Kapitel 29: Wunder und Schmerz

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Silas
Als ich aufwachte, stach es schmerzvoll in meiner Brust. Es tat so unglaublich weh, dass ich mich zunächst kaum bewegen konnte. Zuerst dachte ich, jemand hätte mir ein Messer in die Brust gerammt, aber als ich meinen Körper begutachtete, war da nichts. Dieser Schmerz kam von innen.

Meine Augen sahen sich um, dabei entdeckte ich die Hexe, die noch seelenruhig schlief. Doch der Platz von Katharina, er war leer. Wo war sie?

Ich atmete einige Male tief durch und versuchte so den Schmerz unter Kontrolle zu bekommen. Mit Mühe stand ich auf und schleifte mich nach draußen. Die Sonne schien bereits, die Zentauren gingen ihren Beschäftigungen nach.

"Katharina? Katharina!!"
Ein paar der Wesen schauten mich verwundert an, ignorierten mich dann aber wieder. Eines der kleineren Pferdmenschen fragte eine Ältere, was ich denn hätte, aber ich hörte gar nicht mehr hin. Ich wollte sie einfach nur finden.

"KATHARINA!! KATHARINA!!!"

"LUANA!!!"

Ich schrie ihren Namen so laut aus, weil ich wusste dass irgendwas passiert war. Der Schmerz in meiner Brust war so gewaltig stark, dass es mir die Tränen vor lockte.

Da kam dieser sogenannte König auf mich zu, aber ich war so verzweifelt dass ich ihn zunächst gar nicht wahr nahm.

"Silas, junger Freund. Ist etwas passiert?" fragte er und dann kam auch schon die Hexe angelaufen und eilte auf mich zu. Der Schmerz zwang mich in die Knie.

"Silas, was ist passiert? Wo ist Luana?"
Ihre Stimme wahr voller Sorge, aber niemals könnte sie verstehen was gerade los war. Wie denn, ich verstand es selbst ja kaum. Erst nach und nach verstand ich. Ich erinnerte mich daran, was mir einst als kleiner Junge erzählt wurde.

"Wenn ein Wolf verlassen wird, dann schmerzt ihn dass so sehr, dass er glaubt er stirbt. Aber das tut er nicht. Er bleibt zurück und muss mit den Qualen leben, die sein Gefährte ihm damit antut."

Hatte sie mich wirklich verlassen? Mit voller Absicht? Aber warum? War dieser Vampir aufgetaucht? War sie mit ihm abgehauen? Das verstand ich nicht. Wir hatten doch so offen miteinander gesprochen.

Marita packte mich an den Schultern und rüttelte mich durch damit ich ihr antwortete.

"Sie ist weg. Sie hat uns verlassen. Sie hat mich verlassen."

Ich war gebrochen. Wieso? Wieso fragte ich mich immer wieder.

"Oh nein.... Das ist meine Schuld. Sie ist bestimmt gegangen weil ich ihr Angst gemacht habe."

Voller Entsetzen schaute ich diese rothaarige Hexe an. Was hatte sie denn nun schon wieder angerichtet?

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Lucius
Ich konnte es kaum erwarten meine geliebte Luana wieder zu sehen. Konnte es kaum erwarten sie wieder in meine Arme zu schließen. Die Verabschiedung von Lestat und Lene war sehr emotional gewesen, und es sind auch ein paar Tränen geflossen, aber schlussendlich war es ihre eigene  Entscheidung, woran ich nichts ändern konnte. Genauso wie ich mich entschieden hatte.

Die ganze Zeit über, konnte ich den Geschmack ihres Blutes nicht vergessen. Nicht, weil ich mich danach verzehrte, sondern wegen dieser einzigartigen Geschmacksnote. Ich versuchte mich angestrengt zu erinnern ob ich so etwas schon jemals geschmeckt hatte. Aber letztendlich musste ich mir eingestehen dass dieser Geschmack völlig neu war. Und dann ist noch etwas seltsames passiert...

Es war schon merkwürdig genug, dass der Wolfsbiss, nachdem ich Luanas Blut getrunken hatte, innerhalb einer halben Stunde verheilt war. Normalerweise dauerte dies ein paar Stunden. Aber als ich mich zusammen mit meiner Familie an den Waldrand begeben hatte, und wir uns einen Schlafplatz gesucht hatten, überkam mich ein merkwürdiges Verlangen.

Während die anderen schliefen, war ich wach. Denn mich überkam der Wunsch in die Sonne hinaus zu gehen. Und es war nicht nur ein Wunsch. Es war ein Bedürfnis, dem ich nachgehen musste, als würde mir etwas sagen dass ich es tun musste. Klar, mein Verstand sagte mir, dass das ziemlich masochistisch war, aber ich konnte nicht anders.

Zuerst streckte ich meine Finger in die Sonne. Es passierte nichts. Dann meine Hand, gefolgt von meinen Arm und dann irgendwann stand ich komplett in der Sonne. Und noch immer passierte nichts. Die Sonne hatte keine Macht mehr. Das war das unglaublichste was ich in meinen ganzen Vampirleben erlebt hatte!! Ich konnte wieder in die Sonne!

Ich entschied mich, dieses Geheimnis erstmal für mich zu behalten, denn wenn sich das herum sprach, wäre es eine Katastrophe. Und ich hatte auch nur die Vermutung, dass es an Luanas Blut lag.

Auf den darauf folgenden Tag, versuchte ich es erneut. Doch diesmal begann wie gewöhnlich meine Haut zu brennen an. Ich war enttäuscht. Wenn meine Vermutung also stimmte, und Luanas Blut die Immunität gegen Sonnenlicht bewirkte, dann war dies nur für kurze Dauer. Also war meine Entscheidung gut, es geheim zu halten. Es nicht meiner Familie zu erzählen. Wenn Lene dass nämlich in der Stadt raus gerutscht wäre, und diese Tatsache die Runde machen würde, wären alle Vampire hinter dem Mädchen her dass ich liebte.

Ich musste dass mit ihr erstmal unter vier Augen klären. Aber abgesehen davon, sehnte ich mich einfach schon so sehr nach ihrer Gegenwart, dass es mein totes Herz zeriss. Kaum war die Sonne untergegangen, zerrte ich Isabella an der Hand.

"Los komm schon!! Beeil dich!!" hetzte ich sie denn ich konnte es wirklich kaum erwarten. Ich fühlte mich so lebendig. So frei, wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Meine Vampirmutter schien das ganze zu amüsieren und sie lachte über mein Verhalten. Sie freute sich für mich. Und das wiederum machte mich glücklich.

Wir liefen in der Vampir Geschwindigkeit durch den Wald und erst als wir in der Zentaurensiedlung ankamen, blieben wir stehen. Isabella war etwas ausser Atem, aber ich rief nur freudig ihren Namen.

"Luana!!"

Die Zentauren schauten uns alle auf merkwürdige Weise an. Zuerst schob ich es der Verwunderung zu, dass zwei Vampire zwischen den Pferdewesen standen, als wäre es das normalste. Denn dies war es nicht. Einige Mütter brachten ihre Fohlen weg. Weg von uns.

Ich erwartete meine Liebste jeden Moment zu sehen, wie sie auf mich zukam, aber sie kam nicht. Stattdessen kam Arik. Sein Blick war voller Sorge, Mitgefühl und... Traurigkeit.

"Lucius, mein Freund. Ich habe leider schlechte Neuigkeiten. Luana... Ist verschwunden."

Luana, Gefangene des ÜbernatürlichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt