POSTKARTE 26: Magnete

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Ich weiss gar nicht, wann genau der Moment geendet hat, ich weiss nur, dass er jetzt vorbei ist

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Ich weiss gar nicht, wann genau der Moment geendet hat, ich weiss nur, dass er jetzt vorbei ist.

Vielleicht habe ich ihn selbst beendet, vielleicht war es Yule. Und vielleicht hat er auch einfach gar nie wirklich angefangen.

Ausgefüllt von Liebe und Angst mache ich einen Schritt zurück, nicht ganz sicher, wann genau sich Angst in mein Herz geschlichen und sich zu all den anderen Gefühlen gesellt hat, aber jetzt ist sie da und ich kann nichts dagegen tun, dass mein Herz plötzlich still steht, als hätte ich zum ersten Mal beim Überqueren des Hochseils nach unten gesehen.

Und irgendwie ... ist es doch viel höher, als ich geglaubt habe.

»Stell dir vor, wie kitschig es wäre, sich hier zu küssen«, sage ich unvermittelt, weil ich einfach irgendwas sagen muss. Und weil meinem Gehirn offensichtlich nichts Besseres eingefallen ist, um den Moment des Zögerns zu verstecken.

Yule sieht mich an, er sagt »Interessant, in welche Richtung deine Gedanken wandern« und klingt ein bisschen heiser.

Und obwohl er süffisant grinst, füllt das Grinsen sein Gesicht nicht ganz aus, er sieht ebenfalls noch ein bisschen in Gedanken verloren aus.

»Ich glaube das hier, das wäre ein ziemlich perfektes Motiv für eine Postkarte«, schiebe ich hastig hinterher und weiss im selben Moment schon wieder nicht, wo meine Gedanken gerade sind. Jedenfalls nicht an einem Ort, an denen es ihnen möglich ist, sich zu ordnen.

Und vielleicht geht es Yule ähnlich, er runzelt die Stirn, obwohl er eben erst gerade noch gegrinst hat, und dann nickt er.

Sonst sagen wir beide nichts, einfach nichts, als hätte es den Moment nie gegeben, obwohl ich mir sicher bin, Yule hat es ebenfalls gespürt.

Wer sind diese Menschen, die sich hier so verloren gegenüberstehen?

Da sind Worte, keiner spricht sie aus, aber Yule lässt meine Hand trotzdem nicht los, er hält sie einfach weiter und wir tun so, als wäre es das Normalste der Welt, dass wir beide Hand in Hand über ein Lavendelfeld in Oregon spazieren.

Irgendwann muss Yule ein Foto von mir schiessen, weil ich am liebsten für immer in diesem Postkartenmoment leben möchte, und er tut es und als ich absichtlich übertrieben posiere, zucken Yules Mundwinkel, während er die Augen verdreht, und alles ist wieder so wie vorher. Als wäre das dazwischen nie passiert.

🌲

Auf dem Weg zurück kommen wir an einem einsamen Haus vorbei, es ist verlassen und ein bisschen heruntergekommen, die Tür zur Veranda steht offen, ein Fenster ist eingeschlagen. Es steht mitten im Nirgendwo, weit und breit ist kein anderes Haus zu sehen.

Ich mache Yule darauf aufmerksam. »Das wäre ein ideales Haus für dich - du könntest den ganzen Tag eine finstere Miene ziehen und Kaffee trinken und keiner würde dich dabei stören.«

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