Kapitel 18: Das Ritual

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Ich fragte mich, ob dieser Zauber, den Marita flüsternd sprach, überhaupt funktionierte. All die Arbeit wäre umsonst gewesen, wenn das Ritual fehl schlug. Seit einer gefühlten Stunde saßen wir nun in dem Pentagramm, ohne dass irgend etwas passierte. Ich seufzte leise aus und sah rüber zu Lucius und Arik. Der Zentaur wirkte angespannt und konzentriert, genauso wie mein Vampir. Hatten sie denn keine Zweifel? War ich zu Ungeduldig?

Plötzlich begann das Seil in meiner Hand sich zu bewegen. Als ob es plötzlich zum Leben erwacht wäre, schlängelt es sich über mein Handgelenk. Panisch riss ich meine Augen auf, suchte den Blick der Hexe die mir aber zu verstehen gab, dass alles gut sei.

Das Seil war die Verbindung zwischen Marita und mir, jetzt verstand ich erst richtig was das bedeutete. Aber diesen Satz vorhin, dass ich das Seil nicht los lassen durfte, war wohl überflüssig, denn es schien regelrecht an meinen Handgelenk zu kleben. Und nicht nur das, es zog sich enger zu, es tat schon etwas weh. Ich hatte Angst es würde mir die Adern abschnüren, aber dem war nicht so, denn nach einigen Minuten, hielt das violette Seil wieder Still, aber es blieb konstant an mir dran.

Wieder schien eine lange Zeit zu vergehen, und ich konnte beobachten wie der Mond über den Nachthimmel wanderte. Natürlich bewegte sich nicht der Mond, sondern die Erde, aber das war ja jetzt auch nicht das Thema. Jedenfalls, nach dieser gefühlten Ewigkeit, stellte ich fest dass in Marita irgend etwas vor sich ging. Ihre Haare begannen leicht zu fliegen, obwohl nicht das geringste Lüftchen wehte. Kurz darauf merkte ich wie das Seil um meinen Handgelenk immer und immer wärmer wurde. Die Flammen der Kerzen stachen auf einmal in die Höhe und vereinten sich zu einer, sodass vier große Flammen entstanden. Ich hatte echt Angst dass die Flammen auf die Bäume übergehen würden.

Lucius näherte sich mir, als er meine Reaktion sah. Er schien komplett ruhig, im Gegensatz zu mir. In mir stieg nämlich Panik und Angst auf. Der Vampir stellte sich einen Meter hinter mich.

"Ganz ruhig. Marita weiß genau was sie tut. Konzentrier dich auf sie und habe Vertrauen."

Leichter gesagt als getan. Ich atmete tief durch und richtete meinen Blick wieder auf die Hexe und versuchte mich mit meiner ganzen Aufmerksamkeit auf sie zu konzentrieren. Noch immer kam aus ihren Mund ein Flüstern, jedoch wurde es immer lauter, nur nicht ihre Stimme. Das war merkwürdig und verstand auch jetzt noch kein einziges Wort von dem was sie da sagte. War es vielleicht sogar irgend eine fremde Sprache?

Meine rothaarige Freundin schien sich in einer Art Trance zu befinden. War ihr Geist jetzt in Verbindung mit der anderen Hexe? Ich hoffte so sehr dass es klappen würde.

Die Hitze des Seiles strömte aus und brachte allmählich meinen Körper dazu, seine Temperatur hoch zu fahren, dass ich sogar trotz der kühlen Nachtluft, zu schwitzen begann. Dennoch versuchte ich mich weiter zu konzentrieren und begann kontrollierter zu Atmen.

Zu der Hitze kam etwas später noch ein anderes Gefühl hinzu. Ein Gefühl, dass ich schwer beschreiben konnte. Die Kopfschmerzen der letzten Nacht schienen wieder zurück zu kommen, dazu gribbelte es in meiner Brust. Mein Körper arbeitete ohne dass ich es unter Kontrolle hatte. Dieses Gefühl... War gar kein Gefühl, es schien wie eine Art unsichtbare Kraft zu sein. Als ich genauer darauf achtete, schien es von meiner Hand aus zu kommen. Nein, von dem Seil um meinen Handgelenk. War das Maritas Magie?

Es kostete all meine Anstrengung, mir das Seil nicht abzureissen und sitzen zu bleiben. Erst jetzt wurde ich mir über die richtige Bedeutung von Maritas Worte über das Ritual bewusst. Eine lange und anstrengende Prozedur.

Irgendwann ging dieses Gefühl der magischen Kraft und die Hitze zurück. Nicht aprrubt, sondern ganz ganz langsam. Marita schien auch wieder allmählich aus ihrer Trance aufzuwachen, daher nahm ich an, dass das Ritual sich wohl langsam dem Ende zuneigte. Und darüber war ich sehr erleichtert. Ob meine Freundin Antworten erhalten hatte? Die Flammen der Kerzen wurden immer kleiner und kleiner, genauso verschwanden auch meine Kopfschmerzen. Nun wehte zum ersten Mal eine kühle Brise und erfrischte meine verschwitzte Haut.

Eigentlich wartete ich nur noch darauf dass Marita aufstand und mir das Seil abnahm, damit ich aus diesem Pentagramm konnte. Aber da erkannte ich dass mit ihr irgendwas nicht stimmte. Die Hexe war wie in einer Starre und dann... Ihre Augen begannen rot zu leuchten! Was war denn jetzt los?

"Luana! Kapp die Verbindung! Löse das Seil!! Ahhhh!!!" schrie Marita voller Panik und ich konnte gar nicht reagieren, als von den bereits erloschenen Kerzen hohe Flammen binnen einer Sekunde aufloderten. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht!

Mit aller Kraft versuchte ich das Seil von meinen Handgelenk runter zu reißen, aber es klappte einfach nicht. Es bewegte sich keinen Millimeter. "Es geht nicht!" schrie ich ebenso panisch. Was geschah denn jetzt gerade? Die Flammen waren bedrohlich groß und wirkten... böse. Maritas Augen leuchteten weiterhin, zudem lag sie inzwischen völlig verkrampft am Boden.

Während ich weiter versuchte das Seil los zu werden, bekam ich mit wie Lucius versuchte in den Kreis zu gelangen, aber es war als würde er gegen eine unsichtbare Wand laufen. "Luana!" hörte ich ihn meinen Namen rufen, Arik versuchte zu Marita zu gelangen, aber er schaffte es genauso wenig einzutreten.

Die riesigen Flammen begannen zu spucken. Aber dort, wo die Funken landeten, entstand kein neues Feuer. Es waren kleine Feuerbälle, die sich begannen dunkel zu färben. Und als ob das alles nicht schon gruselig genug gewesen wäre, verwandelten sie sich weiter in schlangenähnliche Kreaturen. Diese sprangen auf das Seil und krochen dieses entlang, immer näher auf mich zu.

"Lucius, hilf mir!" rief ich, inzwischen hatte mich die Angst völlig eingenommen. Ich bekam das Seil einfach nicht ab und wusste nicht wie ich aus dieser Situation raus kommen sollte.

Der Vampir versuchte immer wieder zu mir rein zu kommen, aber seine Mühe war vergebens. Marita bewegte sich nicht und auch der Zentaur Arik schaffte es nicht den Kreis zu durchbrechen. Die schwarzen Monster waren schon unglaublich nahe, und dann erreichten sie meinen Körper.

Ein unglaublich starker Schmerz erfüllte mich, als diese 'Wesen' über meinen Arm krochen. Zuerst eines, dann zwei dann drei.. Es wurden immer mehr und besetzten mich nach und nach und machten mich Bewegungsunfähig. Die Schmerzen wurden stärker und qualvoller. Ich schrie. Ich schrie unglaublich laut und Tränen der Qual liefen mir die Wangen hinab. Ich spürte es ganz eindeutig. Jetzt würde ich sterben...

Luana, Gefangene des ÜbernatürlichenWhere stories live. Discover now