Kapitel 24: Trennung

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"Was ist los?" fragte ich Lucius als ich aufstand und seine Hand wieder in meine nahm. Ich sorgte mich um meinen Vampir, der im Moment alles andere als glücklich wirkte. Natürlich war dass nachvollziehbar, nachdem was Lene vorhin gesagt hatte. Sie war Teil seiner Familie und als Außenstehende wusste ich nicht, was ihre Beweggründe waren. Doch ihre Entscheidung sollte auch für mich Konsequenzen haben.

"Zum ersten Mal, seit meiner Existenz als Vampir, trennt sich meine Familie." antwortete Lucius und ein großer Kloß bildete sich in meinen Hals. War diese Trennung meine Schuld? Ich brachte das Leben aller, dessen Wege ich in diesem Wald kreuzte, völlig aus der Bahn. Der Vampir unterstrich seine Worte mit einem leisen, animalischen Knurren, was vermutlich nicht beabsichtigt war. Er wandte seinen Blick ab und entzog mir seine Hand.

"Dafür kann aber Katharina nichts. Egal welche Gründe deine sogenannte Schwester wohl hat." mischte sich Silas ein. Vermutlich deutete er die Reaktion Lucius anders als es eigentlich gemeint war. Die Emotionen brodelten in uns allen ziemlich hoch, weswegen wohl jetzt Feingefühl mehr angebracht war, als unüberlegte Worte. Deshalb warf ich dem Werwolf einen bösen Blick zu und stellte mich zwischen die beiden Männer, denn Lucius war kurz davor auf ihn los zu gehen. Dass erkannte ich an seinem wütenden Blick und wie er seine Fäuste ballte. Ich meinte sogar dass sich sein Gesicht für den Bruchteil einer Sekunde veränderte. Doch Lucius schien ein Meister der Selbstkontrolle zu sein.

"Lucius, das wollte ich nicht. Es tut mir so leid. Soll ich... Mit deiner Familie sprechen? Oder mit Lene?" fragte ich unsicher, denn je mehr negative Ereignisse passierten, umso größer wurde das Gefühl der Schuld in mir. "Ich wollte dich nicht deiner Familie entreißen, oder so was."

Mein Vampir seufzte und legte seine Hand unter mein Kinn und hob es leicht an, somit musste ich ihm in seine schönen Augen schauen. "Du kannst nichts dafür, Liebste. Du brauchst dich für nichts Entschuldigen. Lestat wird Lene in die Stadt begleiten. Sie braucht etwas Abstand. Die Gründe erzähle ich dir ein anderes Mal. Lestat wird dies aber auch gleich nutzen, um etwas über die Wesen zu erfahren, die dich bedrohen. Er kennt außerhalb des Waldes ein paar Kreaturen mit Beziehungen. Isabella wird bei uns bleiben. Aber wir wollen uns vorerst richtig verabschieden. Wir wissen nicht, wie lange diese Trennung andauern wird, Luana."

Ich nickte. Auch wenn Lucius das Gegenteil behauptete, war ich nicht nur Schuld dass seine Vampirschwester fort ging, sondern auch dass seine Vampireltern sich trennten. Ich hatte eine riesige Kettenreaktion in Gang gebracht, die ich nicht mehr stoppen konnte.

Natürlich verstand ich es, dass diese Familie nun etwas Zeit für die Verabschiedung brauchte. Und es rührte mich, dass dieser Lestat uns helfen wollte, selbst nachdem ich ihm Unglück gebracht hatte. Dafür würde ich mich niemals revanchieren können.

"Nehmt euch alle Zeit der Welt." versuchte ich so positiv wie möglich zu sagen, und wollte dies durch ein Lächeln unterstreichen, doch da packte mich auch schon mein süßer Vampir und küsste mich auf eine so leidenschaftliche und ungezügelte Art, dass es mir die Sprache verschlug. Ich meinte, ich vergaß sogar zu Atmen, und musste daher erst mal nach Luft schnappen als er sich widerwillig löste und sich an Silas wandte.

"Wenn ihr etwas passiert, reiße ich dir dein Herz heraus und verfüttere deine Eingeweide an die dunklen Kreaturen. Wir treffen uns in zwei Nächten bei den Zentauren." Wenn ich diesen Vampir nicht lieben würde, hätte ich eben Angst bekommen. Ich wusste, er meinte jedes einzelne Wort ernst, doch der Werwolf ließ sich dennoch nicht beeindrucken.

"Dazu wird es nicht kommen. Bis bald, Blutsauger." Silas konnte es sich nicht nehmen lassen, Lucius ein schiefes, provokantes Grinsen zu schenken. Über das Benehmen der beiden Männer musste ich mit den Augen rollen. Doch obwohl sie sich gegenseitig so anstichelten, hatte ich plötzlich das Gefühl, als würde in diesem Moment eine tiefe Freundschaft beginnen.

Ein weiteres Mal küsste mich Lucius, dann ging er zurück zu seiner Familie und alle vier Vampire verschwanden in Sekundenschnelle.

Nun war ich mit dem Werwolf, der angeblich mein Seelengefährte war, allein. Ich atmete tief durch, denn ich wusste die nächsten Tage und Nächte ohne Lucius, würden mir wie eine Ewigkeit vorkommen.

"Weist du denn wo man die Zentauren findet?" fragte ich meinen Freund neugierig, denn ich hatte keine Ahnung in welchem Teil des Waldes sich diese Kreaturen aufhielten. Ich hatte zwar Arik, den König kennen gelernt, aber wo sie lebten hatte er mir nicht verraten. Aber Silas schüttelte mit seinen Kopf und verneinte.

"Nö. Ist aber auch nicht nötig. Wir müssen immerhin nur dem Pferdegestank folgen. Die Nase eines Wolfes ist besser als jede Wegbeschreibung." Ich verzog etwas mein Gesicht, da ich skeptisch war. Wir mussten uns also auf die Nase des Werwolfs verlassen. Musste er dazu seine Tiergestalt annehmen?

Unser Ziel waren nun also die Zentauren. Dort, wo sich auch gerade meine Hexenfreundin Marita aufhielt und hoffentlich schon auf dem Weg der Besserung war. Wie lange würde der Weg zu diesen Wesen dauern? Würden wir noch mal auf die anderen Werwölfe stoßen?

Luana, Gefangene des ÜbernatürlichenTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon