Bilder, Regale und Schränke angebracht. Es war wunderschön. ,,Willkommen in deinem neuen Zuhause", sagte Audra.

The hidden worldWhere stories live. Discover now