Kapitel 27: Wiedersehen

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Nun kamen wir an dem Ort an, den die Zentauren wohl ihre Siedlung nannten. Viele Pferdemenschen, die sich von ihrem Aussehen so unterschieden, wie die Menschen selbst. Und doch wirkte jede von ihnen majestätisch und erhaben, und zusammen schienen sie eine Einheit zu sein. Und jetzt wusste ich warum Aurora wollte dass sich Silas in seine Menschengestalt verwandelte, denn ihr Nachwuchs tollte wild umher. Eine Mischung aus wiehern und Kinderlachen erfüllte die Luft um uns herum, und ihre fröhliche, unschuldige Stimmung drang bis zu meiner Seele vor. Die Bäume standen eng zusammen, und über unseren Köpfen konnte ich Dächer aus Lianen, Ästen und anderen Pflanzen erkennen die sie wohl selbst gebaut hatten. Es war bestimmt ein sehr guter Schutz gegen Unwetter und wirkte auch recht stabil. Es gab auch ein paar kleine Lichtungen, die von wunderschönen Blumen umrandet wurden. All das war in der Dunkelheit sehr gut zu erkennen, denn hier schwirrten wieder diese kleinen Leuchtkäfer umher.

Ich war beschäftigt mir alles hier genauer anzusehen, als ich eine Zentaurenfrau wahr nahm, die wohl die kleinen einsammelte. Ich war verzaubert von der ganzen Atmosphäre, als Silas die Hand auf meinen Rücken legte.

"Komm weiter." wies er mich an und deutete zu Aurora, die schon ein paar Meter vor uns lief. Sie führte uns zu einem Bauwerk, das wohl in der gleichen Art konstruiert wurde, wie die Dächer die ich zuvor bewundert hatte. Jedoch mit dem Unterschied, dass nicht nur ein Dach gebaut wurde, sondern auch vier Wände rundherum. Aber groß genug, dass diese Pferdemenschen reinpassten. Den Eingang verdeckten Lianen. Mir kam das alles vor wie in einem Märchen.

Aurora hielt die Lianen etwas zur Seite und vermittelte so, dass wir eintreten konnten. Ich ging zuerst hinein, dann folgte mir Silas.
Drei Gesichter blickten uns entgegen, als wir das Innere der Behausung betraten.

"Sei gegrüßt, Luana."

Der Zentaurenkönig Arik begrüßte mich mit einem Lächeln, doch mein Blick huschte sofort zu der rothaarigen Frau hinter ihm.

"Marita!"

Eilig lief ich zu meiner Freundin hin und umarmte sie ganz fest. Diese war zunächst überrascht, wegen der stürmischen Begrüßung, doch schlang auch sie dann ihre Arme sanft um mich.

"Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht." nuschelte ich gegen ihre Schulter. Die Hexe strich ein paar mal, wie eine Mutter es machen würde, über meinen Kopf.
"Tut mir leid, das war alles meine Schuld. Ich hoffe dir geht es gut?"

Ich nickte und versuchte ein paar Tränen zurück zu halten. Jetzt wo ich Marita wieder sah, merkte ich wie sehr ich sie doch die paar Tage vermisst hatte. Sie hatte bereits einen sehr wichtigen Platz in meinen Herzen eingenommen.

"Hallo, mein Name ist Arik. Wer bist du denn, junger Wolf?" Die Stimme des Königs riss mich aus der emotionalen Begrüßung.

"Silas. Ich gehöre zu ihr." brummte mein selbsternannter großer Bruder. Für meinen Geschmack hätte er sich ruhig etwas höflicher anstellen können, aber darüber nachzudenken hatte ich keine Zeit, denn erst jetzt fiel mir auf, dass sich ein weiteres Wesen bei uns befand.

"Freut mich außerordentlich euch beide kennen zu lernen. Mein Name ist Eva!"
Eine Frau in einem wunderschönen grünen Kleid lächelte uns an. Ihre Worte klangen eher wie ein Gesang, anstatt einer Vorstellung, lieblich und süß. Eva bewegte sich auf mich zu, dabei hatte ich den Eindruck sie würde über den Boden schweben. Sie nahm mich in den Arm, und das gleiche tat sie dann auch bei Silas. Dieser versteifte sich total bei der plötzlichen Berührung und ich hatte den Eindruck, dass er ganz und gar nicht wusste wie er reagieren sollte.

"Ich warte draußen." brummte er und verließ den Raum ohne eine Antwort von uns abzuwarten. Unhöflicher Kerl!

"Wir sollten auch gehen, Eva. Marita und Luana haben sicher einiges zu besprechen."
Wies Arik die Frau an und diese lachte leise auf und nickte. "Aber natürlich." dann schwebte sie hinaus und der Zentaur folgte ihr. Nun war ich mit Marita allein und umarmte sie noch mal.

"Wie geht es dir Marita?" fragte ich sie voller Sorge. Nur zu gut konnte ich mich an die letzten Momente des Rituals erinnern. An ihren bewusstlosen Körper der auf Arik lag.

"Mir geht es wieder richtig gut. Ich warte nur noch auf das OK der Elfen um in die Hütte zurück kehren zu können." erklärte sie mir und ich musste mich zusammen reißen damit ich sie nicht mit Fragen überschlug.

"Die Elfen reinigen den Ort von der dunklen Magie." Lucius hatte also Recht und Arik hatte diesbezüglich wohl alles in die Wege geleitet.

"Richtig. Wenn ich gewusst hätte, dass es soweit kommt, hätte ich das Ritual niemals durchgeführt. Ich habe nicht daran gedacht, dass das Böse die Verbindung nutzen könnte, oder geschweige denn dass es so stark sein kann."

Maritas Gesicht war voller Selbstvorwürfe, dies konnte ich aber nicht zulassen.
"Wie hättest du das wissen sollen? Es war nicht deine Schuld. Du hast es schließlich geschafft, das Böse wieder zu vertreiben. Obwohl ich immer noch nicht verstehe wie und was da eigentlich genau passiert ist."

Marita nahm meine Hände in ihre und schenkte mir ihr berühmtes Lächeln. Dieses wirkte beruhigend auf mich. Es schenkte mir  Geborgenheit.
"Diese böse Hexe, von der Silas sprach, ist stärker als alles was mir bisher begegnet ist. Sie hat die Fähigkeit, Dämonen zu kontrollieren. Sowas ist wirklich sonderbar und ich habe zuvor auch noch nie davon gehört, dass eine Hexe zu so etwas im Stande sein könnte. Die Dämonen wollten deine Energie, dein Licht aus dir saugen. Alles was gut ist, damit nichts als Schwärze übrig bleibt. Während ich Kontakt zu Elea aufgenommen habe, hat sie es geschafft kurz die Kontrolle zu übernehmen."

Die Erklärung der Hexe schockte mich zutiefst. Wie sollte ich denn einen Kampf mit so einer mächtigen Hexe überstehen? Sie hatte so gewaltige Kräfte?

"Ich glaube, sie hat nur darauf gewartet, dass Elea Kontakt aufnimmt. Sie muss sie magisch irgendwie überwacht haben."

Ich entzog meiner Freundin meine Hände um mein Gesicht in diese zu legen. Ich fühlte mich als ob ich in ein tiefes Loch fallen würde. Wie sollte ich es schaffen meine Freunde vor dieser Hexe zu schützen? Wie sollte ich ihr entkommen? In was für einer Scheiße steckte ich da nur drin?

"Konntest du... Mit Elea kommunizieren?" war das einzige was ich mit gebrochener Stimme aus meinen Mund brachte.

"In der Tat. Sie meinte, egal wie schrecklich der Moment auch sein Mag, du Luana, besitzt die Kraft und die Stärke damit zurecht zu kommen. In dir steckt ein Licht, das alle Schatten vertreibt."

Was sollten diese Worte denn bedeuten? Ich hatte doch keine Kraft, kein Licht. Wie sollte ich das denn anstellen? Ich konnte mit Tieren kommunizieren. Eine einzige Vision hatte ich. Wie sollte mir dass denn bei einem Kampf gegen so finstere Mächte helfen?

"Marita.. Das... Ich glaube ihr erhofft euch zuviel von mir. Ich bin nicht so stark.. Ich bin doch nur ich. Es tut mir leid dass ich euch so ein Unglück in den Wald gebracht habe. Ich glaube so etwas bin ich nicht gewachsen."

Ich war der Verzweiflung nahe. Überfordert begann ich auf und ab zu gehen und fühlte wieder diese starke Einsamkeit in mir. Der Wunsch, Lucius bei mir zu haben kam wieder auf. Aber im Moment verabschiedete er sich von der Hälfte seiner Familie, die meinetwegen weg ging. Auch ihm brachte ich Leid. Der Hass gegen mich selsbt, wuchs in diesem Moment enorm.

Luana, Gefangene des ÜbernatürlichenWhere stories live. Discover now