POSTKARTE 7: Nette Worte

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Einzig das Rauschen des Ozeans ist zu hören, während Yule und ich schweigend nebeneinander im Auto sitzen, die Fenster geöffnet, und unsere Burger essen

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Einzig das Rauschen des Ozeans ist zu hören, während Yule und ich schweigend nebeneinander im Auto sitzen, die Fenster geöffnet, und unsere Burger essen.

Etwas Glamouröseres als McDonald's hat Ocean Shores nicht zu bieten und ich muss sagen, dass ich schon ein wenig über das verschenkte Potential, kleine süsse Restaurants am Strand zu bauen, enttäuscht bin.

Aber Yule und ich haben den Zugang zum Strand gefunden und es uns jetzt stattdessen im Auto bequem gemacht, während draussen der Wind pfeift wir den Blick aufs aufgewühlte Meer geniessen.

Dass ich die Angewohnheit habe, wie ein Wasserfall zu reden, das ist mir schon bewusst gewesen, bevor ich Yule, der mich jeden Tag mehrmals daran erinnert, gekannt habe. Plappern ist wie Atmen für mich und wenn ich still sein muss, dann fühl ich mich nicht wohl.

Aber nicht jetzt. Mit Yule fühlt es sich natürlich an, ruhig zu sein. Still. Einfach mal nur zu lauschen, statt selber zu reden.

Ich merke, wie mich eine Ruhe ausfüllt und ich habe den Verdacht, dass dieses Gefühl direkt von Yule auf mich überspringt.

Für ihn ist es normal, still zu sein. Es ist normal, zu schweigen. Yules Gedanken sind laut und er hört ihnen zu. Er braucht nicht zu reden, weil er immer etwas hat, dem er lauschen kann.

Ich nicht. Meine Gedanken sind flüchtig, und wenn einer kommt, dann spreche ich ihn aus.

Ich bin viel zu ungeduldig und lebendig, um darauf zu warten, wohin der Gedanke mich führen wird.
Viel zu ungeduldig, den Weg zu Ende zu gehen, während Yule ein geübter, ausdauernder Wanderer ist, der dem Pfad geduldig folgt. Er schweigt so lange, bis er am Ziel ist.

Und deshalb haben alle seine Worte eine Bedeutung, die mich jedes Mal trifft. Mich jedes Mal berührt und jedes Mal so wahr ist, dass ich nicht anders kann, als zu staunen.

Auf seinem langen Weg nimmt Yule Dinge mit, an denen ich blind vorbei gehe, weil ich schon auf die nächste Blume am Wegesrand zuspringe und dabei alles andere übersehe.

Wenn ich rede, dann wächst eine Blume. Wenn Yule spricht, entsteht ein ganzer Wald.

Erst jetzt, wo ich neben Yule sitze und schweige - wirklich schweige -, beginne ich zu verstehen, wie es ihm gehen muss.

Es gibt viele Arten von Schweigen. Respektvolles Schweigen, wenn jemand Anderes spricht. Oder Schweigen an Orten, an denen es sich gehört, still zu sein.
Peinliches Schweigen. Wenn die Stimmung angespannt ist und man nicht weiss, welches Rattern der Gedanken lauter ist - das des Gegenübers oder das von einem selbst, während man krampfhaft darüber nachdenkt, was man sagen soll.

Das hier, mit Yule, das ist friedliches Schweigen. Wir haben schon so viel geteilt, dass es egal ist, dass wir nicht reden und es ist egal, dass er nichts sagt. Dass er das Gespräch mit mir nicht sucht.

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