Borg Kräfte:

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Am nächsten Morgen wachte Annika ohne Zwischenfälle auf. Ihr blieb nicht die Zeit um noch länger über den Assimilationsprozess nachzudenken, denn sie musste zur Schule und das möglichst ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Also machte sie sich fertig: Sie nahm ihr Frühstück zu sich, bürstete ihre Haare und zog eins ihrer vielen Kleider an. Das Kleid war kurz und in einem Sonnengelb gehalten.

Doch irgendetwas war aufeinmal ganz anders gewesen. Annika hörte plötzlich mehrere Stimmen in ihrem Kopf. Sie konnte diese nicht klar hören, dennoch waren sie in ihrem Kopf. Was hatte nun das zu bedeuten? War sie etwa schon mit dem Kollektiv verbunden?


Der Alltag in der Schule verlief wie immer gleich. Nur für Annika fühlte es sich komplett anders an. Letzte Woche war die schlechte Mathe Note noch ihre einzige Sorge gewesen. Nun musste sie sich Gedanken über die Menschheit machen und deren Zukunft.

Den ganzen Unterricht lang konnte sich Annika nicht auf den Lehrer konzentrieren. Die ganze Zeit hörte sie die Gedanken von den anderen Borg Drohnen. Ganz besonders von der Borg Königin, die immer wieder zu ihr sprach. In den letzten beiden Unterrichtsstunden fand der Hauswirtschaftsunterricht statt.

Annika war an diesem Tag sehr unkonzentriert gewesen, weswegen sie von ihren Mitschülern in der Kochgruppe ganz schnell zum Abspülen degradiert wurde. Die Dreizehnjährige war auch vor ihrer Assimilation nicht gerade ein Fan gewesen was den Kochunterricht betraf.

Die Stimmen raubten ihr die Aufmerksamkeit, weswegen Annika sehr angespannt war. Während sie abspülte verkrampfte sich immer wieder ihre linke Hand. Komm schon! Dachte sie sich. Entspann dich! Alles wird gut! Kurz darauf passierte es schon: Plötzlich schossen aus ihrer linken Hand die Assimilationsröhrchen hinaus. Sofort tunkte sie ihre Hand ins Spülbecken um nicht unnötig Aufmerksamkeit zu erregen.


Der Doktor untersuchte Annika mit einem medizinischen Trikorder, dabei schilderte die Dreizehnjährige ihre Beschwerden: „Ich höre diese Stimmen im Kopf. Alle reden so durcheinander. Ich kann mich nicht vernünftig konzentrieren"

Der Doktor nickte bestätigend: „Du bist mit dem Kollektiv verbunden. Das nächste Stadium des Assimilationsprozesses ist eingetreten"

„Kann man die Stimmen nicht irgendwie abschalten?" Annika hielt ihren schweren Kopf und massierte ihre schmerzenden Schläfen: „Die sind echt unerträglich"

„Leider können wir momentan nicht viel tun" entschuldigte sich Kathryn. „Der Doktor arbeitet immernoch an einer Lösung für das Virus Problem"

„Wie tröstend" gab Annika von sich und verließ die Krankenstation.


Annika zog sich in das Kasino zurück, nach diesem anstrengenden Tag wollte sie sich einfach nur mit einer Schüssel Moba Früchte entspannen. Neelix, der freundliche Talaxianer unternahm mehrere Aufheiterungsversuche, doch ihre Laune wurde dadurch nicht wirklich besser.

Gedankenversunken blickte sie aus dem Fenster, für Annika wirkte es nach wie vor unwirklich. Während ihre Eltern nichtsahnend glauben, sie bekomme von ihrer besten Freundin Kathryn Nachhilfe in Mathematik, sitzt sie in einem modernen Raumschiff und blickt in die Sterne.

Klirr! Machte es plötzlich und Annika blickte hinunter zu ihrer Schüssel. Geschockt musste sie feststellen, dass diese komplett zerbrochen war und der Inhalt auf dem Tisch verteilt lag. Voller Schock ergriff sie die Flucht.


Annika beschloss erstmal genug von der Voyager zu haben und kehrte nach Hause in ihr Zimmer zurück um in Ruhe nachdenken zu können. Ich habe diese gruseligen Borg Kräfte! Zuerst höre ich diese Stimmen! Danach kamen diese Röhrchen und dann habe ich die Schüssel mit nur einer Hand komplett zerschellt. Was kommt als nächstes?

Es klopfte jemand an der Zimmertür, kurze Zeit später betrat Kathryn das Zimmer: „Hier bist du also. Ich habe mir schon Sorgen gemacht"

„Warum ich?" fragte Annika und blickte dabei melancholisch aus dem Fenster.

Ihre beste Freundin setzte sich neben sie auf das Bett: „So genau kann das keiner beantworten"

„Ich will einfach nur ein normaler Teenager sein" beschwerte sich die Blondhaarige und ging dabei in ihrem Zimmer hastig auf und ab. Sie fühlte sich wie ein eingesperrtes Tier. „Kein Alien und schon garkein Roboter"

„Das tut mir wirklich sehr leid, dass es zu diesen Umständen kam" sagte Kathryn mit einem mitfühlenden Blick. „Der Doktor arbeitet gerade in Hochtouren an einer Heilmethode"

„Es wird nicht funktionieren" sprach Annika die bittere Wahrheit aus. „Die Borg Königin hat die absolute Kontrolle über mich, kann meine Gedanken hören. Wenn ihr ein Implantat entfernen würdet, würde irgendwann das gleiche Implantat wieder auftauchen. Gestern bin einer weiteren Borg namens Rosemary begegnet. Sie wurde vom Kollektiv geschickt um mich beim Assimilationsprozess zu unterstützen. Sie versucht schon die ganze Zeit mich zu einem weiteren Treffen zu bewegen"

„Ich kann deine Frustration verstehen" sagte Janeway zu ihr. „Du hast ein normales Leben gelebt. Doch eines Tages kam jemand und veränderte dein komplettes Dasein. Momentan scheint es für dich aussichtslos zu sein. Ja, du kannst aktuell nichts dagegen unternehmen. Was du aber tun kannst ist das Beste daraus zu machen"

„Du hast Recht"

„Ich lasse dich erstmal allein" beschloss Kathryn. „Wir sehen uns morgen wieder. Und denk dran: Lebe dein Leben und genieße es solange es möglich ist"

„Das werde ich, vielen Dank"

„Janeway an Voyager. Eine Person zum raufbeamen" sprach ihre beste Freundin, bevor sie sich in ihre Einzelpartikel auflöste und sich zurück zur Voyager beamte.

Die Dreizehnjährige setzte sich kurz daraufhin an ihren Schreibtisch und erledigte ihre Hausaufgaben, bevor sie erneut zum See fuhr. Während der Zeit als sie mit dem Kollektiv verbunden ist, konnte sie ebenfalls die Person vom Vortag ausfindig machen. Ihr Name war Rosemary, sie war 12 Jahre alt und sie ging auf eine ganz andere Schule als Annika.


Trotz der Verbindung zum Kollektiv, beschloss Annika Rosemary persönlich zu treffen. Beide einigten sich auf dem See an denen sie sich letztes Mal begegnet sind. Als Annika ankam, saß Rosemary bereits am Seeufer und ließ ihre Füße ins Wasser baumeln. Annika sprach zu ihr: „Ich weiß, dass wir uns das alles nicht ausgesucht haben. Wir können aktuell nur eins tun: Das Beste aus der Situation machen"

„Denkst du ich habe es mir ausgesucht eine Borg Drohne zu werden?" fragte Rosemary und man merkte, sie hatte echt mit den Tränen zu kämpfen. „Ich wollte keine Assimilationsröhrchen, ich wollte keine Stimmen hören. Ich wollte ein ganz normales Leben leben, so wie du es davor auch getan hast"

„Meine Vorstellung für die Zukunft waren noch vor wenigen Wochen ganz anders gewesen" gab Annika zu.

Die Schwarzhaarige winkte ab: „Naja, eine Karriere als Luftakrobatin kann ich wohl vergessen"

„Ich kann mir auch eine Karriere als Eiskunstläuferin abschminken" erzählte die Blondhaarige. „Irgendwann werden die Implantate aus meinem Körper sprießen und das kann ich nicht mal durch lange Ärmel verdecken. Der Doc auf der Voyager hat mir zwei bis drei Jahre gegeben bis der Assimilationsprozess vollständig abgeschlossen ist. In der Zwischenzeit arbeitet er an einem Heilmittel"

Rosemary schüttelte den Kopf: „Das Einzige was das Virus stoppen kann ist das Kollektiv selbst. Alle Bemühungen werden scheitern. Glaub mir, ich wünsche mir nichts lieber als mein altes Leben zurück"

„Lasst uns einfach das Beste daraus machen" beschloss Annika. „Genießen wir unser Leben und lasst uns alles soweit es die Situation zulässt unseren alltäglichen Leben nachgehen...Freunde?"

„Freunde!"

GestrandetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt