Kapitel 39: Glücklich sein

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Lucius

Als ich aufwachte, musste ich lächeln. Denn das wundervollste Geschöpf auf Erden schlief in meinen Armen. Luana war so unglaublich schön, und während ich sie betrachtete, wirkte sie wahrhaftig wie ein Engel. Ein Engel der einen Vampir liebte. Und ein Vampir, der einen Engel liebte. Das wäre eigentlich Stoff für einen kitschigen Liebesroman, aber für uns war es die Realität.

Ich würde nicht zulassen, dass jemand meiner Schönen irgend etwas antun würde. Bevor das geschehen würde, würde ich mein unsterbliches Leben für sie opfern. Mein Leben, dass nun völlig anders war, als einige Wochen zuvor. Diese junge Frau, hatte mich verändert, aber zum Besseren hin. Ich hatte durch sie einen Teil meiner Menschlichkeit wieder gefunden.

"Du solltest sie verwandeln, dann wäre sie wahrscheinlich kein Ziel mehr dieser Hexe."
Lestats Worte drangen zu mir vor und ich verengte augenblicklich meine Augen. Sein Ultimatum hatte ich schon völlig vergessen, beziehungsweise hatte es verdrängt. Ich wollte gar nicht an die Möglichkeit denken, ihr das Leben zu nehmen und aus ihr einen Dämon zu machen.

"Wir wissen nicht was eine Verwandlung mit ihr machen würde. Sie ist vermutlich ein Nephelim, Lestat. Es sollte nur der allerletzte Ausweg sein." meinte ich ohne meinen Blick von Luana zu lassen. Ich konnte mich an ihr einfach nicht satt sehen. Sie war das Beste was mir in 233 Jahren passiert war.

"Dennoch. Du kannst nicht mit ihr zusammen sein, wenn sie kein Wesen der Nacht wird. Wie soll das funktionieren?"

Ich seufzte aus. Warum war Lestat nur so verbohrt? Er hielt an seinen Prinzipien fest. Er lebte in der Vergangenheit. In einer Vergangenheit wo Vampire nur unter ihres Gleichen glücklich sein konnten. Er wollte nicht akzeptieren das es auch andere Wege gab. Langsam setzte ich mich auf und deckte meine Liebste vorsichtig zu, ehe ich meinen Blick zu Vater richtete.

"Wir können mit ihrem Blut in das Tageslicht. Sie verändert alles."

Die Augen meines Erschaffers wurden groß, obwohl Isabella es ihm letzte Nacht bereits berichtet hatte. Doch dies dauerte nur eine Sekunde an, ehe er wieder einen gleichgültigen Blick aufsetzte.

"Vampire gehören in die Dunkelheit. Vergiss das nicht. Vergiss nicht wer oder was du bist, mein Sohn. Ich will dass du glücklich bist, aber ich will dich nicht an ein Wesen verlieren, dass dich in eine andere Welt hinein zieht."

War das etwa sein Ernst? Ich glaubte einfach nicht was er da sagte. Er, gerade er der Lene manipuliert hatte, und ihr eingeredet hatte sie wäre für mich bestimmt. Er, der dafür gesorgt hatte, dass sie in all den Jahren unglücklich war. Nur weil er wollte dass ich endlich eine Gefährtin hatte. Und jetzt wollte er mich nicht verlieren?

"Du verlierst mich nicht Lestat. Warum kannst du Luana nicht einfach akzeptieren? Akzeptiere es, dass ich sie liebe. Isabella hat es auch geschafft. Du bist erstarrt, und das seit über 800 Jahren."

Er knurrte. Es passte ihm einfach nicht dass ich anderer Meinung war wie er. Er war der Anführer unseres Clans, das Oberhaupt unserer Familie. Aber er konnte einfach nicht verstehen. Mein Vater war festgewachsen.

"Streitet euch nicht." erklang die Stimme meiner Mutter, als diese nun auch wach wurde. "Wir sollten uns einfach darüber freuen dass wir wieder zusammen sind. Und mein Liebster, gib dem Mädchen eine Chance. Ich bin sicher sie wird dich noch positiv überraschen."

Ich sah wie Lestat ihr etwas entgegnen wollte, aber dann entschied er sich dagegen. Isabella wusste immer welche Worte sie sagen musste, um diesen steinalten Vampir zu besänftigen.

Lestat stand auf und hielt Isabella die Hand hin, die sie auch gleich ergriff. Die Beiden verließen die Hütte, da draußen die Nacht bereits wieder eingetroffen war.

Ich fuhr mir mit der Hand durch mein Gesicht. Wie viele Probleme sollten sich uns denn noch in den Weg stellen? Vielleicht sollte ich einfach mit Luana abhauen. Irgendwo hin wo uns niemand finden würde. Raus aus dem blauen Wald, weg von den Werwölfen, wo Lilith sie nicht finden könnte. Wo wir ungestört glücklich werden konnten. Doch gab es so einen Ort überhaupt?

Während ich mir Gedanken machte, begann ich wieder meinen schönen Engel zu betrachten. Sie war das Wichtigste. Sie hatte oberste Priorität. Aber ich wusste dass Luana niemals einverstanden wäre, mit mir durchzubrennen. Denn sie würde Silas nicht wieder verlassen, um ihm seine Qualen zu überlassen. Auch Marita würde sie nicht zurück lassen wollen, denn die beiden hatten so eine innige Freundschaft aufgebaut. Es war mehr wie Freundschaft. Mir kam es manchmal so vor, als würde Luana unsere Freundin wie eine Mutter wahr nehmen. Und sie brauchte diese Familie um sich herum.

Es war zum verrückt werden. Warum war es so schwer glücklich zu sein? Ich knurrte leise und plötzlich bewegte sich Luana. Mist, hatte ich sie geweckt? Das wollte ich nicht.

"Lucius, was ist los?" murmelte sie schlaftrunken. Sie hatte mein Knurren anscheinend wahr genommen und ich könnte mich dafür selbst Ohrfeigen.

"Gar nichts. Alles ist in bester Ordnung." flüsterte ich ihr leise zu und strich ihr sanft ein paar dünne Haarsträhnen hinter ihr Ohr. Es war süß, wie sie zu lächeln begann. Dies erzeugte bei mir ebenfalls ein kleines Schmunzeln und  küsste darauf hin ihre Wange.

Luana drehte sich etwas und begann ihre Augen zu öffnen, ehe sie mich vollkommen zufrieden anlächelte.
"Guten Morgen, mein Schatz."

Ihre liebevolle Begrüßung schmeichelte mir und die Unterhaltung mit Lestat hatte ich bereits wieder verdrängt. Denn mir wurde klar, ich brauchte nur ihr Lächeln um glücklich zu sein.

"Guten Abend, meine Liebste."

Luana, Gefangene des ÜbernatürlichenWhere stories live. Discover now