Kapitel 15

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Die Sonnenstrahlen drangen durch die Jalousie und weckten Amber. Verschlafen rieb sie sich über die Augen, während sie sich streckte. Sie fühlte sich alles andere als ausgeschlafen, auch wenn das Lächeln auf ihrem Gesicht etwas Anderes behaupten würde.

Als sie letzten Abend zu ihrem Zimmer hochging, hatte ihr Herz noch immer laut geprocht. Mit leisen Schritten war sie die Stufen hochgegangen und hatte ihre Schlafzimmertür so langsam wie nur möglich ins Schloss fallen lassen. Die Hoffnung, dass niemand sie bemerkt hatte, war wieder da gewesen.

An Schlaf hatte ihr Körper jedenfalls nicht denken können. Als sie mit einem idiotischen Grinsen im Bett gelegen hatte, spürte sie, wie ihr Körper kein bisschen müde war. Zu sehr beschäftigten sie Gedanken an Owen. Wie er sie mit seinen dunklen Augen ansah und durch eine einfache Berührung ein Kribbeln in ihr auslöste, welches sie noch nie zuvor erlebt hatte.

Sie muss wohl irgendwann mit diesem Grinsen eingeschlafen sein, denn als sie die Augen am nächsten Morgen öffnete, war es immer noch in ihr Gesicht gemeißelt.

Die Bettdecke wurde lieblos zur Seite geworfen, als sie summend aufstand und sich im Bad frisch machte. Ihr Summen war immer noch zu hören, als sie die Treppen runter lief und zur Küche ging, um ihren knurrenden Magen von seinem Leid zu erlösen.

Doch das Lied, das sie vor sich hin summte war sekundenschnell nur noch ein Geräusch der Vergangenheit.

Als sie einen Schritt in die offene Küche machte, sah sie ihre Mutter, die mit einer Tasse Kaffee in der Hand an der Kochinsel stand und mit einem Blick, der eine Gänsehaut auf Ambers Armen auslöste, Amber ansah.

„Ich bin echt enttäuscht von dir", sagte ihre Mutter und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee.

Verdutzt sah Amber zu ihr, ihre Muskeln waren so angespannt, dass sie die Freude von vor ein paar Sekunden schon vergessen hatte. „Wie bitte?", flüsterte sie.

Ihre Mutter schüttelte den Kopf. „Ach, wo soll ich denn nur anfangen?", ein gekünsteltes Lachen füllte den Raum, als die Mutter ihre Tasse auf der Arbeitsfläche abstellte und sich mit beiden Händen gegen die Platte lehnte.

„Mom, ich weiß nicht wovon..."

„Du weißt ganz genau von was ich spreche!", entfuhr es ihrer Mutter. Amber zuckte kurz zusammen und versuchte ihre Unsicherheit zu überspielen, als sie ihre Arme vor der Brust verschränkte. „Oder hast du jetzt schon vergessen, dass du die ganze Nacht mit diesem Anderson Jungen unterwegs warst und weiß Gott mit ihm getrieben hast?"

Amber konnte ihrer Mutter nicht in die Augen schauen. Zu intensiv war das Funkeln, dass sie in ihren Blicken sehen konnte. Fragen schwirrten in Ambers Kopf umher. Woher wusste ihre Mutter von Owen?

„Ich war nicht mit Owen unterwegs", brachte sie nur leise raus.

„Ach nein?" Ihre Mutter schnaufte. „Und wieso bringt er dich sonst mitten in der Nacht nach Hause?"

„Es war ja kaum mitten in der Nacht, es war kurz nach Zwölf." Kaum hatten die Worte Ambers Mund verlassen, bereute sie schon sie gesagt zu haben. Die Augenbrauen ihrer Mutter waren nur noch tiefer auf ihrer Stirn zusammengezogen, als sie einen Finger auf Amber zeigte.

„Dein Humor ist nicht angebracht, junge Frau", sagte sie und schüttelte den Kopf. „Ich bin enttäuscht, dass meine Tochter sich mit so einem Jungen rumtreibt und das auch noch vor der ganzen Nachbarschaft zur Schau stellt! Du könntest deine Zeit im Moment deutlich besser nutzen."

„Mit so einem Jungen?", nun war es Amber, die schnaufte. „Mom, Owen hat mich nur nach Hause gefahren! Ich habe nichts zur Schau gestellt und ich entscheide selbst, wie ich meine Zeit verbringe." Amber wollte sich gerade umdrehen und sich mit leeren Magen wieder in ihr Zimmer einschließen, als die schrille Stimme ihrer Mutter sie davon abhielt.

„Amber, wir sind hier noch nicht fertig!" rief sie und winkte Amber mit ihrem Zeigefinger wieder zurück in die Küche. „Du erzählst mir jetzt wo du gestern warst, dass du dich mit Jessica getroffen hast war ja eindeutig eine Lüge." Die Blicke ihrer Mutter bohrten sich durch Amber.

Amber verlagerte ihr Gewicht von einem Bein auf das andere, als sie nervös mit ihren Fingern spielte.

„Jessica hat mich abgeholt und wir sind zu Anthony gefahren, wo wir uns mit ein paar Spielern der Footballmannschaft getroffen haben. Owen hat mich dann nach Hause gefahren, aber es ist nichts passiert", erklärte Amber mit bebender Stimme. Sie wollte ihrer Mutter so ruhig wie möglich erklären, was passiert war, damit sie die Situation beenden konnte. Doch ihre Gefühle machten ihr einen Strich durch die Rechnung. Ihre Mutter konnte mit Sicherheit das Zittern in Ambers Stimme wahrnehmen.

Ihre Mutter verschränkte ihre Arme und zog eine perfekt gezupfte blonde Augenbraue hoch.

„Du triffst dich mit dem Footballteam?" Ungläubig stieß sie Luft aus ihrer Nase aus. „Das Footballteam? Amber bitte, ich dulde es nicht angelogen zu werden."

„Mom, ich lüge dich nicht an", versuchte es Amber erneut.

„Weißt du eigentlich wie peinlich die ganze Situation für mich ist?", fuhr ihre Mutter sie an. „Nicht nur muss ich jedem erklären wieso du von heute auf morgen mit dem Turnen aufgehört hast und eine sehr vielversprechende Karriere einfach so in den Sand gesetzt hast, sondern jetzt auch noch das? Ich bin doch nicht die Einzige, die dich mit diesem Owen gesehen hat! Die ganze Nachbarschaft wird tuscheln und wenn sie mich fragen was sage ich dann? Hm? Dass meine Tochter sich plötzlich mit dem Footballteam rumtreibt? Weißt du eigentlich was das für uns bedeutet?" Amber kam kaum mit, als die Worte aus ihrer Mutter heraussprudelten.

„Ich habe doch...", Amber räusperte sich. „Was ist denn so schlimm am Footballteam?", sagte sie nur leise, ihr Blick auf den Boden gerichtet um die Augen ihrer Mutter nicht sehen zu müssen.

„Wir geben uns nicht mit diesen Leuten ab", sagte ihre Mutter nur knapp.

„Anthony gehört auch zur Mannschaft", erklärte ihr Amber. Anthonys Familie war in Huntsville gern gesehen. Vielleicht lag es an seinem Footballtalent, das ihn schon ein Stipendium an den besten Unis und eine mögliche Karriere in der NFL versprach. Wahrscheinlicher war allerdings das Geld, das die Familie hatte und ihm ein hohes Ansehen brachte.

Ihre Mutter schüttelte den Kopf. „Also Anthony ist ja wirklich eine Ausnahme. Ganz vorzügliche Eltern", bemerkte die Mutter und nahm einen kleinen Schluck aus ihrer Kaffeetasse.

Verwirrt legte Amber ihre Stirn in Falten. Wo war der Unterschied? Weil Anthonys Familie Geld hatte und der Rest der Mannschaft nicht? War für ihre Mutter nur jemand mit viel Geld ein guter Mensch? Und was hatte sie plötzlich gegen das Footballteam? Waren sie immer schlimme Menschen, außer wenn sie einen Titel holten und von allen im Ort gefeiert wurden?

Enttäuscht sah sie zu ihrer Mutter hoch, die mit ihrem Kaffee beschäftigt war.

„Darf ich wieder in mein Zimmer gehen?", fragte Amber, als sie schon einen Schritt zurück machte. Ihr Magen musste also noch ein paar Stunden knurren bis sie die Chance hatte wieder alleine in der Küche zu sein.

Die Augen ihrer Mutter trafen sie wieder. „Na schön", sagte sie. „Nur eine Sache. Ich möchte nicht mehr mitbekommen, dass du dich mit dem Footballteam und schon gar nicht mit diesem Owen rumtreibst."

Amber nickte ihr nur kurz zu, als sie fluchtartig die Küche verließ und die Treppen zu ihrem Zimmer hochstürmte.

Tränen liefen über ihr Gesicht, als sie sich in ihr Bett legte. Noch vor ein paar Minuten war sie mit einem Grinsen aus ihrem Bett gesprungen und jetzt lag sie weinend wieder darin.

In dem Moment wurde ihr bewusst, dass sie absolut keine Chance hatte. Sobald ihre Annahme für ihr Geschichtsstudium ankommen würde, würde ein Chaos im Hause der Familie Young ausbrechen.

Amber musste sich entschieden, was sie lieber in Kauf nahm. Das Chaos durch Owen oder das Chaos durch ihre Studienwahl?

In ihrem Kopf ging sie eine pro und contra Liste durch. Ihr Herz pochte schneller, als ihr bewusst wurde, dass Owen nur eine Momentaufnahme in ihrem Leben sein würde, aber ihre Bildung ihr Leben ausmachte.


***

A/N: Oh oh. Was meint ihr, trifft Amber die richtige Entscheidung?

Würde mich riesig darüber freuen, wenn ihr für das Kapitel abstimmt :)

Hail Mary | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt