Kapitel 13: Vergangenheit

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Erwartungsvoll schaute ich Silas an und wartete darauf dass er mir die Antworten gab, die ich verlangte.

"Um alles richtig zu verstehen, fangen wir bei der Frage an, was du bist. Die Antwort ist einfach, du bist ein Mensch."

Um ehrlich zu sein hatte ich mir eine andere Antwort erhofft. Ich war tatsächlich ein einfacher Mensch? Also nichts besonderes... Menschen lebten nicht hier im Wald. Was würde denn das bedeuten? Musste ich dann hier weg?

Aber dann sprach Silas weiter.

"Es gibt allerdings Menschen, die eine Verbindung zu der Magie haben. Man nennt diese auch Medium. Jedes Medium hat andere Fähigkeiten. Manche können mit dem Jenseits kommunizieren, andere können Tiere und die Natur verstehen. Es gibt auch welche die in die Zukunft sehen können. Und noch viele andere Fähigkeiten, doch manche sind auch Scharlertane. Sie tun so als ob sie Fähigkeiten besitzen, tun dies aber nicht. Sie legen die Menschen damit rein, die für ihre Dienste Geld geben. Zum Beispiel um mit einem verstorbenen Angehörigen zu kommunizieren. Richtige, wahrhaftige Medium gibt es sehr wenige und sie sind verstreut auf der ganzen Welt. Und du bist genau solch eines, was dich trotz deiner Menschlichkeit, zu einem übernatürlichen Wesen macht."

Diese Worten schlugen ein wie eine Bombe.
"Ich bin also doch übernatürlich." sagte ich nachdenklich und fragte mich, was für Fähigkeiten ich wohl hatte. Welche Macht besaß ich? Ich schaute auf meine Handflächen und als ob Silas genau wusste was in mir vorging, fügte er weitere Erklärungen hinzu.

"Du kannst mit Tieren kommunizieren. Du kannst ihre Gefühle wahrnehmen, oder so ähnlich. Wie das genau funktioniert weiß ich auch nicht, jedenfalls fällt es dir nicht so schwer mich in meiner Wolfsgestalt zu verstehen. Ich musste mich immer sehr selten in einen Menschen verwandeln."
Ich war verblüfft. Ich konnte das Tatsächlich? Kaum vorstellbar.

"Seit du diese Fähigkeit beherrscht, kannst du im übrigen auch kein Fleisch mehr essen. Das ist der Nachteil."
Das erklärte warum ich mich gestern übergeben hatte. Das machte Sinn.

"Sonst auch noch was?" fragte ich Silas. Doch jetzt wirkte er eher verstimmt. Das folgende was er erzählte, schien ihm nicht zu gefallen.

"Du hast auch Träume.. Oder Visionen. Manchmal kommen sie über dich während du schläfst, manchmal aber auch wenn du wach bist. Jede Vision ist anders. Das sagtest du mir auf jeden Fall. Und du sagtest auch, dass du jede Vision aus einem bestimmten Grund hast. Die ersten waren harmlos... Doch dann... Wurde es gefährlich."

Ich musste gesagtes erstmal verdauen. Ich war in der Lage Visionen zu empfangen? Meine Kopfschmerzen, die ich vor wenigen Momenten bekommen hatte, schienen nach und nach stärker zu werden, deshalb hielt ich mir die Hand an den Kopf. Mein Blick löste sich von Silas und wanderte weiter rüber zu Lucius, der uns noch immer in Gesellschaft von Marita genaustens beobachtete. Kurz verweilten meine Augen auf dem Vampir und dann schoss es mir durch den Kopf wie ein Blitz. Der eingebildete Kuss!! Es war so real, und dennoch nicht echt. War das eine Vision? Sollte dieser Tagtraum mir meine Zukunft mit ihm zeigen?

Silas räusperte sich und schnell wandte ich meinen Blick von Lucius ab um ihm wieder anzusehen.
"Warum wurde es gefährlich? Was ist passiert?"

Der Werwolf seufzte und lehnte sich lässig gegen einen Baumstamm.
"Du hast von einer bösen Hexe geträumt. Und von Dämonen. Von den Menschen die sie gequält haben. Du hast so ein weiches Herz Katharina, die Visionen haben dich sehr mitgenommen. Jeder einzelnen bist du genau nachgegangen. Natürlich war ich stets an deiner Seite. Ich habe dir versprochen dir zu Helfen die Menschen zu beschützen. Und dann, haben wir es mit Hilfe einer guten Hexe sogar geschafft, ein paar zu retten. Doch je öfter wir Erfolg hatten, umso mehr waren wir den anderen ein Dorn im Auge, bis DU schließlich zu ihrem Ziel wurdest. Wir haben gegen sie gekämpft. Immer und immer wieder. Du warst so tapfer...

Bis wir auf die böse Hexe trafen. Wir hatten den Fehler gemacht sie zu unterschätzen. Sie sprach einen Todesfluch über dich aus, und fast hätte sie es auch geschafft. Zusammen mit der guten Hexe, Elea, habe ich es geschafft sie in die Flucht zu treiben, aber sie ist immer noch da draußen.

Der Fluch hat dich zwar nicht getötet, hat aber deine Erinnerungen ausgelöscht. Wir hatten den Kampf verloren und mussten dich in Sicherheit bringen. Also hat Elea einen mächtigen Teleport Zauber ausgesprochen, der ihr viel abverlangt hat. Sie brachte uns hier her, in den blauen Wald.  Es wäre der sicherste Ort, denn hier wollten die Kreaturen den Frieden. So sagte man es sich in den Legenden zumindest.

Du warst zwei Tage ohne Bewusstsein. Ich war die ganze Zeit bei dir. Keine Sekunde warst du allein Katharina. Ich war immer da.  Bis zu meinen Tod werde ich an deiner Seite sein. Ob du dich erinnerst oder nicht, spielt keine Rolle. Du ziehst mich an wie ein Magnet."

Ich hob die Hand als Zeichen dass Silas aufhören sollte zu Sprechen. Ich war im Moment überfordert. Völlig überfordert. Dieser Tag hatte es wirklich in sich. Die Schmerzen in meinen Kopf wurden immer schlimmer.

"Wieso hast du gewartet? Wieso hast du mir nicht gleich alles erzählt? Warum hast du mich in der Unwissenheit lassen, wenn ich dir ja doch angeblich so wichtig bin?" fragte ich Silas, und ein wenig Verzweiflung schwinkte in meiner Stimme mit. Der Mann mir gegenüber wirkte nun traurig.

"Ich dachte, wenn du es nicht weißt, und deine Kräfte nicht aktiv werden, wärst du in Sicherheit. Dann könnte dich niemand aufspüren. Die Dämonen würden kommen..."
Ich schluckte schwer. Das war gerade einfach zu viel. Niemals hätte ich etwas so... Krasses erwartet.

"Danke Silas, dass du mir all das erzählt hast. Aber jetzt muss ich das alles erstmal verdauen. Bitte entschuldige mich."
Ich versuchte ihn anzulächeln, was mir aber nicht wirklich gelang. Alles was mir erzählt wurde, prasselte auf mich ein und die Kopfschmerzen wurden zu einer quälenden Migräne. Ich wandte mich von Silas ab und ging zu Lucius und Marita zurück.

Jeder Schritt fühlte sich schwer und träge an, und dazu kam die Übelkeit, die die Migräne mit sich brachte. Als Lucius sah, dass meine Unterhaltung mit Silas beendet war, ging er auf mich zu. Nein er lief so wahnsinnig schnell dass meine Augen es kaum wahrnehmen konnten. Und das war gut. Mein Vampir schloss mich genau in der Sekunde in die Arme, als meine Beine nachgaben und alles um mich herum schwarz wurde.

Luana, Gefangene des ÜbernatürlichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt