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Amber

Montag war ein beschissener Tag.
Das konnte man nicht leugnen.
Doch dieser Montag war noch beschissener als normale Montage.

Es war im Gegensatz zu den anderen Tagen viel zu kalt, ich hatte nur zwei Stunden geschlafen, ich hatte meine Lieblingstasse geschrotet, ich sah aus wie ein Zombie, Kenneth nervte und mein Handy hat einen Wasserschaden erlitten.

Toller Montag.

Ich dachte, meine Laune könnte nicht noch tiefer sinken, aber als ich Tanja und Janine bei Melli und Felix sah, änderte sich das.

Mein Bruder, mit dem ich gefahren war, weil ich anders als sonst keinerlei Lust auf's Laufen hatte, schaute die anderen überrascht an.
Ich dagegen behielt meinen Ihr-könnt-mich-alle-mal-Blick bei.

Es sah aus der Ferne so aus, als ob die vier in eine bald eskalierende Diskussion verwickelt wären. Okay, es sah nicht nur so aus, denn eigentlich war klar, dass sie das waren.

Sie keiften sich an, und man musste wirklich Angst haben, dass sie sich nicht gegenseitig an die Gurgel sprangen.

Während die anderen alle geschockt oder neugierig guckten, interessierte es mich kaum. Das Gefauche nervte mich bloß extrem.

Am Liebsten hätte ich jetzt meine Kopfhörer rausgenommen, und Musik gehört, aber nein! Mein Handy musste heute morgen ja unbedingt in der Toilette landen...

Mir wurde auch nichts vergönnt.

Als wir den anderen näher kamen, verzog ich das Gesicht.
„Lauter gehts nicht, oder?", murmelte ich genervt, was die Gackertanten und meine Freunde Aufsehen ließ. Schnell fingen sich die zwei Trullas wieder.
„Gut, dass du hier bist! Oder sollte ich sagen, ungut?", fragte Janine und lachte überheblich.

Ich erwiderte darauf nichts. Der Müll aus deren Mund, und mein Montagmorgen verstanden sich nicht gut.

„Weißt du, ich habe euch ein wenig beobachtet, und ihr hängt ja öfter mal mit meinen Jungs Kay, Xavier, Leo und Luce rum."
Bei Leos Namen sah ich es in Melli's Augen wütend aufblitzen.
„Komm zum Punkt!", quatschte ich ihr dazwischen, was sie mit einer sauren Miene quittierte. Der Anblick zauberte mir doch wirklich ein Lächeln auf's Gesicht.
„Naja, nimmt diese Kuh Leo ständig in Anspruch, und..."

Daher wehte also der Wind.

„Und was? Die beiden sind zusammen, das ist dir schon klar, oder? Außerdem nimmt meine beste Freundin, die übrigens keine Kuh ist, wie man eindeutig erkennen kann, niemanden in Anspruch. Sie hat nämlich keinen Anspruch auf irgend wen, so wie es niemand hat. Du ebenso wenig."
„Ihr seid zusammen?", fragten Janine und Tanja, und ein verletzter, aber auch überaus giftiger und rachsüchtiger Ausdruck trat in ihre Augen.
„Die Jungs gehören uns, damit das klar ist!" 

Hatten sie mir eigentlich zugehört?

Beim Ansetzen an eine weitere Rede meinerseits, hörte ich auf einmal einen erschrockenen Schrei. Ich zog eine Grimasse.

„Warum schon so früh am Morgen?", stöhnte ich, denn das Gekreische war heute eindeutig zu viel für meine Ohren.

Tanja und Janine rannten besorgt an mir vorbei. Ich verdrehte genervt die Augen. Was war denn jetzt schon wieder? Doch als ich mich umdrehte, stockte auch mir der Atem...

Xavier's Gesicht zierte ein unübersichtliches Veilchen. Dazu hatte seine Wangen einen blauen und grünen Schimmer. Es sah alles andere als schön aus, und ich ahnte Böses.

Die zwei Nervensägen kletteten sich an ihn, und er verzog augenblicklich das Gesicht, was mich daraus schließen ließ, dass er am ganzen Körper Verletzungen hatte. Vielleicht sogar gebrochene Knochen.

„Weg von mir.", knurrte er, und die beiden ließen ihn sofort mit großen Augen los.

Er stieß die angestaute Luft aus, und kam auf uns zu. Ich erwachte aus meiner Starre.

„Komm mit.", meinte ich und zog ihn am Ärmel, darauf bedacht ihm nicht wehzutun. Vollkommen überrumpelt blickte er mich an. Auch die anderen schienen verwirrt zu sein.

„Was? Warum?", fragte Xavier.
„Erklär ich dir gleich.", antwortete ich ihm ausweichend, und widerwillig ließ er sich von mir hinter das Gebäude ziehen.

Ich verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ich werde jetzt kein Blatt vor den Mund nehmen. Das war dein Vater, oder?", fragte ich ihn in einer sanften aber bestimmten Tonlage, und legte somit die Karten offen auf den Tisch. Xavier's Augen waren weit aufgerissen und er sah mich überfordert an. Er war baff. Zu Recht.

Als er wieder ein wenig in der Realität ankam, tat er auf unwissend.
„Ich weiß nicht, was du meinst. Was soll mein Vater gewesen sein?", fragte er, doch man sah ihm seine Nervosität deutlich an.
„Du weißt ganz genau, was ich meine. Ein Treppensturz oder eine einfache Prügelei nehm ich dir nicht ab. Dann wärst du nicht so," -Ich deutete auf sein Gesicht- „zugerichtet.", fuhr ich fort.

Er schluckte, und wusste scheinbar nicht, was er sagen sollte.

„Warst du wenigstens beim Arzt?", fragte ich, woraufhin er nur den Kopf schüttelte. Ich versuchte seine Jacke auf zu machen, doch er hielt mich davon ab.

„Lass das, Amber!", zischte er.
„Ich will doch nur gucken, was du noch für Verletzungen hast!", antwortete ich gereizt.
„Warum interessiert dich das überhaupt so?"
„Weil ich dir helfen will, verdammt!"

Er wandte sich von mir ab.

„Ich brauch deine Hilfe nicht.", schnaubte er, ohne mir ins Gesicht zu sehen. Ich glaubte insgeheim wusste er ganz genau, dass er dringend Hilfe brauchte.

„Glaub mir, die brauchst du.", entgegnete ich ihm deswegen. Stur starrte er gerade aus, und ich sah ihn unentwegt an.

Dann klingelte es zum Unterricht.

„Ich hoffe wirklich, dass du über meine Worte nachdenkst. Ob du es mir glaubst, oder nicht ich weiß, wie du dich fühlst."

Man sah ihm an, dass er das nicht ernst nahm, weswegen ich hinzufügte:
„Erinnerst du dich daran, was ich dir beim ersten Treffen wegen Kunst erzählt habe? Das mit meinem Dad?"

Sein Mund öffnete, und schloss sich darauf wieder. Er wusste, was ich meinte, doch trotzdem sagte er nichts, was ich auch verstehen konnte.

„Du kannst zu mir kommen, wenn du reden willst.", meinte ich, bevor ich mich seufzend umdrehte und ging.

Mir war klar, dass er dem nicht einfach nach gehen würde. Doch das war mir gleichgültig. Ich hätte mich früher, als ich in der Situation mit meinem Dad stand, auch nicht von alleine geöffnet. Niemals hätte ich von selbst darüber gesprochen, doch meine Freunde waren für mich da.

Ich werde nicht aufgeben, schwor ich mir.

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Hallo, Leute. Ich hoffe ihr mögt das Kapitel. Eins würde mich mal interessieren: Wer ist bisher eure Lieblingsperson?
Lasst wenn es euch gefallen hat einen Vote da.

Sweet Lovin'حيث تعيش القصص. اكتشف الآن