POSTKARTE 11: Korallenriff

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Der Wind zerrt an meinen Haaren und die Brise, die vom Meer zu mir hoch weht, lässt mich frösteln, obwohl ich mir einen von Yules Hoodies stibitzt habe (obwohl man technisch gesehen gar nicht von stibitzen reden kann, denn er hat mir den Hoodie ge...

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Der Wind zerrt an meinen Haaren und die Brise, die vom Meer zu mir hoch weht, lässt mich frösteln, obwohl ich mir einen von Yules Hoodies stibitzt habe (obwohl man technisch gesehen gar nicht von stibitzen reden kann, denn er hat mir den Hoodie gestern selbst gegeben und dass er ihn noch nicht zurückverlangt hat, ist nicht mein Problem), doch ich will den Moment um keinen Preis verpassen.

Es ist noch früher Morgen und weil ich schon wieder zu einer Uhrzeit, zu der ich noch Stunden hätte schlafen können, wachgeworden bin, habe ich die Gelegenheit genutzt und mich auf den Balkon gesetzt. Auf den Balkon, wo ich begleitet vom ruhigen Rauschen des Meers den anbrechenden Tag geniesse, während Yule noch schläft.

Mit angewinkelten Beinen, die Arme darum geschlungen, sitze ich da, beobachte und nehme alles in mich auf. Geniesse die Ruhe um mich und in mir - denn endlich einmal ist in mir nicht dieser Drang, mich zu bewegen, zu sprechen, zu singen oder mit irgendwas in meinen Händen herumzuspielen, der mich sonst immer erfüllt. Ich bin vollkommen ruhig und friedlich.

Ich weiss nicht, ob es an meiner Umgebung liegt, die eine so besänftigende Auswirkung auf mich hat oder an Yule, der mich mit seiner bedachten Art unbewusst beruhigt, in dem er es schafft, meine Gedanken zu fokussieren. Sie sind nicht mehr ganz so sprunghaft, denn Yule hat mich an der Hand genommen und mir gezeigt, worauf es ankommt.

»Hätte nie gedacht, dass ich dich mal so früh am Morgen so wach erlebe«, sagt Yule plötzlich hinter mir und ich schrecke zusammen, sodass ich mit dem Knie gegen die Tischkante stosse.

Ich drehe mich um, reibe mir mein schmerzendes Knie und werfe Yule einen empörten Blick zu.

Was fällt ihm ein, mich so zu erschrecken?

»Gleichfalls«, erwidere ich und drehe mich wieder um, als Yule Anstalten macht, sich auf den Stuhl neben mir zu setzen.

»Warum bist du schon wach?«, frage ich, richte den Blick wieder auf die friedlichen Wogen.

»Du hast das Fenster offen gelassen und es ist kalt geworden.«

»Oh, tut mir leid, habe ich dich schon wieder um den wertvollen Schlaf gebracht?« Ich mache grosse Augen, und sehe ihn an, als würde ich mit einem Kleinkind reden. »Und das, obwohl du doch immer so liebreizend zu mir bist - tut mir ehrlich leid.«

»Du solltest echt aufpassen, dass das nicht zur Gewohnheit wird, mich so früh zu wecken, sonst werde ich echt unerträglich.«

»Du wirst unerträglich?« Ich ziehe eine Augenbraue hoch. »Du wirst

»Was tust du eigentlich schon so früh auf den Beinen?«, fragt er mich, anstatt auf meine Frage einzugehen.

»Ich sitze gerade, Yule.«

Ich kann Yules Wortkargheit und seinen trockenen Humor immer besser nachvollziehen - auf Fragen zu antworten, ohne dabei wirklich darauf zu antworten, hat einen gewissen Reiz.

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