POSTKARTE 27: Postkarte voller Wahrheiten

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Yule sitzt da mit hochgezogenen Schultern, die Hände so fest um seine Tasse geklammert, dass die Knöchel weiss hervortreten

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Yule sitzt da mit hochgezogenen Schultern, die Hände so fest um seine Tasse geklammert, dass die Knöchel weiss hervortreten. Er sieht aus, als wäre ihm kalt. Obwohl das eigentlich gar nicht sein kann. Es ist eine laue Julinacht, die Hitze des Tages steht und es ist alles andere als kalt. Wir sitzen unter den Lichterketten und schweigen.

Wie so oft schweigen wir und es macht mir zum allerersten Mal etwas aus.

Weil wir beide etwas zu sagen hätten.

Yule sieht aus, als wäre ihm kalt, und er sieht aus, als würde er die Gedanken in seinem Kopf endlich zu Worten formen wollen. Vielleicht werden sie in der Kälte bald sichtbar wie kleine Atemwölkchen.

Ich würde ihm gerne eine Jacke geben. Ich habe keine.

Ich würde ihm gerne eine Frage stellen, damit er seine Gedanken sortieren kann. Damit sich Atemwölkchen bilden wenn er spricht. Aber mir fällt keine ein.

Bis mir doch eine einfällt und als ich sie stelle, ist es, als hätte ich Yule damit auch gleichzeitig eine Jacke gereicht, denn plötzlich sieht er nicht mehr aus, als wäre ihm kalt, er entspannt sich und mir wird klar - es waren nicht die Temperaturen, es war die Atmosphäre.

Die Frage, die ich stelle, ist: »Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen, du warst ziemlich eifersüchtig vorher. Kann das sein?« Und ich stupse Yule spielerisch an, er dreht den Kopf zu mir und es ist, als würde etwas auftauen.

»Ich würde eher sagen, dass du wolltest, dass ich eifersüchtig werde«, sagt er.

Es ist derselbe spielerische Tonfall, den auch ich gewählt habe, da sind keine Atemwölkchen, aber Yule grinst. Er grinst so, wie er immer grinst. Ein Yule-Grinsen. Ein Mundwinkel wandert leicht in die Höhe, so leicht, dass man fast denken könnte, es wäre gar nicht wirklich so. Als wäre es Zufall, nur angedeutet, ein bisschen nachlässig.

Aber jetzt in diesem Moment ist es ehrlich, so ehrlich, wie es nur sein kann. Vielleicht das ehrlichste seit Langem, denn Yule ist erleichtert. Obwohl er es nicht sagt. Ich merke es instinktiv, denn es ist so, wie Jas gesagt hat: als würden wir einander in- und auswendig kennen. Und jetzt gerade weiss ich, dass Yule erleichtert ist, und dann ist es auch egal, dass da keine Atemwölkchen sind.

Und während er grinst, entspannen sich meine Schulter, ich habe nicht einmal gemerkt, dass ich sie hochgezogen habe, denn zwischen uns ist alles gut.

Ich war mir nicht mehr sicher.

»Pah.« Ich schnaube und verdrehe die Augen.

Und dann sage ich »Du musst nicht eifersüchtig sein, du weisst doch, dass ich dir gehöre, seit du mich damals am Lagerfeuer so charmant dazu aufgefordert hast, dich zu begleiten.« und meine Mundwinkel beginnen zu zucken, sie verstecken, dass die Worte eigentlich ein bisschen voller Wahrheiten sind, bis ich schliesslich richtig lache und es mir egal ist, dass ich heute ein Feigling war. Weil Yules Freundschaft mir so viel bedeutet, dass einfach alles egal ist, wenn er da ist. Und er ist wieder da und ich habe gar nicht gemerkt, wie sehr es mir gefehlt hat, als er nichts gesagt hat.

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