Terok Nor:

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Vor dem Schlafengehen ging sie noch einmal unter die Dusche um ihren Stress, der in letzter Zeit auf sie lastete und ließ das Wasser auf sie einprasseln. Sie nahm sich etwas mehr Zeit als sonst.
Danach zog sie ihren Pyjama an und blickte aus dem Fenster ihres Quartiers. Seit sie die Reifungskammer verlassen hatte, leidet sie an einer stark ausgeprägten Kälteintoleranz. Sie konnte deswegen ihre Eiskunstlaufkarriere an den Nagel hängen und musste kurze Zeit später auch schon das Sportinternat verlassen und ihr Stipendium aufgeben.
Auf der einen Seite schmerzte es ihr sehr, dass ihr lang ersehnter Traum geplatzt ist. Auf der anderen Seite war ihr klargewesen, dass sie mit ihrem jetzigen Aussehen ihre Sportkarriere sowieso vergessen konnte.
Sie legte sich also ins Bett und schlief sofort ein...

Annika wurde mitten in der Nacht plötzlich wach. Sie hörte eigenartige Geräusche in ihrem Quartier. Es kam ihr so vor, als wären fremde Leute in ihrem Raum eingedrungen. Hat da Sektion 31 wieder die Finger im Spiel?
Genervt öffnete sie ihre Augen und bereitete für Sloan eine extra Standpauke vor, doch sie erblickte in ihrem Quartier niemanden. Sie beschloss genauer nachzusehen und wollte das Licht aktivieren, doch der Computer gehorchte ihren Befehlen nicht.
Erneut ertönten die Schritte. Da ist doch wer! Da war sich Annika sicher, doch als sie sich umdrehen wollte war es schon zu spät. Sie spürte ein Hypospray an ihrem Nacken und kurze Zeit später war sie bewusstlos. Das wievielte Mal werde ich eigentlich entführt? Fragte sich noch zuletzt.

Ihr ist kalt, eiskalt. Warum ist mir so kalt? Und warum brauchen meine Gedanken so lange, bis sie zu Gedanken geworden sind, die mir klar sind? Als wenn sich jede Idee von Neuron zu Neuron durch zähen Honig kämpfen muss. Ihr ist kalt, eiskalt, soviel ist ihr inzwischen bewusst. Aber da muss doch noch mehr sein, dass Annika wahrnehmen kann.
Sie streckte ihre Sinne durch den substanzlosen Honig aus und versuche an mehr Eindrücke zu kommen, die ihr verraten, wo sie ist und was hier los ist. Ich bin schon mal aus einer Narkose erwacht, das war für einen Augenblick ähnlich, aber dieser Moment dauert schon viel zu lange und warum eine Narkose? Woran erinnere ich mich als letztes?
Der Versuch, nach einer Erinnerung zu greifen, wird durch einem stechend aufpulsenden Schmerz im Ansatz abgewürgt, wie ein dicker, stumpfer Nagel, der sich von hinten nach vorn durch ihre graue Hirnmasse schiebt und an ihren Augapfel zersplittert. Nicht denken, erst mal nur fühlen.
Der Schmerz ebbt in Wellen ab und wird durch die Erkenntnis ersetzt, das Annika liegt. Sie beginnt ihren Körper wahrzunehmen. Ganz flach, auf dem Rücken liegend, ihre Arme liegen an ihren Seiten eng neben ihr. So kalt, ihre Fingerspitzen und Zehen müssen ganz weiß vor Kälte sein. Annika müsste zittern, ist sich aber nicht sicher, ob ihr Körper auf diese Weise reagiert um die Muskeln zu erwärmen.
Ihre Augen sind geöffnet und brennen ein wenig, sie kann eine Träne fühlen, die aus ihrem linken Augenwinkel heraus und über meine Schläfe zum Ohr kriecht. Es ist hell, sie nahm Helligkeit wahr, keine Konturen, nichts, von dem ein Leuchten ausgeht. Einfach nur diffuse, milchige Helligkeit.
Diese ganze Situation ist surreal und Annika versuchte den Vorgängen Zeit beizumessen. Langsam macht sich Panik in ihr breit. Was ist los mit mir? Wenn ich geschlafen habe, warum werde ich nicht richtig wach? Änderungen, neue Empfindungen und Sinneseindrücke kommen so langsam zu ihr. Ich bin hilflos, das gefällt mir nicht, das ist ganz großer Scheiß! Sie möchte Rufen, aber ihr Mund reagiert nicht auf ihren Wunsch.
Ein entferntes Pochen erreicht ihr Ohr, und noch eins. Dann ist es wieder still. Dabei ist es gar nicht still, merkte Annika jetzt. Ein gleichmäßiges Rauschen ist da, wie ein stetiger Luftstrom, und ihr wird klar, dieses Geräusch war schon die ganze Zeit da, leise, aber stetig.
Ein Schatten wabert durch die Helligkeit und da noch einer. Oder wird ihre Sicht einfach klarer? Wieder ein Schatten, und der bleibt in ihrem Sichtfeld, und dann wieder das Pochen, zwei Mal, drei Mal. Sie kann ein Zischen und Ruckeln fühlen. Und dann prasselt die Realität wie eine Explosion auf ihre Wahrnehmung ein.

Der cardassianischer Offizier Glinn Dulon Ravec trat aus dem Turbolift in die Ops, ging zielstrebig an den Arbeitsstationen vorbei und die Stufen hoch zum Büro des Kommandeurs. Vor der Tür blieb er stehen, betätigte den Schalter, der Gul Dukat von seinem Einlassbegehr in Kenntnis setzte und wartete. Es war untypisch, nicht einfach durch die Tür zu treten und den Kommandanten sofort anzusprechen, insbesondere wenn es um dienstliche Belange ging, doch Ravec war kürzlich in Dukats fruchtlose Bemühungen geplatzt, eine bajoranische Zwangsarbeiterin mit seinem Charm zu überzeugen, ein angenehmeres Leben an seiner Seite und insbesondere in seinem Bett zu führen. Ein solches Arrangement bedeutete für die Frau ein durchaus angenehmes Leben und viele Vergünstigungen, wenn sie es geschickt anstellte, auch für ihre Familie und es hieß, die Frauen wären mit seinen Fähigkeiten als Liebhaber nicht unzufrieden. Außerdem hielt das Interesse Dukats nie lange, und die Bajoranerin konnte davon ausgehen, nach ihrem "Dienst" mit etwas Geld nach Bajor zurück zu kehren.
Doch Lineas Navi war von den Avancen alles andere als begeistert und entschied sich für die Arbeit in der Erzaufbereitung.
Ravec, der die letzte Demütigung Dukats mithören, und sich ein Grinsen nur schwer verdrücken konnte, wartete ab sofort vor dem Büro, bis sein Kommandant ihn mit einer Geste hineinrief.
"Ravec, was gibt es? Ich hoffe, es ist wichtig, für Lappalien fehlt mir heute die Geduld." Gul Dukat sah Ravec herausfordernd an. "Gul Dukat, der angekündigte... Frachter, den Du erwartest, ist eben eingetroffen. Er liegt an Pylon drei und Kapitän Thea bittet um Dein Erscheinen an Bord." Der Frachter war bekanntermaßen ein harmlos wirkendes Handelsschiff, das sowohl in den Randbereichen der Föderation als auch in der neutralen Zone schwach bewaffnete Schiffe überfiel und auf diversen Planeten Siedlungen plünderte. Dukat stand mit einem Ruck auf. "Ja, Kapitän Thea hat mich vor zwei Tagen über ihre Ankunft informiert, angeblich hat sie einen ganz besonderen Schatz für mich an Bord, um den er ein großes Geheimnis macht. Komm mit, Ravec."
"Kapitän Thea, was hast Du für mich geladen, das so besonders ist, aber zu geheim für Subraum-Kommunikation?" Kommandant Dukat fiel direkt mit dem Schott in den Frachtraum des Piraten-Frachters. Freundlichkeiten und Smalltalk waren für einflussreiche Personen reserviert und Thea und seine Crew standen in Dukats Ansehen nur knapp über cardassianischen Wühlmäusen. "Gul Dukat, ich danke Dir für Dein Erscheinen, Du wirst es nicht bereuen, Deine wertvolle Zeit für mein Anliegen zu opfern." Diese Unterwürfigkeit war für die feiste Thea ungewöhnlich, die eher für ihre dreiste Art berüchtigt und kaum anfällig für Angst war. Doch um den Kommandeur der Raumstation milde zu stimmen und ihr möglichst viel Latinum abknöpfen, war Thea nicht zu stolz zum katzbuckeln. "Sieh her, was ich auf dem Schiff eines Sammlers entdeckte, ich musste sofort an Deine..., Deine Interessen denken und Du bist der erste, dem ich dieses Stück anbiete." Kapitän Thea zog eine Plane von einem großen, rechteckigen Kasten mit gewölbtem, durchsichtigem Deckel, der auf einem niedrigen Gestell mit Rollen befestigt war. Dukat trat näher und versuchte durch das Glas zu sehen, das von innen beschlagen oder mit einer hauchdünnen Eisschicht überzogen war. Nach einigen Momenten erkannte er, dass in diesem Behälter eine Person lag, wenn er die Konturen richtig deutet, eine weibliche Person mit einem Wust langer, blonder Haare und die Haut überzogen mit einem flockigen grau-blauen Film. Er merkte es nicht aber ein kleines Lächeln stahl sich in seinen rechten Mundwinkel.
"Wer ist sie?" fragte Dukat, und drehte sich zu Thea um. "Woher kommt sie? Lebt sie überhaupt, oder willst Du mir eine gefrorene Leiche anbieten?"
Thea hob beschwichtigend die Hände " Gul Dukat, Du solltest mich besser kennen. Habe ich Dich bei unseren früheren Geschäften jemals enttäuscht? Natürlich lebt sie. Am Kopfende siehst Du eine Anzeige und auch, wenn ich weder das Fabrikat noch die Sprache kenne, die Symbole sind eindeutig, sie lebt. Ich kann Dir allerdings weder sagen, woher sie kommt, noch wer sie ist, oder zu welchem Volk sie gehört. Man sieht so wenig durch das Eis. Es könnte eine menschliche Frau sein, oder eine Betazoide. Mir fehlen die technischen Mittel um diese Kryostase Kammer, denn dafür halte ich es, zu öffnen, aber ich bin mir sicher, Deine Techniker finden einen Weg." Thea lächelte breit und verbeugte sich leicht. Natürlich wusste er, dass er mit diesen Worten den cardassianischen Ehrgeiz geweckt hatte.
Der Kommandant wandte sich wieder der Gestalt zu. Seine Neugier war geweckt und Ablenkung von seinen Pflichten hatte er in den letzten Monaten wenig. " Wieviel?" fragte er scharf. Kapitän Thea druckste ein wenig "Fünf Barren Latinum!" brachte sie schließlich entschlossen vor. Dukat fuhr herum. "Willst Du mich betrügen? Wir wissen noch nicht mal, ob die Frau aus der Kryostase befreit werden kann oder ob sie, wenn es gelingt, von irgendeinem Interesse ist. Wie lange liegt sie schon dort, weißt Du wenigstens das? Zwei Barren sag ich, nicht mehr. Und bedenke bei Deiner Antwort, dass ich sie Dir auch einfach nehmen kann, zusammen mit Deinem Schiff." Gul Dukats Stimme wurde immer leiser und bedrohliche Untertöne schwangen mit. "E-Eine Analyse des Materials ergab, dass die Kryostase-Kapsel mindestens ein paar Jahre alt ist und von unbekannter Herkunft. Selbst der Staub in den Ritzen ist so alt, diese Frau muss also annähernd mehrere Jahre darin liegen. Vielleicht erkennst Du jetzt den Wert dieser Ladung. Dukat, Du musst doch sehen, dass fünf Barren in diesem Fall gerechtfertigt sind."
Gul Dukat kniff die Augen zusammen und biss sich entnervt auf die Lippen. Er wollte dieses Geheimnis ergründen, aber 5 Barren Latinum waren auch für ihn eine Menge Geld. Eine Frau wäre ihm das niemals wert gewesen, aber dieses Geheimnis schon, es konnte ein weiterer Stein auf dem Weg zum Titel eines Legaten sein.
Dukat betrachtete die Kryostase Kammer. "Ich gebe Dir drei Barren, und Du wirst sie annehmen Thea! Wenn, und nur dann, wenn wir diese Frau lebend und gesund herausholen können, bekommst Du bei Deinem nächsten Aufenthalt hier die restlichen zwei Barren Latinum." Er hielt Thea seine Hand hin. Thea zögerte und überlegte, schlug dann aber doch ein. "Ich werde bald wieder herkommen, um mir den Rest zu holen. Wohin soll ich die Kammer bringen lassen?"

Einige Stunden später betrat Dukat gefolgt von Ravec die Krankenstation. Die medizinischen Wissenschaftler sowie einige Techniker hatten sich des Problems der Kryostase Kammer angenommen und ihn nach erfrischend kurzer Zeit mit einer Erfolgsmeldung zu sich gerufen. Mir Triplan, der oberste Mediziner kam sofort zur Sache. "Gul Dukat, wir haben nach eingehenden Scans der Kammer festgestellt, dass die in ihr befindliche Frau lebt und nach meinem Dafürhalten in gutem Zustand ist. Wir konnten die Funktionsweise der Kammer nicht ergründen, ich hoffe mich später eingehender mit ihr beschäftigen zu dürfen. Ich habe aber herausgefunden, wie die Kryostase beendet und die Kammer geöffnet wird. Zumindest glauben wir das. Fakt ist aber auch, wir wissen so wenig, dass wir es auf einen Versuch ankommen lassen müssen."
Dukat mochte Triplans rationale Einstellung, hoffte aber gleichzeitig, dass der Mediziner sich nicht verschätzte. Immerhin hatte er bereits drei Barren Latinum investiert. "Also beginnen Sie, Triplan!" Sofort kam Leben in die bisher ruhig wartenden Anwesenden. Knöpfe wurden gedrückt und nach wenigen Momenten veränderten sich die Anzeigen auf dem medizinischen Monitor. Der sehr langsame Herzschlag nahm zu, die Anzeigen für Gehirnaktivität wandelten sich von ruhigen, gleichmäßigen Wellen zu einem wilden auf und ab mit immer größerer Amplitude. Einer der Techniker entriegelte mit pochenden Schlägen die Siegel der Kammer und durch die ersten entstehenden Ritzen trat ein kalter Nebel aus, der wie ein Wasserfall zu Boden stürzte. "Haltet eine Decke bereit, der Frau wird kalt sein. Wir werden sie zuerst vorsichtig aufwärmen müssen. Ist das Becken mit dem Thermogel fertig?" "Ist fertig!" kam eine Antwort aus einer weniger beleuchteten Ecke der Krankenstation von Paella Kanat, der Assistentin Mir Triplans. Zwei Techniker hoben den Deckel endgültig zur Seite und der Rest der kalten, nebelartigen Schwaden verzog sich auf den Boden des Raumes. Dukat trat zwei Schritte vor und sah die Frau, ihre weit aufgerissenen, aber glasigen Augen und die struppige, blonde Mähne um ihren Kopf. Sie war nackt, aber von komischen, im Licht bläulich schimmernden Flocken bedeckt. Triplan schob sich mit einer Decke in sein Sichtfeld. "Können Sie sich erheben? Ihnen ist kalt, nehmen Sie die Decke." Ein gurgelnder, kurzer Schrei entfloh dem Mund der Frau. Sie versuchte nach der Decke zu greifen, war aber ganz offensichtlich zu schwach, ihren Arm zu heben. Zudem zitterte sie am ganzen Körper. "Sie versteht uns wohl nicht und hat auch noch nicht wieder volle Kontrolle über ihre Motorik, eventuell haben wir den Vorgang des Aufweckens zu stark beschleunigt." bemerkte Triplan und winkte einen weiteren Mediziner auf die andere Seite der Kammer "Wir müssen sie rausheben und ins Thermogel stecken. Um die Verständigung kümmern wir uns danach." Beide griffen zu und hoben die schlotternde und sich winde Frau aus ihrem eisigen Bett, trugen sie zum vorbereiteten Gel-Bad und tauchten sie, mit sanfter Gewalt ihre Versuche der Gegenwehr vereitelnd, bis zum Kinn in das Gel. Die Frau wand sich noch einen Moment, wurde aber ruhiger als die Mediziner mit beschwichtigenden Gesten zurücktraten und ihr die wärmenden Eigenschaften des Gels bewusst wurde.
"Was für ein Zeug klebt da auf ihrer Haut, Triplan?" Dukat trat an das Becken, gefolgt von ihren misstrauischen Blicken. "Das scheint einmal Kleidung gewesen zu sein, eine Naturfaser. Mit einer künstlichen Faserstruktur wäre das nicht passiert." "Und wann können Sie ihr den Translator reparieren?" hakte Dukat nach. Triplan überlegte einen Augenblick "Ich möchte warten, bis sich ihre Temperatur und alle Körperfunktionen auf normalen Werten eingependelt haben. Ich mache gleich einen Gentest um zu klären, zu welchem Volk sie gehört." "Machen Sie das so und geben Sie mir Bescheid, wenn Sie den Translator aktivieren, ich möchte dabei sein."
Der Kommandeur wand sich der Frau zu und beobachtet sie. Sie blickte aus inzwischen klaren Augen zurück, eine Mischung aus Unbehagen und Trotz, die Dukat gefiel und man konnte sehen, wie es hinter den Augen arbeitet. Aus einem Impuls heraus lächelte er sie an und zwinkerte. Ihre prompte Reaktion darauf, sie streckte ihm die Zunge raus, löste ein herzhaftes Lachen bei Dukat aus, ein Ereignis, dass die anderen Anwesenden noch nie erlebt hatten. Noch immer lachend verließ er die Krankenstation. Die fünf Barren Latinum waren es definitiv wert gewesen.

Triplan führte dann anschließend den Gentest durch: „Das ist absolut unmöglich" rief er entsetzt und betrachtete schockiert das Ergebnis.

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