POSTKARTE 28: Hochseile

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Das Licht ist golden und ein bisschen magisch, es scheint zwischen den Bäumen hindurch, die die Strassen säumen, auf denen wir gerade nach Portland hinein fahren, und ich schwöre, ich spüre, dass diese Stadt ein Hochseil für uns bereit hält

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Das Licht ist golden und ein bisschen magisch, es scheint zwischen den Bäumen hindurch, die die Strassen säumen, auf denen wir gerade nach Portland hinein fahren, und ich schwöre, ich spüre, dass diese Stadt ein Hochseil für uns bereit hält.

Und es ist genau so, wie Yule gesagt hat: In einer Stadt wird einem immer ein bisschen mehr bewusst, wie viele Möglichkeiten man eigentlich hat. Und vielleicht macht einen das auch ein bisschen mutiger.

»Weisst du noch, dass ich gesagt habe, ich würde nie eine Figur nach dir benennen?«, sagt Yule unvermittelt.

Ich muss unwillkürlich an den Anfang unserer Reise zurückdenken. An den Olympic National Park, als wir uns noch nicht kannten, als noch alles anders war, als wir nicht wandern gingen, weil ich Flip Flops trug, und wir beide insgeheim froh darüber waren.

Und ich muss auch an den Moment denken, als ich aus Versehen gesagt habe, wir würden irgendwann einmal Enkel bekommen.

Es kommt mir vor, als würde das alles Ewigkeiten zurück liegen, dabei sind erst ungefähr zwei Wochen vergangen.

»Sicher weiss ich das noch, es hat mich schwer getroffen«, sage ich und lege übertrieben dramatisch eine Hand auf mein Herz.

Yule verdreht die Augen. Er sagt: »Na ja.« Und dann schweigt er eine Weile, es ist so ein Schweigen, bei dem man die Gedanken rattern hören kann.

»Vielleicht hat sich das jetzt geändert. Vielleicht benenne ich doch eine Figur nach dir«, sagt er dann und ich ziehe eine Augenbraue nach oben.

»Ich dachte, du magst meinen Namen nicht?«

»Aber vielleicht ... mag ich ja etwas anderes?« Seine Stimme ist leise und fast sanft, auf jeden Fall genug, um mir einen Schauer über den Rücken zu jagen.

Ich hebe den Kopf, um in Yules Gesicht nach Hinweisen zu forschen, irgendein Anzeichen dafür, das mir bestätigt, dass er das meint, was ich will, dass er meint. Aber seine Augen sind auf die Strasse gerichtet, sein Blick ist dunkel und konzentriert, Yule betätigt den Blinker, er sagt: »Wir sind da.«

Und dann stoppt er den Wagen, steigt aus und ich frage mich, warum es sich anfühlt, als hätte er mich auf die Strasse gestellt und wäre ohne mich weitergefahren.

Ich starre ihm nach. Perplex und unsicher und mit tausend Fragen. Eine wichtiger als die andere und trotzdem keine mutig genug, um sie laut auszusprechen.

Ein leises Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht, als Yule gegen die Scheibe klopft und mir mit einem Nicken bedeutet, auszusteigen. Ein bisschen ungeduldig und genau so wie immer. Wie immer und genau richtig und genau wie der Yule, der mich so sehr fasziniert.

Und ich weiss: Portland hält ein Hochseil für uns bereit und einer von uns wird es heute betreten, ich bin mir nur nicht mehr ganz sicher, wer.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 02, 2021 ⏰

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