Kapitel 43: Dunkelheit

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Bis zum Abend hin wechselten Lucius und ich kein Wort mehr miteinander. Es tat mir im Herzen weh. Eigentlich wollte ich ihm vermitteln dass ich einverstanden war, wie er zu sein. So könnte er mit seiner Familie zusammen sein ohne dass er sich entscheiden musste. Aber er wollte diese Möglichkeit nicht mal in Betracht ziehen. War unsere gemeinsame Zeit etwa nur begrenzt? Wie stellte er sich unsere Zukunft vor?

Die Sonne war noch nicht ganz untergegangen, Lucius musste noch ungefähr eine halbe Stunde warten ehe er hinaus konnte, ohne unser gemeinsames Geheimnis zu verraten. Aber ich sagte, ich würde schon mal raus gehen. Zu meinen Glück bemerkte niemand meine Anwesenheit vor der Hütte, alle schienen in Gesprächen verwickelt zu sein. Silas streichelte ich kurz hinter den Ohren ehe ich nach hinten in Maritas Kräutergarten ging. Ich brauchte ein paar Momente nur für mich. Hier war niemand, und das war gut so.

Ich entschied mich etwas spazieren zu gehen, nicht weit, nur in unmittelbarer Nähe. Sollte etwas merkwürdiges geschehen, könnte ich rufen und Silas und die Anderen würden mich bestimmt mit Leichtigkeit hören.

Während ich also meinen Beinen etwas Bewegung gönnte, kam mir ein Einfall. Es gab jemanden, der meine Verwandlung wollte. Lestat. Ich musste ihm fragen warum er darauf bestand, warum er Lucius so ein Ultimatum stellte. Es stimmte zwar, dass ich ein Halbengel war, und gerade erst mein Licht gefunden hatte, aber was brachte mir das wenn ich nicht mit dem Wesen zusammen sein konnte das ich liebte? Vielleicht war das ja der Grund warum Lestat so handelte? Oder hatte Lillth was damit zu tun um einen Streit mit Lucius zu provozieren? Ich musste es herausfinden.

"Lamchita, bist du da?" flüsterte ich leise und hoffte der Nebelpader wäre in der Nähe. Kurz darauf hörte ich auch schon sein leises Mauzen und ich musste lächeln beim Anblick der Wildkatze. Langsam ging ich in die Hocke und begann Lamchita zu kraulen.

"Sag mal, weißt du wo die Vampirhöhle ist? Kannst du mich dort hin bringen?"
Der Nebelpader legte den Kopf schief und sah mich fragend an. Ich merkte dass er zweifelte, ob dies eine gute Entscheidung war.

"Bitte. Es ist wirklich wichtig." versuchte ich ihn zu überzeugen und er nickte anschließend. Ich seufzte erleichtert aus und begann mit Lamchita tiefer in den Wald zu gehen. Ich hatte keine Ahnung wie lange es dauern würde, und ich wusste wie gefährlich es war, nachts allein im Wald herum zu laufen, aber ich hörte nun mal auf mein Herz. Ich tat, was ich für richtig hielt. Es musste einfach sein. Ich musste mit Lestat sprechen.

Ich versuchte mir wieder positive Gedanken zu machen, damit der Wald wieder schön auf mich wirkte, genauso wie damals nachdem ich mit Lucius auf der Lichtung war. Ich versuchte mir alles in Erinnerung zu rufen. Doch bei jedem Knax, wenn ich auf einem Ast am Boden trat, schreckte ich zusammen. Der Wald schien meinen Gemütszustand genau zu kennen, denn es herrschte tiefe Dunkelheit.

Seit einer Weile herrschte schwarze Nacht. Nur der Mond schien auf die Bäume herab. Es war... Vollmond. Genauso wie bei meiner Ankunft im Wald. Ob das ein Zeichen war? Ich erinnerte mich an Maritas Worte, dass der Mond uns mehr beeinflusst als uns bewusst war.

Lamchita war schnell und ich musste mich beeilen ihm hinterher zu kommen. "Warte." sagte ich doch da fiel ich auch schon hin. War ich gestolpert? Als ich mich aufrichten wollte, spürte ich wie jemand an mich heran trat und mir den Mund zu hielt.

Wer ist da?

Ich versuchte mich zu drehen, doch meine Arme wurden fest gehalten. Hilfe! Irgendjemand hielt mich mit Gewalt fest und ich konnte Lamchita nicht mehr sehen. Lamchita!

"Da haben wir dich ja, Nephelim." Diese Stimme sorgte bei mir für Gänsehaut. Ich konnte nach wie vor keine Gesichter erkennen. Ich erkannte niemanden. Wenn ich nicht fühlen würde, wie mich jemand bewegunsunfähig machte, hätte ich schwören können dass ich allein war. Aber hier war defenitv jemand.

In was für ein Schlamassel hatte ich mich nun wieder selbst rein geritten? Wieso musste ich auch bei tiefster Dunkelheit los? Ich war echt dumm...

"Luana? Luana!" jemand rief meinen Namen. Mein Verschwinden war inzwischen aufgefallen und ich wette meine Freunde suchten bereits nach mir. Vielleicht könnte ich ja mein Licht einsetzen um ihnen den Weg zu zeigen. Also versuchte ich mich zu konzentrieren. Das Gefühl der Liebe hatte das letzte Mal diese Kraft ausgelöst. Also dachte ich an das was ich am meisten liebte. Lucius.

Ich fühlte es in meinen Körper. Ich war stark. Ich war sehr stark. Ich war mutig, und ich konnte kämpfen. Ich konnte alles schaffen was ich wollte. Das Gefühl der Liebe in mir wurde stärker und ich fühlte Wärme die aus meinen Inneren heraus kommen wollte.

"Scheisse, was macht sie da? Sie leuchtet!"

"Schnell weg hier."

Es war nicht nur eine Gestalt. Nun konnte ich zwei verschiedene Stimmen ausmachen. Aber das war egal, ich konzentrierte mich weiter. Ich wusste gleich hätte ich es geschafft und das Licht würde aus mir heraus brechen, aber dann spürte ich einen Schlag auf meinen Kopf.

Luana, Gefangene des ÜbernatürlichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt