Licht in der Dunkelheit:

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Der Tag hatte für ihn schon vor einigen Stunden begonnen. Zuerst saß er mit heißem Fischsaft in der einen Hand, einem Pad in der anderen, auf der Couch und las die Dienstberichte einiger ihm unterstellter Glinns. Doch seine Gedanken schweiften immer wieder zu den leeren Flaschen und benutzten Gläsern. Schließlich rief er an der Com-Konsole die Log-Dateien der letzten Stunden auf und fand sofort, wonach er gesucht hatte.

Garak also wieder. Warum gab sich Seven mit diesem Verräter ab? Und welche Absichten hatte der Schneider? War es etwa möglich, dass sie diesen für seine Heimtücke bekannten Cardassianer attraktiv fand? Und warum lenkten mich diese Fragen so sehr von meinen Pflichten ab?

Dukat brütete immer noch über diesen Fragen, als er aus dem Bad des Gästezimmers Geräusche vernahm. Unwillkürlich musste er daran denken, wie er Seven letzte Nacht vorgefunden hatte und schmunzelte. Es blieb abzuwarten, wie ihr heutiges Befinden war, aber er wettet mit mir selbst, dass sich die Frau nicht allzu gut fühlen würde.

Es dauerte noch eine ganze Weile bis Annika schließlich ihr Zimmer verließ und sehr, sehr langsam die wenigen Stufen in den Aufenthaltsraum herunterkam.

Sie hatte zwar geduscht und frische Kleidung an, die nassen Haare eigentümlich um ihren Kopf drapiert, aber sie gab ein jämmerliches Bild ab.

Seven ging zum Esstisch, ließ sich auf den erstbesten Stuhl sinken und vergrub ihr Gesicht in den Händen.

Dukat wollte einen stichelnden Kommentar über Menschen und Alkohol von sich geben, sparte sich das aber für später auf, wenn sie sich wieder besser fühlte.

Stattdessen erhob er sich von der Couch, ging an ihr vorbei in die Küche, orderte beim Replikator Rokassa-Saft und entnahm einer der Küchenschubladen eine kleine Ampulle mit einem metallischen Mechanismus an der Spitze.

Sie reagierte nicht, als er neben ihr an den Tisch trat.

„Trink das", empfahl er Seven und stellte den Saft vor ihr ab. „Danach wird es dir besser gehen." Sie sah ihm aus geröteten Augen in einem sehr bleichen Gesicht an.

„Ich glaube, wenn ich jetzt etwas trinke, bleibt das nicht lange drin." Ihre Stimme klang sehr dünn.

Dukat präsentierte ihr die kleine Ampulle in seiner Hand.

„Wenn Du erlaubst, injiziere ich Dir den Inhalt dieser Ampulle. Das sollte Dich wieder auf die Beine bringen. Es lindert die Übelkeit und Schmerzen." Seven betrachtete das schlanke Glasgefäß misstrauisch.

„Und was ist, wenn ich das Zeug nicht vertrage? Ich meine, ist das auch für Menschen gedacht?"

Dukat zuckte unbekümmert mit den Schultern.

„Bei der Sternenflotte wird ein ganz ähnliches Präparat verwendet. Ich denke nicht, dass es schädlich ist", er sah grinsend auf die Frau herab. „Und wie viel schlechter könnte es Dir noch gehen?"

Seven winkte mit einer Hand ab und senke den Blick.

„Ach, mach einfach. Du hast recht, wie viel schlimmer kann es noch werden? Wohin?"

Anstatt ihr zu antworten, drückte er die Metallspitze der Ampulle kräftig seitlich gegen ihren Nacken und umfasste ihre Schulter, damit sie sich angesichts des zu erwartenden kurzen aber scharfen Schmerzes nicht wegdrehen konnte. Mit einem leisen zischen entlud sich der medizinische Inhalt in das Muskelgewebe der Frau.

„Au!" Annika schrie wütend auf und versuchte erfolglos, seine Hand von ihrer Schulter zu stoßen.

„Du hättest mir auch sagen könne, dass das so schmerzhaft ist." giftete sie.

Dukat begann, ihre Schultern sanft zu massieren.

„Warte einen Moment, es fängt gleich an zu wirken. Schließ die Augen und entspann' Dich etwas. In ein paar Minuten geht es Dir besser." Sie gab ein unwilliges Grummeln von sich und versteifte sich unter seinen Fingern. Doch dann gab sie nach und entspannte sich. Dukat massierte ihren Nacken und die Schultern und rieb mit seinem Daumen mehrmals kräftig über die Einstichstelle. Aus Erfahrung wusste er, dass eine Massage half, den Wirkstoff schneller im Organismus aufzunehmen.

„Wow!", nach etwa zwei Minuten straffte sich Annika und richtete sich auf. „Ich glaube, es wirkt." Sie bewegte ihren Kopf hin und her und er nahm ihr gegenüber Platz.

„Ja, es geht mir tatsächlich besser, viel besser. Auch die Übelkeit ist weg." Sie sah ihm dankbar an und ihm gefiel dieser Blick.

„Trink jetzt noch den Rokassa-Saft. Vertrau mir, der tut Dir gut." Sie ergriff das Glas und schnupperte erst vorsichtig an dem Getränk, dann nahm sie einen kleinen Schluck.

„Kann man trinken", kommentierte Seven und leerte das Glas.

„Verrätst Du mir, wie es dazu gekommen ist?" er deutete auf die leeren Flaschen in der Sofaecke und legte seinen Kopf neugierig zur Seite.

Doch Annika war einfach viel zu müde und hatte nicht die Nerven dem Cardassianer die Situation zu erklären außerdem hatte Dukat auch schon den nächsten Termin, den er wahrnehmen musste. Sie wollte einfach nur sich ausruhen, sie zog sich in ihr Zimmer zurück. Doch dort angekommen, der große Schock.
Im Raum stand jemand. Es war nicht Rosemary, sondern Vera. Annika hatte lange Zeit nichts mehr von den Borg und von Vera gehört und es hatte sich beinahe so angefühlt, als ob sie nicht mehr zum Kollektiv gehören würde. Doch Veras Erscheinen erinnerte sie daran, dass die Borg nicht so einfach aufgeben würden.
„Was willst du hier, Vera? Reicht es nicht, dass du mich und Rosemary in eine Reifungskammer gesperrt hast? Was tust du uns als nächstes an?"
„Ich bin nicht hier um dich zu den Borg zurückzubringen" begann ihr Gegenüber zu erklären.
„Sondern?"
„Dir mehr Klarheit zu verschaffen"
Doch Annika winkte ab: „Pah, was weißt du schon über Klarheit? Du bist doch nur eine Marionette der Borg Königin!"
„Das bin ich eben nicht"
„Ach ja?"
„Ich gehöre eigentlich einer anderen Organisation an. Sowie du und Rosemary" setzte Vera fort. „Ich gehöre nicht hierher. Genauso wie du, wir Beide stammen aus einer anderen Realität"
„Was meinst du?" fragte Annika. „Aus einer anderen Realität?"
„Wir stammen aus einem Paralleluniversum"
Annika hob eine Braue, da gab es noch eine Sache, dass sie brennend interessierte: „Und Rosemary? Stammt sie auch angeblich aus einem anderen Universum?"
Vera schüttelte mit dem Kopf: „Nein, sie kommt aus diesem Universum"
„Woher sollst du das wissen?"
„Weil ich die Rosemary auf unserer Seite höchstpersönlich kenne" antwortete Vera und ihr Gesichtsausdruck veränderte sich.

„Also...Jetzt mal zum Verständnis" fasste die Blondhaarige zusammen: „Wir sind eigentlich auf der anderen Seite zu Hause und Rosemary ist hier zu Hause...Und es gibt in diesem Universum schon eine Annika Hansen, die im Alter von sechs Jahren mit ihren Eltern zu einer Forschungsreise aufbrach und seitdem spurlos im Delta-Quadranten verschwand...Ach ja, und mein ganzes Leben hier war eine einzige Lüge"
„Korrekt"
Annika hielt sich den Kopf: „Das ist doch verrückt!"
Vera näherte sich ihr vorsichtig: „Ich habe auch so reagiert als ich erfuhr, dass es Millionen von Paralleluniversen existieren"
„Millionen?"
„Und noch viel mehr. Aber wir sollten jetzt in unsere Realität zurückkehren" schlug ihr Gegenüber vor.
Doch Annika wurde immer skeptischer: „Und warum kann ich mich nicht an mein Leben erinnern, dass ich angeblich auf der anderen Seite gelebt habe?"
„Das kann ich leider nicht verraten"
Nun war es der Blondhaarigen zu viel: „Und du erwartest ernsthaft, dass ich sofort in dein Shuttle springe und mit dir irgendwo hinfliege? Hältst du mich für so naiv?"
Vera zuckte mit den Achseln: „Du hast die Wahl. Du kannst entweder jetzt mit mir kommen oder du kehrst spätestens in wenigen Tagen auf die eine oder andere Weise zurück"
„Ich gehe nirgendwo hin!"
Ihr Gegenüber richtete sich auf: „Deine Entscheidung" ein Transportersignal erfasste sie und Annika wurde allein zurückgelassen.


GestrandetWhere stories live. Discover now