27) Fragen und Antworten

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Meine Füße zittern ein wenig, aber eines weiß ich inzwischen sicher: Ich vertraue ihm wirklich.

Und noch etwas steht fest: Erit hasst mich.

Ich kann seine Schritte hören, die sich von uns entfernen, wage es aber nicht ihm nachzublicken. Seine Wut kann ich auch so spüren. Fast so deutlich als würde sie in wabernden Dunstschleiern durch den Gang wabern, wie wenige Augenblicke zuvor noch die von Tenebris. Der scheint jetzt nur noch erschöpft und hoffnungsleer zu sein. Die Nebelschwaden wabern rauchgrau um uns herum.

Dann knallt eine Tür und schrecke doch hoch. Wie es scheint ist Erit hinter der goldenen Tür verschwunden.

"Was ist dahinter?", frage ich Aljan leise.

"Seine Bleibe. Ein Palast aus Gold und Prunk."

"Passt zu seinem Charakter", bestätige ich.

Schweigend setzen wir unseren Weg fort, vorbei an weiteren Türen aller Art und Anfertigung und den überall platzierten düsteren Gemälde und Reliefs.

"Und wo ist deine Bleibe?" Nach einer Weile halte ich weder die Stille zwischen uns noch die bedrückende Umgebung aus.

Aljan zögert kurz, ehe er antwortet. "Am anderen Ende des Ganges. Gleich hinter der Bibliothek. Nicht weit von Erits."

"Und wie sieht deine Tür aus?" Meine Neugier ist noch nicht befriedigt.

Aber Aljan winkt ab. "Das ist nicht wichtig."

"Vielleicht schon. Wenn ich dich irgendwann einmal finden muss", werfe ich ein.

"Dann brauchst du einfach nur nach mir zu rufen." Auch er bleibt stur.

"Aber man weiß nie", wende ich ein. So einfach will ich es nicht auf sich beruhen lassen. "Verrätst du mir wenigstens, wie dein Reich aussieht?"

Er schüttelte den Kopf und macht ein paar schnelle Schritte, wie um mich und meine lästige Fragen abzuschütteln. Ungläubig schaue ich zu ihm, aber er hat sich nicht einmal umgedreht. "Nein", sagt er nur und das Wort hallt in seiner Endgültigkeit durch den langen Korridor.

Ich bin aufgewühlt und aufgebracht und nicht bereit, mich von ihm abkanzeln zu lassen. "Dann eben nicht", trotze ich und eile ihm nach. "Dann erkläre mir wenigstens den Grund, warum du so ein Geheimnis daraus machst."

"Kann ich nicht", sagt er und hält so abrupt inne, dass ich ihn anremple.

Dann erkenne ich den Grund für sein Stehenbleiben. Wo der erste Bruder ist, ist der zweite nicht fern. Anden lehnt wie eine Kopie seines Bruders an der Wand und spielt mit einem Gegenstand in seinen Händen. Auch er scheint auf uns gewartet zu haben.

"Was willst du?", knurrt Aljan.

"Gar nichts", faucht Anden zurück. "Kein Grund so feindselig zu sein, kleiner Bruder."

"Dann lass uns in Ruhe", verlangt Aljan.

Aber daran denkt Anden wohl nicht, stattdessen löst er sich von der Wand und kommt auf uns zu. Er macht eine beschwichtigende Handbewegung. "Werde ich, versprochen. Ich wollte mich nur bei dir bedanken." Der Blick aus seinen klaren, blauen Augen wandert zu mir. "Und bei dir. Dafür, dass du hier bist und versuchst, uns zu helfen."

Aljan zieht eine Augenbraue in die Höhe und mustert seinen Bruder.

"Ja, wirklich", bekräftigt Anden. "Das wollte ich euch nur sagen, bevor ich wieder gehe. Ich begleite Erit nach oben. Befehl von Vater, aber das kommt uns ganz recht." Er grinst. "Dir jedenfalls viel Spaß hier unten." Er klopft seinem Bruder auf die Schulter.

"Danke", erwidert Aljan und wirkt ein wenig verdattert. Anden wendet sich ab und verschwindet in einer unscheinbaren Tür mit wilder Holzmaserung direkt neben der Stelle, an der er gestanden hat.

"Was war das denn?", erkundige ich mich.

Aljan schaut ratlos auf die geschlossene Holztür und zuckt mit den Schulter. "Weiß ich auch nicht."

"Wenigstens sind wir die beiden los." Ich bin gewillt, das Positive zu sehen.

Dann zeige ich auf die Tür. "Dahinter liegt Andens Bleibe?", frage ich. Nur zu gerne wüsste ich jetzt, wie Aljans Tür aussieht und warum er mir verschweigt, wie sein persönlicher Bereich aussieht.

"Ja", bestätigt Aljan. "Er hat sich in einem wilden Wald niedergelassen."

Mit anderen Auskünften ist Aljan also großzügig und wie mir scheint, sagt die Art und Weise, wie die Höllenprinzen leben, viel über ihre Persönlichkeit aus. Durchdringend starre ich Aljan an. Wie lebt jemand wie er? Zu ihm würde etwas Stilvolles und Kultiviertes passen.

Eine schlichte, aber moderne Wohnung? Sofort wird mir klar, dass ich das äußerst langweilig fände und er keinen Grund hätte, mir dies zu verschweigen.

Eine Art Museum vielleicht? Könnte zu ihm passen und wäre ihm vermutlich einfach nur peinlich. Aber ich ahne, dass der wahre Grund ein anderer sein muss.

Schließlich reißt mich Aljan aus meinen Überlegungen. "Wir sind da." Er hält vor einer kunstvoll gefertigten Tür, auf der verschiedene Szenen dargestellt sind.

"Die Ober- und die Unterwelt der Griechen", erklärt er mir und tatsächlich erkenne ich eine Abgrenzung auf halber Höhe.

"Willkommen im Reich von Erebos, Orcus und Hades."



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Was glaubt ihr, wie Aljans Reich aussehen könnte?

Aber jetzt erstmal zu den Griechen :)

Bin gespannt, wie es euch dort gefällt.

Brennende Feuer - Dunkle SchattenWhere stories live. Discover now